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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Osnabrück trotzt „America First″
Zwischenüberschrift:
Delegation aus Wirtschaft und Politik besucht die USA
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Eine 20-köpfige Osnabrücker Delegation aus Wirtschaft und Politik trotzt der America First″-Politik des US-Präsidenten Donald Trump und flog Samstag für eine Woche in die USA.

Chicago. Osnabrücks Oberbürgermeister Wolfgang Griesert sagt: Je schwieriger die Rahmenbedingungen, desto wichtiger sind diese direkten Beziehungen. Daher freue ich mich auf die Reise mit der IHK und der Ratsdelegation.″ Er erklärt, warum die Delegationsreise gerade unter einem Präsidenten, der für Nationalismus, Isolation und Protektionismus steht, so wichtig ist: Wir brauchen eigene Eindrücke und Erfahrungen, um zu verstehen, was in den USA nach den ersten vier Monaten der Präsidentschaft Trump passiert und wie die Menschen in unserer Freundschaftsstadt Evansville die Perspektive ihres Landes und die Pläne ihres 45. Präsidenten einschätzen.″

Der Osnabrücker Oberbürgermeister hält es für wichtig, dass sich die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Region Osnabrück und den amerikanischen Partnern weiterentwickeln und intensivieren. Für die Osnabrücker Ratsvorsitzende Eva-Maria Westermann ist es in diesen schwierigen politischen Zeiten jetzt erst recht geboten, Evansville zu besuchen. Sie sieht das Signal, das Osnabrück damit sendet: Freundschaften bewähren sich eben gerade in schlechten Zeiten.″

Delegationen aus Evansville waren 2013 und 2016 in Osnabrück. Durch den Besuch der vom Bürgermeister von Evansville, Lloyd Winnecke, angeführten Delegation entstand auch der Wunsch nach einem Gegenbesuch aus Osnabrück. Die letzte Delegationsreise in die USA liegt schon lange zurück, weil sich die Kontakte zwischen den Freundschaftsstädten nach Angaben des Osnabrücker Städtepartnerschaftsbüroleiters, Jens Koopmann, nach den Terroranschlägen im Jahr 2001 erst langsam wieder aufgebaut haben″.

Die Reise in Amerikas drittgrößte Stadt Chicago, die Osnabrücker Freundschaftsstadt Evansville (Indiana) und in die deutsche Unternehmer-Hochburg Charlotte (North Carolina) leitet neben Griesert auch der Hauptgeschäftsführer der IHK Osnabrück Emsland Grafschaft Bentheim, Marco Graf. Für die regionale Wirtschaft sieht er dort großes Potenzial, weil die USA nicht nur die größte Volkswirtschaft der Welt, sondern für die regionalen Unternehmen auch der wichtigste außereuropäische Exportmarkt seien. Mehr als 200 Betriebe sind dort bereits aktiv, teilweise mit eigenen Niederlassungen. Graf betont: Das Land bietet sowohl kurz- als auch langfristig weiter große Chancen für deutsche Unternehmen. Wir wollen Betriebe aus der Region dabei unterstützen, diese Chancen auf- oder auszubauen.″

Die Kritik des US-Präsidenten Donald Trump an dem aus seiner Sicht unfairen deutschen Handelsüberschuss in den Vereinigten Staaten″ lässt darauf schließen, dass die Osnabrücker Delegation bei solchen Bestrebungen nicht gerade auf seine Unterstützung hoffen darf. So forderte das amerikanische Staatsoberhaupt bereits, amerikanische Wolkenkratzer aus amerikanischem Stahl hochzuziehen, machte sogenannte Buy-American″-Vorgaben und forderte die Amerikaner somit auf, amerikanische Produkte zu kaufen. Zu Trumps nationalistischem Kurs sagt Graf: Ich habe großes Interesse, die Stimmung im Land wahrzunehmen, nachdem der neue Präsident nun etwas über 100 Tage im Amt ist.″ Graf sieht die Handelsbeziehungen nicht nur als Einbahnstraße, sondern sieht auch die Vorteile der wechselseitigen Beziehungen, etwa durch die entstehenden US-Arbeitsplätze in den Niederlassungen deutscher Unternehmen. Nach Angaben des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums beschäftigen alleine die niedersächsischen Unternehmen 40 000 Mitarbeiter in den USA.

Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK), Sven Ruschhaupt, bezweifelt, dass Trump die angekündigte America First″-Doktrin wirklich umsetzt: Damit würden sich die USA nur selbst schaden. Wenn die Produkte, Dienstleistungen und Kompetenzen im eigenen Land vorhanden wären, wäre die Umsetzung sicher möglich. Ich denke allerdings, dass die Wirtschaft dies anders sieht und anders handeln muss.″ Für spezialisierte Handwerksbetriebe sei es daher sinnvoll, sich diesen Markt zu erschließen.

Ein Betrieb, der diesen Markt bereits erobert hat, ist der Wallenhorster Anlagenbauer Purplan. Chef Andreas Sandmann erläutert die Vorzüge: Der amerikanische Markt erlaubt es den Unternehmern noch, Geld zu verdienen. Den Eindruck hat man in Deutschland oft nicht mehr.″ Die kleine Repräsentanz Purplan USA, die die Osnabrücker Delegation in Charlotte besuchen wird, hilft ihm, ein Drittel seines Umsatzes in den Vereinigten Staaten zu machen.

Er lobt auch, dass es in den USA viel einfacher und unbürokratischer möglich ist, sich selbstständig zu machen: Und wenn es dann mal schiefgeht und die Firma pleitegeht, ist das überhaupt nicht schlimm. Man steht wieder auf und lernt aus dem Fehler. In Deutschland ist eine Insolvenz wie ein Makel, den man kaum wieder loswird.″

Diese positive amerikanische Grundhaltung zum Unternehmertum will Sandmann als Stiftungsratsvorsitzender der HuB-Begabten-Stiftung des Osnabrücker Handwerks auch dem 22-jährigen Delegationsmitglied Jakob Bolte vermitteln, das sich ebenfalls selbstständig machen will. Bolte hat wegen seiner herausragenden Meisterprüfung im Zimmererhandwerk und dem Landessieg im praktischen Leistungswettbewerb ein Stipendium der Stiftung zur Teilnahme an der Delegationsreise gewonnen. Der HuB-Kuratoriumsvorsitzende Hans Georg Hune entsendet ihn als Botschafter des Osnabrücker Handwerks″, und HuB-Geschäftsführer Thorsten Coch sieht ihn als einen der Leuchttürme, die das Osnabrücker Handwerk verkörpern.″

Bolte selbst hofft, bei den Unternehmensbesuchen wie auch bei den wirtschaftlichen und politischen Kooperationsgesprächen vor Ort wertvolle Kontakte zu knüpfen, die ihm bei seiner späteren Selbstständigkeit helfen können. Außerdem erklärt der Zimmermeister: Ein Großteil der Häuser in den USA sind aus Holz gebaut, und daher bin ich natürlich gespannt, wie dort gebaut wird.″ Ihn interessiert, ob es stimmt, was er bislang zur amerikanischen Bauweise gehört hat und wie im Kontrast dazu die deutsche Bauweise ankommt: Es soll dort nicht so viel Wert auf Statik gelegt und mehr aus Erfahrung gebaut werden. Die Querschnitte sollen nach deutschen Standards zu wünschen übrig lassen.″

Bei einer Bootsfahrt am Samstagnachmittag auf dem Chicago River erklärt Frank Niemann als Chef der Maschinenfabrik Wilhelm Niemann aus Melle, welche Ziele er sich gesetzt hat: Wir möchten hier ein Unternehmen gründen, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass wir diese Niederlassung brauchen.″ Niemann zählt drei Gründe auf, warum Amerikaner nicht bei seiner Firma in Deutschland anrufen: Sie mögen den Zeitunterschied nicht, sie haben Angst, dass sie Deutsch sprechen müssen, und sie wollen Dollar-Rechnungen. Daher werde ich in dieser Woche ausloten, wie ich hier eine Kundenbetreuung mit einem lokalen amerikanischen Ansprechpartner aufbauen kann.″

Ein Themen-Spezial zu US-Präsident Trump

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Serie Osnabrück besucht Trumps Amerika

Foto: Colourbox.de,

Bildtext:
Trump zum Trotz: OB Wolfgang Griesert führt die Reise einer 20-köpfigen Delegation in die USA an. Bei einer Bootsfahrt am Samstag auf dem Chicago River passierte er den Trump International Hotel and Tower in Chicago.

Foto:
Jean-Charles Fays
Autor:
Jean-Charles Fays


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