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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Fips Ledersessel sehen immer noch gut aus
Zwischenüberschrift:
Vor 25 Jahren als vermeintliche Geldverschwendung in der Kritik
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Vor 25 Jahren ließ sich die Stadt neue Ledersessel für den Ratssitzungssaal 150 000 DM kosten. Oberbürgermeister Fip musste sich damals kritischen Fragen stellen. Heute erfüllen die Sessel ihren Zweck immer noch vortrefflich. Die nächsten Ratsgenerationen werden wohl auch noch darauf sitzen.

Osnabrück. Das Gestell aus Chrom, die Polster aus kastanienbraunem Leder: Gute 2000 DM rund 1000 Euro kostete damals der Soft Pad Chair EA 207″ aus der Kollektion Charles Eames des Schweizer Herstellers Vitra. Es gab Konkurrenzmodelle, die schon für 600 Mark zu haben waren. Und es gab Unkenrufer, die Geldverschwendung witterten.

Oberbürgermeister Hans-Jürgen Fip ahnte nichts Gutes, als der damalige NOZ-Redakteur Harald Preuin alles ganz genau wissen wollte. Und an dessen Bericht Rat thront auf Leder und Chrom″ erinnert sich der Alt-OB heute noch. Ich bin nicht nachtragend″, sagt Fip, aber ich vergesse auch nicht! Preuin, so meint er, habe damals partout diese Überschrift haben wollen. Und das, so gibt der Ehrenbürger nach 25 Jahren offen zu, hat mich sehr geärgert!

In dem Zeitungsartikel vom Juni 1992 wird der Oberbürgermeister mit dem Satz zitiert: Das hat nichts mit Repräsentation zu tun.″ Dabei fuchste es ihn, sich für die Geldausgabe öffentlich rechtfertigen zu müssen. Aber die Argumente von damals hat er heute noch parat: Man kann nicht den Ratssitzungssaal möblieren, ohne dass man sich etwas dabei denkt″, holt das politische Urgestein aus. Der Rat als wichtigstes Organ der kommunalen Selbstverwaltung müsse nicht auf Ikea-Stühlen sitzen.

Fip erinnert sich an die Klappdinger aus Kunststoff″ und andere Provisorien, auf denen die gewählten Vertreter der Osnabrücker Bürgerschaft über Jahrzehnte ihre stundenlangen Sitzungen verbracht hatten. In seiner Amtszeit sei erstmalig nach dem Krieg ein auf Dauer angelegtes Gestühl″ angeschafft worden, offenbart der Alt-OB und räumt ein: Dass das etwas teurer war, war klar.″ Aber die Entscheidung habe sich in der Folgezeit als richtig erwiesen.

Daran lässt auch Stadtsprecher Sven Jürgensen nicht den Hauch eines Zweifels aufkommen. Beim Ortstermin im Ratssitzungssaal demonstriert er hingebungsvoll, wie glatt das Leder und wie glänzend der Chrom nach all den Jahren ist. Die Qualität ist so gut, dass sich die Investition vor 25 Jahren gelohnt hat″, lautet sein Fazit. Nach seiner Kenntnis wurden die Ledersessel bislang erst einmal etwas intensiver gereinigt und gepflegt. Das sei vor etwa zwölf Jahren gewesen. Reparaturen habe es in der ganzen Zeit nicht gegeben.

Wer etwas genauer hinschaut, entdeckt an den Rückseiten mancher Stühle, dass der Lederbezug am oberen Rahmenrohr zum Durchschlagen neigt. Allerdings nur, wenn die Sessel mit dieser Stelle immer wieder gegen ein Hindernis schlagen. Das kann der Tisch des jeweiligen Hintermannes sein oder die Rückenlehne des Nachbarn.

Aber diese Beobachtung schmälert nicht den Gesamteindruck dezenter Erhabenheit, den die 69 Ledersessel heute noch ausstrahlen. 50 stehen für den Rat bereit, drei für den OB, den Ratsvorsitzenden und den Beisitzer, acht für die Vorstände und das Protokoll, acht für die Presse. Die Sessel erlauben konzentriertes Arbeiten in bequemer Haltung, auch wenn die Sitzungen lange dauern. Im Gegensatz zu anderen Varianten aus der Kollektion lassen sie sich nicht rollen und nicht drehen Fip wollte wohl nicht, dass die Ratsmitglieder unruhig auf der Stelle rotieren.

Entworfen wurde der Sessel aus Chrom und Leder vom US-amerikanischen Stardesigner Charles Ormand Eames (1907–1978). Der US-Amerikaner wird heute noch für seine funktionalen Möbelentwürfe geschätzt.

Der Büromöbelhersteller Vitra im schweizerischen Birsfelden führt den Soft Pad Chair EA 207″ aus der Kollektion Charles Eames deshalb auch heute noch in seinem Katalog. Allerdings beträgt der Preis für das vor 25 Jahren von der Stadt Osnabrück in Dienst gestellte Modell mittlerweile 2574 Euro. 69 Sessel würden somit (ohne Berücksichtigung eines etwaigen Mengenrabatts) mit 177 606 Euro zu Buche schlagen. Gemessen daran, entpuppen sich die umstrittenen 150 000 DM von einst als wahres Schnäppchen.

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Bildtext:
Die Qualität ist so gut, dass sich die Investition vor 25 Jahren gelohnt hat″, sagt Stadtsprecher Sven Jürgensen über die Ledersessel, die damals für den Ratssitzungssaal angeschafft wurden und bis heute ihren Zweck erfüllen.

Foto:
Jörn Martens
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert


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