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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Als Schaufenster noch die Ausnahme waren
Zwischenüberschrift:
Die Große Straße (3): Haus Gosling um 1872
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Als ein Giebelhaus, welches seine ganze Einrichtung, Gediegenheit und überkommene Würde an und in sich trug″, bezeichnete der Freiherr von Dincklage-Campe in seinen Erinnerungen das Haus Gosling in der Großen Straße 54.

Osnabrück. Eine Straße, unbelebt, eher schmal, fast könnte man sie für eine Nebenstraße halten, wenn da nicht einige Gebäude zu sehen wären, deren repräsentative Architektur Zweifel am ersten Eindruck aufkommen lassen. Diese Frage stellt sich beim Betrachten einer Fotografie, die Carl Gosling, Osnabrücker Senator und Industrieller, 1872 anlässlich seiner Goldenen Hochzeit anfertigen ließ. Es war sein Wohnhaus (zweites von links), das sich mit dem hohen Renaissancegiebel von den anderen Gebäuden abhob. Hier lebte der jeweilige Senior″ der Familie.

Womöglich nutzte der Fotograf die frühen Morgenstunden, oder er verbannte, um Unschärfe zu vermeiden oder um das zu fotografierende Objekt nicht zu verstellen, Fuhrwerke und Passanten für einen Moment aus dem Straßenbild. Denkbar ist, dass auf diese Weise die älteste fotografische Aufnahme der Großen Straße in Osnabrück entstand, ein bedeutendes Zeugnis städtischen Daseins, in dem entscheidende Merkmale des Konsumzeitalters das Straßenbild noch nicht dominierten.

Man muss nicht besonders betonen, dass das Bild der Straße mit der gegenwärtigen Situation nichts gemein hat, es wirkt auf den heutigen Betrachter sehr befremdlich, seltsam eingefroren und wie vor unserer Zeit″ entstanden. Gleichwohl lassen sich auf diesem Foto Dinge entdecken, die auf Zukünftiges hindeuten. Es gibt z. B. ganz unten links ein Schaufenster zu sehen, das diese Bezeichnung zwar nicht so recht verdient, da es noch zu sehr dem einstigen Wohnhausfenster gleicht, gleichwohl aber für den Beginn eines Wandels steht, dessen Ausmaß das Bild der Städte substanziell veränderte.

Weitere Schaufenster sucht man auf dem Foto vergeblich. Die Ladengeschäfte, die es in der Großen Straße in diesen Jahren natürlich gab, machten sich nur nach und nach daran, ihr Äußeres zu verändern. Besagtes Schaufenster z. B. wurde fünf Jahre später in einem nächsten Schritt lediglich bis zum unteren Sockel verlängert und erhielt eine durchgehende Glasfläche. Auf ebendiese Art und Weise gingen die meisten Geschäfte in der Großen Straße vor, sodass sich die Entwicklung von der Wohn- zur Geschäftsstraße zum Teil bis zum Ende der 1890er-Jahre hinzog. Umbauten mit einer kompletten Neugestaltung der Fassaden nahmen in der Regel nur größere Kaufhäuser vor.

Still und vornehm

Das Haus der Familie Gosling wurde übrigens als letztes zum Geschäftshaus umgebaut, und als es so weit war, notierte man im Osnabrücker Tageblatt vom 7. Juli 1932: Lange Jahrzehnte lag das alte Haus, das vor allem im Inneren eines der schönsten in Osnabrück ist, still, vornehm und zurückhaltend im Hasten der Hauptgeschäftsstraße, ein Stück Alt-Osnabrück″, das fremd im bunten Leben der Gegenwart wirkte. Nun nimmt die neue Zeit endlich Besitz von ihm, und zieht es in seinen wirbelnden Kreis.″

Doch scheint der wirbelnde Kreis″ das Haus Große Straße 54 nicht ganz erfasst zu haben, denn im Gegensatz zu den vielen anderen Geschäftsbauten kann man an diesem Objekt die alte Substanz heute noch entdecken. Gerade ist das Erdgeschoss umgebaut worden und die Kunden der Großen Straße finden dort ein Geschäft, das mit Delikatessen und Gewürzen den Gaumen der Zeitgenossen verwöhnen will. Zudem hat sich dort ein alter Bekannter einquartiert, die Firma Nordsee („ Wir sind Fisch″), die bereits 1912 in der Großen Straße 58/ 59 eine Fischhalle unterhielt.

Die Stadtgeschichte im Blick: Lesen Sie mehr auf www.noz.de / historisch-os

Bildtexte:
Die Fassade des Hauses Große Straße 54 auf einer Bauzeichnung von 1881.

Die Große Straße mit dem Wohnhaus der Familie Gosling, fotografiert 1872.

Fotos:
Museum Industriekultur Osnabrück
Autor:
Rolf Spilker


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