User Online: 5 | Timeout: 21:41Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Emanzipation im Kaninchenstall
 
Niemand züchtet (Oster-)Hasen
Zwischenüberschrift:
Von wegen alles Rentner: Auch junge Frauen sind im Sutthauser Verein I 67 aktiv
 
Außer Puschelschwanz und langen Ohren haben Kaninchen und Hasen fast nichts gemeinsam
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Zeit, mit einem Vorurteil über die Kaninchenzucht-Szene aufzuräumen: Es sind nicht nur ältere Herren, die auf Schauen ihre schönsten Rammler und Häsinnen präsentieren. Nein, es gibt unter den Profi-Züchtern auch berufstätige junge Frauen. Zwei von ihnen haben wir besucht.

Osnabrück. Damit ein weiteres Vorurteil gar nicht erst aufkommt: Weder Sarah Rothe noch Christina Wendland nehmen das Wort niedlich″ in den Mund, obwohl rings um sie herum Kaninchennasen vibrieren, flauschige Tiere durch ihre Boxen hoppeln und eine Häsin ihren drei Tage alten Nachwuchs stillt. Nein, die beiden jungen Züchterinnen sprechen ganz unaufgeregt davon, dass sie Rassen vor dem Aussterben bewahren wollen und nach einem langen Arbeitstag gerne im Kaninchenstall abschalten. Kaninchen sind halt beruhigend″, sagt Christina Wendland. So einfach ist das.

Wendland arbeitet als Ergotherapeutin und ist 26 Jahre alt, Sarah Rothe ist Landschaftsplanerin und 31. Damit sind sie im Rassekaninchenzuchtverein I 67 Osnabrück-Sutthausen (unter Züchtern reicht: I 67″) die Jüngsten wenn man die Kaninhop-Abteilung mal außer Acht lässt, mit der der Verein versucht, den Nachwuchs für Kaninchen zu begeistern.

Ein Faible für die Tiere hatten die beiden Frauen schon als Kinder. Wir hatten immer Kaninchen″, sagt Rothe. Mein erstes Referat in der Grundschule ging über Kaninchen″, erzählt Wendland. Wir treffen uns auf dem Hof von Wendlands Schwiegereltern in spe in Belm-Vehrte. Dort leben ihre rund 40 Kaninchen, dort haben sie Platz. Immerhin bringen etwa ihre Deutschen Riesenschecken schwarz-weiß sechs bis zehn Kilo auf die Waage. Wendlands Partner züchtet auch.

Kaninchenzüchter bilden eine bodenständige Szene, die ohne Schnickschnack auskommt. Die Vereine sind ebenso durchnummeriert wie die Tiere, die Rassen tragen Namen wie Deutsche Großsilber grau-braun″, Farbenzwerge havanna oder Zwergwidder weiß Rotauge″. Sarah Rothe erklärt: Die meisten Rassebezeichnungen tragen die Merkmale im Namen.″ Klingt logisch.

Vom Aussterben bedroht

Rufnamen gibt Christina Wendland ihren Tieren nicht mit einer Ausnahme. Jeder Züchter hat wohl ein Lieblingstier″, sagt sie fast schon entschuldigend. Ihres sitzt mümmelnd den Riesenschecken gegenüber und ist ein Deutscher Großsilber graubraun. Knuddel″ heißt der Rammler und ist zusammen mit seinen Rassegenossen vom Aussterben bedroht.

Längst werden Kaninchen nicht mehr als Nutztiere gezüchtet, um auf dem Teller zu landen das ist eher ein Nebeneffekt, und gehört bei den beiden Züchterinnen mit dazu, da nicht alle Kaninchen eines Wurfs zur Weiterzucht taugen oder verkauft werden können. Uns geht es darum, die Rassen zu erhalten″, betont Sarah Rothe. Das Problem: Spielkaninchen will jeder haben″, sagt Wendland. Es gibt nur wenige Leute, die ein Zuchtinteresse haben″, so Rothe, die sich bei sich zu Hause im Nettetal auf die kleinen Rassen spezialisiert hat und ebenfalls rund 40 Tiere hält.

Die sind wegen ihrer geringen Größe zwar weniger aufwendig in der Haltung und lassen sich von Rothes kleinen Tochter Bente bereitwillig herumtragen. Aber in der Zucht sind sie genauso anspruchsvoll. Wer zum Beispiel Zwergwidder marderfarbig braun züchten will, muss seine Genetik-Kenntnisse aus dem Biologieunterricht reaktivieren: Die Mendel′schen Gesetze kommen hier voll zum Tragen. Wer nur die marderfarbigen Tiere haben möchte, muss damit leben, dass in einem Wurf auch weiße und schwarze dabei sind.

