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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Osnabrück schafft kleinen Elektrobus ab
 
Mini-Elektrobus zu verschenken
Zwischenüberschrift:
Stadtwerke Osnabrück mustern Stromfahrzeug wegen chronischer Batteriemängel aus
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Sechs Jahre lang leistete er seine Dienste auf den Straßen von Osnabrück längst nicht immer pannenfrei, aber aus Sicht der Stadtwerke trotzdem wertvoll. Jetzt hat der Verkehrsbetrieb den kleineren und älteren seiner beiden Elektrobusse wegen kostspieliger Mängel aussortiert. Vor allem die Batterie des Mini-Fahrzeugs erwies sich als zu anfällig für den Alltag auf Deutschlands erster Elektrobuslinie: So führten wiederholte Ladeprobleme zu erheblichen Reichweitenverlusten und teils monatelangen Ausfällen. Weil niemand den defekten Wagen abkaufen will, soll der einst 220 000 Euro teure E-Bus einer Hochschule zu Forschungszwecken″ gespendet werden.

2010 für viel Geld gekauft, sechs Jahre später verschenkt: Die Stadtwerke Osnabrück haben ihren kleinen Elektrobus wegen chronisch schlapper Batterien ausgemustert und einer Hochschule in NRW gespendet. Damit endet ein bundesweit einzigartiges Experiment. Erfolgreich, wie der Verkehrsbetrieb meint.

Osnabrück. Der Breda Menarinibus M200 E-Zeus ein Sechs-Meter-Fahrzeug italienischer Bauart mit Platz für 22 Passagiere war der erste akkubetriebene Linienbus in Deutschland. Er verband auf einem 1, 3 Kilometer langen Rundkurs zunächst das Marienhospital und das Christliche Kinderhospital mit dem Neumarkt. Als 2013 ein mehr als doppelt so großer Elektrobus hinzukam, bildeten beide Wagen gemeinsam die neu geschaffene Linie 94 und hielten (vorübergehend) auch am Hauptbahnhof, im Hasepark und an der Rosenburg.

Wenn sie denn fuhren: Gerade der Mini-E-Bus erwies sich als unzuverlässig, versagte im Laufe der Jahre gleich mehrfach den Dienst. Zwischen September 2011 und Dezember 2015 gab es 273 Ausfalltage″, sagt Stadtwerke-Sprecherin Katja Diehl. Das entspreche einer Verfügbarkeit von 82 Prozent. Heißt: Von 100 geplanten Fahrten konnten im Schnitt lediglich 82 stattfinden. Normal seien über 90.

Lange außer Betrieb

Die Gründe für die schlechte Quote des Mini-Elektrobusses sind vielfältig. Weil er aus einer Kleinserie stammt und auf dem Entwicklungsstand von 2008 verharrte, gestaltete sich etwa die Versorgung mit Ersatzteilen schwierig. So legte manchmal bereits eine vermeintlich kleine Reparatur den Betrieb dauerhaft lahm wie im Fall eines gebrochenen Scheibenwischerarms, der erst nach Wochen ausgetauscht werden konnte. Größtes Sorgenkind war jedoch die Lithium-Polymer-Batterie: Zwischen Oktober 2013 und Februar 2014 musste der Verkehrsbetrieb fünf Monate am Stück auf das Fahrzeug verzichten, als es wegen dramatischer Reichweitenverluste in eine Spezialwerkstatt kam.

Dort fand der schwächelnde Stromspeicher zunächst zu alter Stärke zurück. Doch 2016 waren die mühsam aufgepäppelten Zellen erneut mit den Kräften am Ende. Und die Stadtwerke Osnabrück mit ihrer Geduld. Anstatt weiter Geld in ihren kleinen Italiener″ (Neupreis 220 000 Euro) zu stecken, zogen sie ihn im Herbst mit 56 190 Kilometern auf dem Tacho aus dem Verkehr.

