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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Halal-Würstchen mit Kartoffelsalat
Zwischenüberschrift:
Sprachschule und BUND veranstalten Grillfest für Asylsuchende
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Nach islamischem Recht erlaubtes Halal″-Fleisch und deutsche Grillkultur vertragen sich sehr gut. Das bewies der Grillnachmittag, den die von Ehrenamtlern eingerichtete Sprachschule an der Landwehrstraße kürzlich für die von ihnen betreuten Asylbewerber organisiert hatte.

Osnabrück. 23 junge Männer und Frauen aus Syrien, Eritrea, Sudan, Somalia und Pakistan folgten der Einladung in den Naturgarten des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Gertrudenberg. Dieser Ort stand zur Verfügung, weil Josef Hugenberg nicht nur Vorsitzender der Kreisgruppe Osnabrück des BUND ist, sondern auch die Sprachschule Landwehrstraße unterstützt. Mehr noch allerdings seine Frau, die pensionierte Lehrerin Lilly Hugenberg. Sie ist eine der Sprachlehrerinnen der ersten Stunde, als sich im Flüchtlingshaus an der Sedanstraße der Wunsch nach Sprachunterricht für die Angekommenen ergab.

2016 eröffnete man einen Ableger der Schule an der Landwehrstraße im Stadtteil Atter, weil eine Vielzahl von Flüchtlingen auf dem dortigen ehemaligen Kasernengelände untergekommen war und keinen Zugang zu niedrigschwelligen Deutschkursen hatte. Mit unserer Sprachschule konnten wir dort aber nicht auf Dauer bleiben, weil das Gelände nun als Neubaugebiet erschlossen wird″, erklärt Lilly Hugenberg. Auf der Suche nach einem möglichst kostenlosen Ersatz-Schulraum bot der Verein Ballsport Eversburg sein Vereinsheim am Barenteich an. Da haben wir sofort zugegriffen, weil es günstig zu den Unterkünften unserer Schüler liegt″, so Hugenberg.

Ausflüge in die Stadt sind nach Einschätzung von Suleman Digel sehr schön″, weil sie das tägliche Einerlei unterbrechen und mehr Kontakte mit den Deutschen ermöglichen. Dabei ist oftmals schon das Auffinden des Zielortes eine kleine Herausforderung. Wie in diesem Fall, denn der BUND-Garten liegt etwas versteckt oberhalb der Ziegelstraße an dem kleinen Weg namens Terrasse. Als alter Hase″, der schon etwas länger hier lebt und sich auskennt, hat sich Ezzeldin Hamuoda unten am Hasetor postiert, um seine nach und nach eintrudelnden Mitschüler einzuweisen.

Der BUND bekam den 2800 Quadratmeter großen Garten 1988 von zwei alleinstehenden Damen geschenkt, die damit über ihren Tod hinaus sicherstellen wollten, dass er nicht bebaut wird. Denn das hatte der BUND im Gegensatz zu anderen Interessenten garantiert. Seither dient das teils naturbelassene, teils gartenmäßig kultivierte Grundstück der vielfältigen Natur- und Umweltschutzarbeit. Mit dem Gymnasium Carolinum besteht eine enge Kooperation beispielsweise in der Bienenzucht und beim Bau eines altbackenen Brotbackofens. Wir haben ja schon viele Gruppen hier bei uns zu Gast gehabt, aber Asylsuchende bislang noch nicht″, freut sich der BUND-Gartenbetreuer Christoph Repenthin.

Die Schwarzafrikaner studieren eifrig die ihnen teils fremden Bäume, Blätter, Blüten und Beerenfrüchte. Ein Grüppchen umringt heftig diskutierend eine Zwiebelpflanze, die ihnen aus der Heimat bekannt ist. Die Kirsche scheint hingegen unbekannt. Smartphones werden gezückt und Fotos gemacht. BUND-Mitarbeiterinnen Maria Heuking und Sonja Tanger buchstabieren das unbekannte Wort, das Übersetzungsprogramm auf dem Handy liefert die arabische Entsprechung.

Die ehrenamtlichen Lehrkräfte, zu denen auch Lehramtsstudenten der Uni Osnabrück gehören, haben sich ordentlich ins Zeug gelegt und verschiedenste Salate mitgebracht. Auf den Grill kommen nur Halal″-Würstchen etwa von Huhn oder Pute. Sprachschulkoordinator Rainer Hafke fischt eine Verpackung aus dem Müll, verweist auf die aufgedruckte Eigenschaft Halal″ und lässt sie zum Beweis herumreichen, damit auch wirklich keiner falsche Hemmungen an den Tag legt. Dass im Sprachkurs nicht nur die Sprache, sondern auch Sitten und Gebräuche vermittelt werden, merkt man an Höflichkeitsfloskeln, die den Geflüchteten perfekt über die Zunge gehen. Wie geht es Ihnen? wird häufig gefragt, oder Brauchen Sie Hilfe? Ja, die wird dankbar angenommen, Omar etwa erweist sich als versierter Grillmaster.

Als der Kapselheber nicht so schnell gefunden wird, fackeln die Eritreer nicht lange und setzen ihre Zähne ein. Selbst die eritreischen Mädchen können auf diese Weise die Kronkorken bezwingen, was wiederum die deutschen Gastgeber sehr erstaunt. Die anfangs noch etwas steife Stimmung lockert zusehends auf. Die Afrikaner erzählen ihren deutschen Lehrern von der Heimat, von der gefährlichen Flucht, von ihren Wünschen und Träumen. Ezzeldin Hamuoda etwa war in seiner Heimat Sudan Stahl- und Betonbauer. Jetzt lebt der 28-Jährige seit zehn Monaten in Osnabrück, macht derzeit ein Praktikum bei Hellmann und hofft auf eine Anstellung als Lagerist. Omar Khirif hat im Sudan Tiermedizin studiert. Dass er auf dem Gebiet hier ohne perfekte Sprachkenntnisse nicht weitermachen kann, ist ihm klar. Sein Nahziel ist, als Altenpfleger zu arbeiten. Es gibt so viele alte Menschen hier ohne Familie, da werde ich gebraucht″, hat er erkannt.

Aus den Schilderungen der Geflüchteten spricht große Dankbarkeit gegenüber der Osnabrücker Gesellschaft, die ihnen stets freundlich gegenübertrete. Auch mit ihren Unterkünften sind sie zufrieden. Als Dankeschön an die vielen ehrenamtlichen Helfer singen sie einige Volkslieder aus der Heimat, zu denen rhythmisch und laut geklatscht wird. Klatschen ist international, da können die Deutschen gut mitmachen. Gegen Schluss kündigt Lilly Hugenberg an, dass die Sprachschule nun wegen Ferien zwei Wochen pausieren müsse. Da schlägt ihr ein vielstimmiges Och, schade! entgegen. Das habe ich so bei deutschen Schulkindern noch nie erlebt″, meint die erfahrene Pädagogin.

Bildtext:
Asylbewerber und ihre deutschen Sprachlehrer trafen sich zu einem Grillfest im BUND-Naturgarten am Gertrudenberg.

Foto:
Joachim Dierks
Autor:
Joachim Dierks


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