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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Rechtsanwälte wollen Klagen stoppen
 
Hickhack um Reste der Sonntagszeitung
Zwischenüberschrift:
Auf der Gläubigerversammlung prallen Interessengegensätze aufeinander
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Nächste Runde im Streit um die rechtliche Aufarbeitung der untergegangenen Osnabrücker Sonntagszeitung″: In einer Gläubigerversammlung prallten die Interessengegensätze aufeinander.

Zwei Rechtsanwälte, die viele Inhaber von Medienbriefen vertreten, wollen den Insolvenzverwalter absetzen lassen. Wenn ihnen das nicht gelingt, so wollen sie zumindest erwirken, dass er die Klagen gegen Medienbrief-Inhaber stoppt.

Über die Absetzung entscheidet das Amtsgericht. Es kann den Insolvenzverwalter abberufen, wenn ihm schwerwiegende Pflichtverletzungen nachzuweisen sind.

Die Insolvenz der Osnabrücker Sonntagszeitung″ ist wirtschaftlich und juristisch noch lange nicht aufgearbeitet. In einer Gläubigerversammlung prallten die Interessengegensätze aufeinander. Was passiert da eigentlich?

Osnabrück. Die Rechtsanwälte Dimitri Rimscha und Jörg Haferkorn, die zahlreiche Inhaber von Medienbriefen der untergegangenen Osnabrücker Sonntagszeitung″ vertreten, hatten eine Gläubigerversammlung beantragt. Ihr Ziel ist es, weitere finanzielle Forderungen des Insolvenzverwalters gegen Medienbrief-Inhaber abzuwehren. Das wollen sie mit einer Doppelstrategie erreichen: Der Insolvenzverwalter soll abgesetzt werden. Wenn ihnen das nicht gelingt, so wollen sie zumindest erwirken, dass er die Klagen gegen Medienbrief-Inhaber stoppt.

Der Verleger der Sonntagszeitung hatte Medienbriefe im Wert von 5000 Euro ausgegeben und dafür hohe Renditen versprochen. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Osnabrück sah darin ein betrügerisches Schneeballsystem und verurteilte den Verleger Norbert Fuhs zu sechs Jahren Haft.

Wer einen Medienbrief zeichnete, wurde damit zum stillen Gesellschafter der Enorm Verlagsgesellschaft, die die Sonntagszeitung herausgab. Mit der Pleite verloren die Geldgeber ihr Kapital. Mehr noch: Die angeblichen Zinsen, die der Verleger zuvor an die Zeichner ausgeschüttet hatte, sollen in die Insolvenzmasse eingehen. Wer nicht zahlt, wird von Insolvenzverwalter Klaus Niemeyer verklagt. Bisher wurden 77 Fälle entschieden, davon gingen 69 zugunsten des Insolvenzverwalters aus, acht zugunsten der Medienbrief-Inhaber.

Anderseits sind die Medienbrief-Inhaber zugleich Gläubiger. Und je mehr Geld in der Insolvenzmasse bleibt, umso mehr bekommen sie am Ende zurück. Insolvenzverwalter Klaus Niemeyer ist gesetzlich verpflichtet, alles verfügbare Vermögen in die Insolvenzmasse zu holen, um die Ansprüche der Gläubiger zu bedienen. Zu den Gläubigern gehören auch das Finanzamt, Sozialkassen sowie frühere Geschäftspartner und Lieferanten des Zeitungsverlages.

Die Anwälte Rimscha und Haferkorn haben in der Gläubigerversammlung den Antrag gestellt, Insolvenzverwalter Niemeyer abzuberufen und durch einen anderen zu ersetzen. Darüber entscheidet das Amtsgericht. Es kann den Insolvenzverwalter absetzen, wenn ihm schwerwiegende Pflichtverletzungen nachzuweisen sind. Doch die sind Niemeyer nicht vorzuwerfen, wie alle Seiten bestätigen.

Es spricht außerdem gegen eine Abberufung, dass sich ein anderer Insolvenzverwalter neu in die komplizierte Materie einarbeiten müsse, was viel Zeit und Geld kosten und die Insolvenzmasse weiter schmälern würde. Deshalb hat auch die große Mehrheit der Gläubiger in der Versammlung gegen eine Abberufung gestimmt. Aber: Rimscha und Haferkorn vertreten eine große Anzahl Medienbrief-Inhaber/ Gläubiger und haben daher in der Gläubigerversammlung das größte Stimmengewicht. Sie setzten sich mit ihrem Antrag durch.

Rimscha und Haferkorn schlagen vor, die Klagen gegen ihre Mandanten ruhen zu lassen, bis ein höchstrichterliches Urteil vorliegt. Sie wollen, dass der Insolvenzverwalter mit den Medienbrief-Inhabern eine entsprechende Vereinbarung schließt. Die Medienbrief-Inhaber sollen sich darin verpflichten, sich einem Urteil des Bundesgerichtshofes zu unterwerfen. Klaus Niemeyer sieht das skeptisch, weil unklar ist, ob sich der BGH überhaupt damit befassen wird. Außerdem ist unklar, wie sich Medienbrief-Inhaber verhalten, die nicht von Rimscha/ Haferkorn vertreten werden.

Die Gläubigerversammlung hat einen vierköpfigen Gläubigerausschuss gewählt, der den Insolvenzverwalter unterstützt und kontrolliert. Ihm gehören neben Rimscha drei weitere Gläubigervertreter an. Abgestimmt wird in diesem Gremium nach Köpfen, nicht nach Zahl der repräsentierten Gläubiger. Deshalb ist zu erwarten, dass der Insolvenzverwalter das Verfahren wie bisher fortführt. Bis die Insolvenzmasse zusammengetragen, alle Finanzverflechtungen des früheren Verlages und der Medienbrief-Zeichner entwirrt und alle Urteile gefällt sind kann es noch Jahre dauern.

Eine Themenseite zum Fall Osnabrücker Sonntagszeitung″ finden Sie auf www.noz.de/ themen/ osnabruecker-sonntagszeitung

Bildtext:
Die Rechtsanwälte, die viele Inhaber von Medienbriefen der untergegangen " Osnabrücker Sonntagszeitung" vertreten, forcieren die Absetzung des Insolvenzverwalters.
Foto:
Michael Gründel
Autor:
Wilfried Hinrichs


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