Joachim Kossow, Leiter des Projekts Neue Mobilität″, ist ehrlich: Das Fahrzeug erfüllte nicht die Qualitätsansprüche, die wir einmal daran gestellt haben.″ Für gescheitert hält er den Feldversuch mit dem Breda Menarinibus deswegen aber nicht. Im Gegenteil. Wir haben wertvolle Erfahrungen gesammelt und sehen uns jetzt in der Lage, mit großen Stückzahlen umzugehen.″

Das ist auch nötig: Bekanntlich wollen die Stadtwerke schon bald in ganz Osnabrück nur noch mit Elektrobussen unterwegs sein beginnend im Sommer 2018 auf der Linie 41. Allein dafür werden 13 batteriebetriebene Gelenkbusse gebraucht. Und bei der laufenden Ausschreibung seien alle Schwächen, die der Mini-Elektrobus in sechs Jahren gezeigt und aufgedeckt habe, bedacht worden, sagt Kossow.

Verkauf gescheitert

Wirklich misslungen scheint bei dem Experiment mithin nur eins: das Fahrzeug zu verkaufen. Wir haben es versucht, aber es gibt keinen Gebrauchtmarkt″, stellt der Projektleiter fest. Bei einem Restbuchwert von einigen Zehntausend Euro den genauen Betrag wollen die Stadtwerke nicht nennen steht der in Wahrheit also gar nicht so göttliche E-Zeus deshalb seit geraumer Zeit beim Verkehrsbetrieb in der Garage. Aber nicht mehr lange. Laut Sprecherin Diehl soll er in Kürze zu Forschungszwecken″ gespendet werden. Begünstigt werde eine (ebenfalls nicht näher bezeichnete) Hochschule im Ruhrgebiet, die sich auf Batterien und Mobilität versteht.

Warum der VCD Osnabrück mit Elektrobussen auf Kriegsfuß steht, wie sich im Zeitalter der E-Mobilität die Fahrzeuge und Haltestellen verändern und was die Stadt tut, um den ÖPNV zu verbessern, lesen Sie im Internet auf noz.de/ os.

Bildtext:
Von August 2011 bis Herbst 2016 fuhr der kleine Elektrobus der Stadtwerke Osnabrück im Liniendienst als erster in Deutschland. Allerdings fiel das Fahrzeug zu häufig aus. Deswegen kommt es jetzt weg.

Foto:
Detlef Heese

Kommentar:

Lehrgeld gezahlt

Auch wenn der erste Elektrobus in der Flotte der Stadtwerke Osnabrück die hohen Erwartungen oft nicht erfüllt hat: Seine Anschaffung hat sich gelohnt, und der fünf Jahre währende Belastungstest im Liniendienst war aus verschiedenen Gründen aller Kosten und Mühen wert.

Der Verkehrsbetrieb hat mit dem bundesweit einzigartigen Experiment Mut und Pioniergeist bewiesen. Er hat ohne Fördermittel E-Mobilität im ÖPNV ausprobiert und dadurch Forschung und Entwicklung bei Herstellern und Zulieferern vorangetrieben. Er hat das knuddelige Stromfahrzeug wie den 2013 hinzugekommenen Midibus zu einem Sympathie- und Hoffnungsträger aufgebaut, so am grünen Image des Unternehmens gefeilt und dabei auch das kritische Fahrpersonal von den Vorzügen eines Busses mit Elektromotor überzeugt.

Natürlich haben die Stadtwerke Osnabrück auch viel Lehrgeld gezahlt allein im Fall des jetzt aussortierten Breda Menarinibusses M200 E-Zeus eine knappe Viertelmillion Euro. Doch es sind ja vor allem die unterwegs gemachten Erfahrungen, von denen der Verkehrsbetrieb für die Zukunft am meisten profitiert: Seien es Tücken in der Technik, die seinerzeit als topmodern galt, seien es Schwächen im Prozess. Erst der kleine Italiener″ machte beispielsweise klar, wie unverzichtbar eine systematische Überwachung und Regelung der wiederaufladbaren Batterie (immerhin das Herzstück jedes E-Fahrzeugs) ist, wie vorteilhaft ein Wechsel-Akku, wie wichtig ein garantierter, schneller, ortsnaher Pannendienst und wie anpassungsbedürftig der Brandschutz im Busdepot.

All diese Erkenntnisse fließen ein in die nahende Revolution im Stadtwerke-Fuhrpark, sprich den kompletten Umstieg von Diesel- auf Elektrobusse. Was allerdings nicht ausschließt, dass neue ungeahnte Probleme auftauchen können, wenn ab 2018 die erste große Öko- Stromlinie″ durch die Stadt rollt.
Autor:
sst


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