User Online: 2 | Timeout: 03:06Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
„BDM-Untergau 78, angetreten!″
Zwischenüberschrift:
1936 diente die Große Domsfreiheit als Aufmarschplatz der NS-Jugendorganisation
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Im Ursprung war die Domsfreiheit ein Ort, an dem Stadt und Staat nichts zu sagen hatten keine Steuerpflicht, keine Strafverfolgung, alle Macht dem Bischof. In der Nazizeit war es genau andersherum. Der Staat nutzte die eindrucksvolle Kulisse, um seine Anhängerschaft zu mobilisieren und zu verpflichten.

Osnabrück. Die Bilder zeigen eine Veranstaltung des Bundes Deutscher Mädel″ (BDM) am 19. April 1936. Adolf Hitlers Geburtstag am 20. April oder, wenn es vom Wochentag her besser passte, auch der Vortag, wurden von den Parteiorganisationen gern genutzt, um Aufmärsche, Kundgebungen und Gelöbnisse zu veranstalten.

Auf den hier gezeigten Bildern findet die Überweisung der Jungmädel″ zum BDM statt. Der BDM war der weibliche Zweig der Hitlerjugend (HJ) und seinerseits auch altersmäßig gegliedert: Mädchen im Alter von 10 und 14 Jahren waren im Jungmädelbund″ (JMB) zusammengeschlossen, bis 18 Jahre dann im eigentlichen BDM und bis 21 Jahre im BDM-Werk , Glaube und Schönheit′″.

Ende 1936 wurde die Pflichtmitgliedschaft der gesamten deutschen Jugend in HJ oder BDM verfügt, sofern nicht rassische Ausschlussgründe″ vorlagen, wie es im typischen menschenverachtenden Jargon der Nationalsozialisten hieß. Dadurch wurde der BDM zur weltweit größten weiblichen Jugendorganisation mit 4, 5 Millionen Mitgliedern (1944). Regional war der BDM in 34 Obergaue″ gegliedert, diese wiederum in Untergaue″, Mädelringe″, Mädelgruppen″, Mädelschare″ und Mädelschaften″. Diese Mädelschaften″ waren die kleinsten Organisationseinheiten und umfassten jeweils zwischen 10 und 15 weibliche Jugendliche.

Erklärtes Ziel war es, die Jugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft zu erziehen″. Körperliche Ertüchtigung und ideologische Schulungen standen im Mittelpunkt. Mit einem Bündel von attraktiven Freizeitangeboten sollte zunächst grundsätzliche Sympathie für das Regime und die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls bewirkt werden. Ausfahrten und Lager″ folgten wie bei der männlichen Jugend militärischen Ritualen mit Fahnenappellen, gemeinsamen Liedern und Aufmarschordnung.

Worum es dem Regime letztlich ging, drückte Hitler 1935 so aus: Die Gleichberechtigung der Frau besteht darin, dass sie in den ihr von der Natur bestimmten Lebensgebieten jene Hochschätzung erfährt, die ihr zukommt […]. Auch die deutsche Frau hat ihr Schlachtfeld: Mit jedem Kinde, das sie der Nation zur Welt bringt, kämpft sie ihren Kampf für die Nation.″

Im Schatten der Statue des großen Osnabrücker Staatsmannes Justus Möser, der das alles ohnmächtig mit ansehen musste, traten am Vortag des Führergeburtstags die Zugehörigen des Jungmädeluntergaues 78″ im Viereck auf der Großen Domsfreiheit an. Zu Anfang spielte das BDM-Orchester, und danach sangen alle Kameraden fragen nicht lange: woher?″. Untergauführerin Irmgard Weithoener sprach über die symbolische Bedeutung der Flagge, über die Liebe zur Fahne″ und den Glauben an ihre Kraft″. Am frühen Morgen steige sie am Mast empor und werde von allen gegrüßt. Und wenn der Abend kommt, hole unsere Fahne ein und schütze sie vor verräterischen Händen″, zitierte das Osnabrücker Tageblatt″ die Ansprache. Das geschehe nach altem Brauch immer bei Sonnenuntergang und verfolge den tieferen Sinn, die Fahne vor dem zu schützen, was lichtscheu und einschleichend″ ist.

Nach dem gemeinsamen Lied Wir Jungen tragen die Fahne zum Sturme der Jugend vor″ mahnte die frühere Jungmädel-Untergauführerin Elisabeth Lohmann, immer an den Verpflichtungsspruch zu denken, auch wenn mit zunehmendem Alter die Pflichterfüllung nicht mehr so leicht falle: Oft tritt dann die Versuchung an uns heran, nach einem arbeitsreichen Tag den eigenen Vergnügungen nachzugehen oder uns auszuruhen, anstatt abends zum Dienst zu gehen.″ Der Dienst aber mache aus ihnen starke und tapfere Frauen″ mit dem starken Willen, alles Kommende standhaft zu überwinden″. Am Abend gratulierte die deutsche Jugend″, darunter auch die Osnabrücker, dem Führer″ durch eine Rundfunk-Ringsendung, die um Mitternacht begann und über alle deutschen Sender ging.

Serie Zeitreise

So war es früher: Berichte aus dem alten Osnabrück auf noz.de/ historisch-os

Bildtexte:
Mit deutschem Gruß″ gelobten die im BDM-Untergau 78 zusammengeschlossenen Osnabrücker Mädchen dem Führer″ Adolf Hitler ewige Treue. Von der Randbebauung der Großen Domsfreiheit sind links das Pfarrhaus der Domgemeinde und rechts das Gymnasium Carolinum zu erkennen.

Justus Möser, der seit 1836 auf seinem Sockel auf dem Platz der Großen Domsfreiheit steht, war 1936 ohnmächtiger Zeuge des nationalsozialistischen Schauspiels.

Vor der Kulisse von Priesterseminar (rechts) und Bischöflichem Palais (links) traten die Mädchen am Vortag des Führergeburtstags″ an

Fotos:
Hans Dierks
Autor:
Joachim Dierks


Anfang der Liste Ende der Liste