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1.
Erscheinungsdatum:
17.07.2017
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Integriert – und dann droht die Abschiebung
Zwischenüberschrift:
Die Folgen des Dublin-Verfahrens – Syrer soll zurück nach Kroatien
Artikel:
Originaltext:
Er
spricht
fast
perfekt
Deutsch,
hat
einen
Ausbildungsvertrag
in
der
Tasche
und
in
Osnabrück
Fuß
gefasst.
Trotzdem
soll
ein
junger
Syrer
bis
Oktober
das
Land
verlassen.
Die
Bundesrepublik
will
ihn
gemäß
Dublin-
III-
Verordnung
zurück
nach
Kroatien
schicken,
wo
er
vor
anderthalb
Jahren
erstmals
EU-
Boden
betreten
hat.
Osnabrück.
„
Nach
über
einem
Jahr
bekomme
ich
die
Abschiebung
–
wie
kann
das
sein?
″,
fragt
der
Syrer.
In
der
Zeitung
möchte
der
22-
Jährige
auf
Anraten
seiner
Anwältin
anonym
bleiben,
nennen
wir
ihn
Halim.
Anfang
2016
kam
er
nach
Deutschland;
zusammen
mit
seinem
Bruder
lebt
er
in
einer
kleinen
Wohnung
in
Osnabrück.
Ständig
fährt
er
sich
mit
der
Hand
über
die
Augen.
Seit
er
die
Abschiebe-
Anordnung
nach
Kroatien
erhalten
hat,
schläft
er
kaum
noch,
sagt
er.
„
Niemand
will
mich
haben.″
In
Kroatien,
dem
Land,
in
das
er
abgeschoben
werden
soll,
habe
er
auf
der
Flucht
gerade
einmal
sechs
Stunden
verbracht,
zählt
Halim.
„
Die
haben
uns
gesagt:
Wir
wollen
euch
hier
nicht.″
Es
war
der
Winter
nach
der
großen
Flüchtlingswelle
über
die
Balkanroute,
die
ab
dem
Spätsommer
2015
auf
ihren
Höhepunkt
zusteuerte.
Am
4.
September
2015
hatte
die
Bundesregierung
die
Grenzen
geöffnet.
Halim
und
sein
Bruder
reisten
über
Slowenien
und
Österreich
weiter
nach
Deutschland.
Hier
warteten
sie
wie
Tausende
andere
monatelang
darauf,
dass
ihre
Fälle
vom
Bundesamt
für
Migration
und
Flüchtlinge
(Bamf)
bearbeitet
wurden.
Die
Abschiebungsanordnung
nach
Kroatien
erhielt
Halim
vor
vier
Monaten
–
zeitgleich
mit
einem
Platz
in
einem
Integrationskurs.
Per
Eilantrag
legte
er
Widerspruch
gegen
die
Abschiebung
ein.
Bis
Mitte
Oktober
muss
er
bangen,
dann
läuft
die
Abschiebefrist
ab.
Dabei
hat
er
einen
unterschriebenen
Vertrag
für
eine
Ausbildung
zum
Großhandelskaufmann
in
der
Tasche.
Eigentlich
dachte
er,
dass
er
eine
Ausbildungsduldung
bekommen
würde,
das
habe
ihm
eine
Mitarbeiterin
bei
der
Ausländerbehörde
gesagt.
„
Die
nächste
Mitarbeiterin
hat
dann
gesagt:
Ist
nicht.″
„
Da
fehlen
einem
die
Worte″,
sagt
Marion
Hilkmann.
Die
Deutschlehrerin
erfährt
Tag
für
Tag
in
ihren
Kursen
an
der
Volkshochschule
Osnabrück
von
solchen
Geschichten.
Die
kostenlosen
Kurse
des
Landes
Niedersachsen
richten
sich
an
alle
Flüchtlinge
unabhängig
von
ihrem
aktuellen
Aufenthaltsstatus.
„
Es
gibt
Teilnehmer,
die
wissen,
dass
sie
am
nächsten
Tag
abgeholt
werden
und
trotzdem
noch
an
der
Prüfung
teilnehmen″,
sagt
Hilkmann.
Mehr
als
die
Hälfte
ihrer
Schüler
warte
auf
die
Abschiebung.
