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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Sitzbänke mit Kinderverbot gefordert
Zwischenüberschrift:
Mai 1917: Ruhebedürftige Veteranen, zertretener Lerchensporn, entfettete Knochen und städtische Kühe
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Der Erste Weltkrieg tobt seit fast drei Jahren. Die zahlreichen Todesanzeigen im Osnabrücker Tageblatt″ spiegeln die Trauer um gefallene Ehemänner und Söhne wider. Derweil gilt die Hauptsorge des Magistrats der Ernährungslage.

Osnabrück. Die Verwaltungsspitze hat fünf Kriegsspeisehallen einrichten lassen, in denen Familien, deren Haupternährer an der Front kämpfen, und andere in Not Geratene verbilligte Mahlzeiten einnehmen können. Nun sollen die Speisehallen an der Bohmter und an der Sutthauser Straße erweitert werden. Die Zahl der täglich verausgabten Portionen ist zuletzt von 1500 auf 7000 gestiegen, was in einem Zeitungsbericht auch als Folge der herabgesetzten Brotration angesehen wird. Mangels Kartoffeln wird bei den Speisen vermehrt auf Graupen, Gries und Sago gesetzt. Die städtischen Kollegien betonen, dass der Portionspreis für Unbemittelte″ mit 10 Pfennig (mit Fleisch: 15 Pfennig) konstant gehalten werden konnte.

Ferner will die Stadt unter die Landwirte gehen und eine große Anzahl von Milchkühen anschaffen, die in den Dienst der städtischen Milchversorgung gestellt werden. Sie sollen bei Gutsbesitzern und Landwirten auf die Weide und im Winter in Stallfütterung gegeben werden. Interessierte Landwirte sollen sich zwecks vertraglicher Vereinbarung im Rathaus melden. Sodann kündigt Oberbürgermeister Julius Rißmüller an, dass die Stadt für 11 000 Mark eine Knochenentfettungsanlage anschafft, mit der man auf dem Schlachthof jeden Tag einen bis eineinhalb Zentner Speisefett zu gewinnen hofft. Die Knochen kommen aus den Schlachtungen für den Heeresbedarf und aus benachbarten Städten, die keine derartige Anlage haben, sodass die Rentabilität auf jeden Fall gesichert sei.

In einem Leserbrief melden sich ein alter kranker Mann und Kollegen″ mit einer öffentlichen Bitte an die wohllöbliche Stadtverwaltung″: Sie möge doch mehr Ruhebänke aufstellen. Auf dem Hoffmeyerplatz in der Wüste seien vier große schöne Anlagen″ geschaffen worden. Wenigstens auf eine davon möge man eine Anzahl von Bänken setzen, am besten wohl auf den Platz gegenüber Kiskers Kohlenhandlung. Allerdings sollten Kinder und Kinderwagen ferngehalten werden. Die anderen drei Plätze dürften für Kinder und Kindermädchen mit Wagen genügen. Bei aller Liebe für unsere Kinder möchte doch das hohe Alter beim Aufsuchen solcher Ruheplätze auch wirklich Ruhe haben, und die kann man von spielenden Kindern nicht verlangen.″ Das gelte auch für die Anlagen im Innern der Stadt. Meistens nähmen die Kinder alle Bänke in Beschlag. Da wird dann fortwährend herauf- und heruntergestiegen, was keine angenehme Erschütterung im alten Körper hervorruft, wenn man sich daneben setzt.″ Das Kinderverbot sollte für folgende beliebte, von alten Leuten namentlich abends gern aufgesuchte Bänke gelten: die runde Bank am Natruper Tore, desgleichen die am Wall beim Rondell am Krankenhaus der alten Kastanie gegenüber und auch am Kaiserwall zwischen Töchterschule und Bierverlag Walkenhorst.

Das sonnige Wetter am ersten Maien-Sonntag hat die Wanderlust mächtig angeregt. Aus allen Toren ergießen sich die Scharen. Am Hauptbahnhof herrscht gegen 14 Uhr vor Abfahrt des einzigen Zuges in Richtung Sutthausen, Malbergen und Oesede ein derartiges Gedränge, dass in der Haupthalle nur unter größten Anstrengungen vorwärtszukommen und an den Schalter fast gar nicht heranzukommen ist. Der fahrplanmäßig um 14.24 Uhr abfahrende Zug vermag die Leute nicht alle zu fassen. Das ist kein Wunder″, schreibt der Redakteur der Tageszeitung, wenn man weiß, daß schon in früheren Jahren, als des Nachmittags noch drei oder vier Züge verkehrten, der Platzmangel auf der Brackweder Bahn eine stehende Klage war. Bei aller Berücksichtigung der Umstände, die zur Einschränkung des zivilen Personenverkehrs geführt haben, muß doch die Einlegung mindestens noch eines Nachmittagszuges für Hin- und Rückfahrt auf besagter Strecke als unabweisbares Erfordernis bezeichnet werden.″

Ein Hauptziel der Ausflügler ist der blühende Freden bei Iburg. Wenn nur dabei mehr Rücksicht auf den dortigen Blumenteppich genommen würde!″, führt der Reporter Klage. Die auf dem Weg zwischen Iburg und Oesede überall verstreut liegenden Blumen des Lerchensporn gaben trauriges Zeugnis davon, daß an vielen Stellen der Sinn für Naturschönheiten noch sehr zu wünschen übrig läßt.″

Vielen Lesern ist aufgefallen, dass es dieses Jahr weniger Sperlinge gibt. Haben späte Kälteeinbrüche sie vertrieben? Oder liegt es an der größeren Straßenreinlichkeit″, die man in Osnabrück feststellen könne? Ein Leser sieht die Ursache in der energischen Beseitigung der Pferdeäpfel″ durch die Kinder, die sich für den begehrten Dünger kleine Belohnungen verdienen. Früher hätten die Spatzen mit besonderer Vorliebe″ in dem Dung herumgepickt.

Aus dem Gerichtssaal: Drei Stahlwerksarbeiter haben in Sutthausen ein Schwein aus einem Stall gestohlen und sofort geschlachtet. Wo sie mit dem Fleisch geblieben sind, konnte nicht festgestellt werden, bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen wurde nichts gefunden. Zwei von ihnen werden zu je vier Monaten, einer zu neun Monaten Gefängnis verurteilt so, wie es damals üblich ist, ohne Bewährung.

Den Besitz von 60 Zentner Roggen und 50 Zentner Kartoffeln hat ein Hofbesitzer in Heeke verheimlicht und damit gegen die Meldepflicht verstoßen. Außerdem hat er an die Schweine Korn verfüttert, was ebenfalls streng verboten ist. Der Kot der Tiere hat ihn verraten. Das Urteil lautet auf 2000 Mark Geldstrafe. Außerdem werden die verheimlichten Vorräte amtlicherseits eingezogen.

Serie Vor 100 Jahren

Die Stadtgeschichte im Blick: Lesen Sie mehr auf www.noz.de / historisch-os.

Bildtext:
Sitzbänke nur für die Alten ohne Kindergewusel forderte ein Leserbriefschreiber also anders als in der hier dargestellten Szene. Die Ansichtskarte aus dem Archiv unseres Lesers Rudolf Leimkuhle zeigt die Brunnenanlage vor dem Kulturgeschichtlichen Museum.

Foto:
Rudolf Leimkuhle
Autor:
Joachim Dierks
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