Nächtliche Deals

Und dann gibt es noch das Problem der Verfügbarkeit. Wer ambitioniert züchten will, muss das auch mit Tieren tun, deren Züchter Hunderte Kilometer entfernt leben. Das führt dann schon mal dazu, dass man sich nachts auf einem Parkplatz in Berlin trifft und Kaninchen handelt″, erhält Sarah Rothes Partner Paul Stegmann und grinst. Durch seine Freundin kam er selbst zur Zucht und hat bei seinen Zwergwiddern spürbar großen Ehrgeiz entwickelt.

Bei den Zuchtschauen geht es vor allem um den Austausch mit anderen Züchtern. Pokale sind den beiden Züchterinnen nicht wichtig, sagen sie. Rothe: Aber wir freuen uns schon, wenn wir unsere Tiere zeigen können.″

Einmal im Jahr veranstaltet der Verein I67 seine Sutthauser Dütetal-Ausstellung, dieses Jahr am 4. und 5. November. 2016 musste sie wegen der Kaninchenseuche RHDV2 ausfallen. Wir hatten massive Verluste im Verein″, sagt Sarah Rothe. Sie hatte Glück, aber Wendland verlor mehr als 35 Tiere. Da fängt man bei null wieder an″, sagt sie. Mittlerweile gibt es einen Impfstoff.

Nicht nur die Kaninchenrassen sind vom Aussterben bedroht, den Vereinen ergeht es nicht besser. Wendland und Rothe als junge Züchterinnen sind Ausnahmen es mangelt an Nachwuchs. Wir können noch auf die Unterstützung und das Wissen der Älteren zurückgreifen″, sagt Rothe, aber wie sieht das in 20 Jahren aus?

Eine Bildergalerie
auf www.noz.de/ os

Bildtexte:
Sie züchten, um nach der Arbeit abschalten zu können und um Rassen vor dem Aussterben zu bewahren:
Christina Wendland (links) und Sarah Rothe.

Den offenen Stall verlassen? Lieber nicht.

Züchterin von morgen? Bente (2), eifert ihrer Mutter Sarah Rothe nach (mit im Bild: ein Farbenzwerg havannafarbig).

Drei Tage alt und völlig hilflos noch. Aus diesem Jungtier wird einmal ein bis zu zehn Kilo schwerer Riesenschecke.

Fotos:
Thomas Osterfeld

Osnabrück. Guck mal, Papa, die niedlichen Hasen! Manch ein Kaninchenzüchter dürfte verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: Wieder mal ein Kind, das keine Ahnung davon hat, dass Kaninchen eben keine Hasen sind und erst recht keine Osterhasen! Züchterin Sarah Rothe aber bleibt entspannt. Ich lasse im Gespräch dann eben häufiger das Wort Kaninchen′ fallen″, sagt sie.

Verwirrend ist allerdings: Ein weibliches Kaninchen heißt Häsin, ein männliches Rammler und um Himmels Willen nicht Bock″, wie es in Hobbyhalterkreisen oft zu hören ist. Aber warum Häsin, wenn es sich doch gar nicht um Hasen handelt?

Beide Arten, der Feldhase und das Wildkaninchen, gehören zur Familie der Hasenartigen. Zwar haben beide Arten lange Ohren, einen Puschelschwanz und graubraunes Fell, aber jeder Laie kann sie im Freien leicht auseinanderhalten: Der Feldhase (Lepus europaeus) ist größer und schlanker als das Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus), die Ohren sind länger und an den Spitzen dunkel gefärbt, im Sommer ist sein Fell mehr braun als grau. Hasen sind Einzelgänger und leben rein oberirdisch, Kaninchen bilden Kolonien und buddeln Höhlen. Die Eigenständigkeit der Hasen zeigt sich schon beim Nachwuchs: Hasenjunge kommen fertig entwickelt mit offenen Augen zur Welt und begeben sich sofort auf Entdeckungstour. Kaninchenjunge sind zunächst blind und kuscheln sich hilflos in ihr Nest. Mit seinen langen Hinterläufen schafft ein Feldhase auf der Flucht bis zu 80 Stundenkilometer da kann kein Kaninchen mithalten. Zu Hause halten lässt sich der Hase nicht, das ist sogar verboten.

Und warum überhaupt Osterhase? Weder legt er Eier, noch transportiert er welche. Der Hase kam zu Ostern, weil er eine bemerkenswerte Fortpflanzungsrate aufweisen kann und das passt (wie das Ei) eben zu frühlingshaft-österlichen Themen wie Fruchtbarkeit, Leben und Wiedergeburt. Leider ändert das nichts daran, dass der Lebensraum des Feldhasen und das Nahrungsangebot (Wildkräuter) durch die Intensivierung der Landwirtschaft stetig zurückgehen.

Bildtexte:
Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus).

Europäischer Feldhase (Lepus europaeus).

Fotos:
dpa
Autor:
Sandra Dorn


Anfang der Liste Ende der Liste