„
Solche
Fälle
sind
für
uns
regelmäßig
ein
Ärgernis″,
sagt
Kai
Weber
vom
Niedersächsischen
Flüchtlingsrat,
als
unsere
Redaktion
ihm
von
Halim
erzählt.
Grundsätzlich
sei
es
zwar
sinnvoll,
wenn
es
in
Europa
ein
solidarisches
Verteilsystem
wie
Dublin
gebe,
sagt
Weber.
„
Aber
bei
Leuten,
die
hier
schon
angekommen
und
integriert
sind,
macht
das
faktisch
keinen
Sinn.″
Der
Bund
ist
keineswegs
gezwungen,
den
jungen
Syrer
nach
Kroatien
zurückzuschicken.
Deutschland
kann
von
dem
sogenannten
Selbsteintrittsrecht
Gebrauch
machen,
muss
aber
nicht.
Weber
rät
in
solchen
Fällen,
an
die
städtische
Ausländerbehörde
und
das
Land
zu
appellieren.
„
Das
Land
ist
zwar
formal
nicht
zuständig,
es
kann
sich
aber
durchaus
dafür
einsetzen,
dass
qualifizierte
Leute
hierbleiben
dürfen″,
so
Weber.
Und:
„
Auch
die
Stadt
Osnabrück
kann
sich
beim
Bamf
dafür
einsetzen,
dass
der
junge
Mann
hierbleiben
darf.″
Abschiebung
abgewendet
Einem
anderen
Syrer,
auch
er
spricht
fließend
Deutsch,
erging
es
ähnlich
wie
Halim.
Im
März
2016
kam
er
nach
Deutschland,
ein
Jahr
später
sollte
er
nach
Kroatien
abgeschoben
werden.
Kurz
vor
Ablauf
der
Abschiebefrist
kamen
morgens
um
6
Uhr
die
Mitarbeiter
der
Landesaufnahmebehörde,
um
ihn
zum
Flughafen
zu
bringen
–
dabei
hatte
er
ein
ärztliches
Attest.
Sein
Anwalt
hatte
es
versäumt,
es
ans
Bamf
weiterzuleiten,
erzählt
er.
Er
hatte
Glück
und
durfte
bleiben.
Den
Anwälten
könne
man
kaum
Vorwürfe
machen,
die
seien
völlig
überlastet,
sagt
Marion
Hilkmann.
Aber
dass
etliche
Afghanen
Abschiebungsandrohungen
bekommen,
versteht
sie
nicht.
Denn
de
facto
werden
afghanische
Flüchtlinge
aus
Niedersachsen
zurzeit
nicht
nach
Afghanistan
abgeschoben.
Einem
von
Hilkmanns
afghanischen
Schülern
wurde
trotzdem
genau
das
angekündigt.
Nach
viel
Hin
und
Her
darf
er
nach
den
Sommerferien
trotzdem
eine
Ausbildung
zum
Fachinformatiker
in
Osnabrück
starten
und
hat
eine
Ausbildungsduldung
bekommen.
Doch
er
berichtet,
nur
zwei
von
150
Afghanen
in
Osnabrück
hätten
ein
Bleiberecht
–
er
sei
einer
davon.
Wie
viele
Flüchtlinge
in
Osnabrück
zurzeit
tatsächlich
mit
Abschiebungsanordnungen
und
damit
in
Ungewissheit
leben,
bleibt
unklar.
Auf
Anfrage
unserer
Redaktion
sagte
Gerhard
Meyering
vom
städtischen
Presseamt,
dass
die
Stadt
keine
Statistik
darüber
führe.
Um
die
Zahl
zu
ermitteln
und
unsere
Frage
zu
beantworten,
müssten
die
Mitarbeiter
in
jede
einzelne
Akte
schauen,
das
sei
unverhältnismäßig.
Das
Bamf
wiederum
verweist
auf
die
Stadt
Osnabrück
und
gibt
nur
bundesweite
Zahlen
heraus.
Tatsächlich
werden
bislang
aus
Osnabrück
nur
wenige
Geflüchtete
abgeschoben.
19
Menschen
mussten
von
Januar
bis
Mitte
Mai
2017
Osnabrück
unter
Zwang
verlassen.
Diese
Zahlen
hatte
die
Stadt
im
Mai
auf
Anfrage
der
Linken-
Ratsfraktion
veröffentlicht.
Vor
allem
die
Zahl
der
sogenannten
Rücküberstellungen
gemäß
Dublin-
III-
Verordnung,
wie
sie
Halim
droht,
hatte
zugenommen,
wenn
auch
bislang
auf
geringem
Niveau.
15
Geflüchtete
wurden
bis
Mitte
Mai
in
das
EU-
Land
zurückgeschickt,
das
sie
auf
ihrer
Flucht
nach
Europa
zuerst
betreten
hatten.
Ob
Halim
dasselbe
Schicksal
droht,
bleibt
ungewiss.
„
In
Kroatien
hat
man
uns
wie
eine
Ware
behandelt″,
sagt
er.
In
Osnabrück
hingegen
hat
er
sich
etwas
aufgebaut,
hat
Freunde
und
sogar
eine
berufliche
Perspektive.
Er
will
bleiben
und
der
Gesellschaft
etwas
zurückgeben,
die
ihn
so
offen
empfangen
hat.
„
Ich
habe
alles
getan,
was
ich
konnte″,
sagt
er.
Bildtexte:
Sie
leben
seit
über
einem
Jahr
in
Osnabrück
und
sprechen
fließend
Deutsch.
Zwei
Syrer
und
ein
Afghane
mussten
dennoch
fürchten,
abgeschoben
zu
werden.
So
wie
ihnen
geht
es
etlichen
anderen.
Deutschlehrerin
Marion
Hilkmann
erlebt
solche
Geschichten
Tag
für
Tag
in
ihren
Sprachkursen
an
der
VHS
Osnabrück.
Fotos:
Michael
Gründel
Die
Dublin-
III-
Verordnung
Das
Dublin-
Abkommen
regelt
theoretisch,
welcher
EU-
Staat
für
die
Bearbeitung
eines
Asylverfahrens
zuständig
ist:
Jener,
in
dem
ein
Geflüchteter
erstmals
EU-
Boden
betritt.
Es
gilt
außerdem
in
den
Nicht-
EU-
Staaten
Norwegen,
Island,
Schweiz
und
Liechtenstein.
Das
System
steht
in
der
Kritik,
da
es
faktisch
nur
die
Staaten
an
den
EU-
Außengrenzen
belastet
–
und
die
dafür
massiv.
Das
sogenannte
Relocation-
Programm
zur
Umverteilung
von
Flüchtlingen
aus
Italien
und
Griechenland
auf
andere
EU-
Staaten
sollte
Abhilfe
schaffen,
scheitert
aber
am
Willen
etlicher
EU-
Staaten,
Flüchtlinge
aufzunehmen.
Und
auch
in
Deutschland
läuft
die
Umverteilung
sehr
schleppend.
Dublin
in
der
deutschen
Praxis
Wenn
der
Bund
einen
Geflüchteten
ins
Erstankunftsland
(Griechenland
ist
außen
vor)
zurückschicken
will,
stellt
das
Bamf
ein
Übernahmeersuchen.
Nur
wenn
der
andere
Mitgliedstaat
bereit
ist,
das
Asylverfahren
selbst
zu
bearbeiten,
wird
der
Betroffene
dorthin
abgeschoben.
In
der
Zeit
von
Januar
bis
Ende
Mai
2017
stellte
Deutschland
24
361
Übernahmeersuchen
und
erhielt
18
035
Zustimmungen.
Bis
Ende
Juni
summierten
sich
die
Übernahmeersuchen
auf
29
507.
Faktisch
in
einen
anderen
Mitgliedstaat
abgeschoben
wurden
3085
Geflüchtete
–
das
sind
schon
jetzt
fast
so
viele
wie
im
gesamten
Jahr
2016.
3968
Geflüchtete
wurden
im
vergangenen
Jahr
in
einen
Mitgliedstaat
zurückgeschickt.
55
690
Übernahmeersuchen
stellte
Deutschland
2016,
in
29
274
Fällen
stimmten
die
Staaten
der
Rücküberstellung
zu.
Autor:
Sandra Dorn