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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Bärin Tips nach Ausbruch in Zoo Osnabrück erschossen
 
Wie konnte Bärin Tips entkommen?
Zwischenüberschrift:
Zoodirektor sucht am Tag nach dem Ausbruch nach Antworten – Polizei lobt Vorgehen der Tierpfleger
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Im Zoo Osnabrück ist am Samstag Hybridbärin Tips aus ihrem Gehege ausgebrochen. Das Tier musste erschossen werden. Menschen wurden nicht verletzt. Die Bärin, eine Kreuzung aus einem Eis- und einem Braunbären, hatte sich am Samstag gegen 14.15 Uhr durch eine Fuchsklappe in ihrem Gehege gezwängt, ergab die Rekonstruktion. Im Fuchsgehege hebelte sie einen Teil des eigentlich bärensicheren Zauns aus den Angeln und gelangte so auf das Zoogelände. Dort hielten sich zu diesem Zeitpunkt rund 4000 Besucher auf; einige sahen Tips und alarmierten die Zooleitung.

Auf ihrer Tour durch den Zoo traf Tips auf eine Mitarbeiterin. Diese stürzte beim Kontakt mit der Bärin, blieb aber bis auf einen Bluterguss unverletzt. Etwa 100 Meter von der Bärenanlage entfernt, nahe dem Zooausgang, versuchte das Zoobiologische Team, das Tier unter Kontrolle zu bringen. Doch Tips ließ sich nicht beruhigen. Die Bärin drohte nicht, sie ging zum Angriff über″, erklärte Zoodirektor Michael Böer bei der Pressekonferenz am Sonntagnachmittag. Ein Zoomitarbeiter musste sie deshalb erschießen. Ein Schuss aus einem Betäubungsgewehr hätte erst nach zehn bis 20 Minuten Wirkung gezeigt.

Rund zehn Minuten hatte sich Tips frei im Zoo bewegt. Nach Polizeiangaben brachte das Zoopersonal die Besucher in Tierhäusern in Sicherheit, viele wurden auch zum Ausgang geleitet. Eine Panik blieb aus.

Bei den Zoomitarbeitern ist die Trauer groß. Die Cappuccino-Bärin und ihr Bruder Taps waren Besucherlieblinge.

Eine Aneinanderreihung unglücklicher Zufälle führte zum Ausbruch von Bärin Tips im Zoo am Samstagnachmittag. Eine Rekonstruktion der Ereignisse.

Osnabrück. Wir wissen nicht ganz genau, was geschehen ist″, sagt Böer am Sonntag bei einer Begehung des Bärengeheges. Doch Tips′ Fußspuren weisen den Weg. Vermutlich war die Bärendame gerade in Jagdlaune. Vielleicht war sie hinter einem Vogel her. Sicher ist, dass sie sehr erregt war. So erregt, dass sie den elektrischen Zaun am äußeren Rand des Geheges einfach überwand. Der Bereich hinter dem Elektrozaun ist eigentlich ein Rückzugsort für die Füchse und führt letztendlich zum Gehege der kleinen Strolche.

Hierher kommt Tips normalerweise nicht, denn der Stromschlag ist so stark, dass er die Bären bremst. Die Spuren belegen, dass Tips wieder zurückwollte.

Danach gab es die zweite ungewöhnliche Situation. Die über die Wintermonate schlank gewordene Bärendame schlüpfte gegen 14.15 Uhr am Samstag durch ein im Durchmesser 30 bis 40 Zentimeter großes Schiebetürchen. Und gelangt so ins Gehege, das für die Silberfüchse reserviert ist. Eigentlich soll auch das kein Problem sein, denn beim Bau war der Zoo auf Nummer sicher gegangen. Deshalb ist der ganze Gehegekomplex, auch das der kleinen Füchse, bärensicher″, erklärt Böer.

Doch Tips überwand auch diese Sicherheitsmaßnahme. In der für sie ungewohnten und wohl auch bedrohlichen Situation entwickelte sie offenbar Bärenkräfte, übte Druck auf ein Teil des Gitters aus, verbog es leicht und hob es aus den Angeln.

Tips bahnte sich zunächst ihren Weg von der Bärenanlage zum Löwenrondell. Dort traf Tips auf eine Mitarbeiterin. Diese stürzte bei dem Kontakt mit dem Bär, hatte aber Glück im Unglück: Bis auf einen Bluterguss blieb sie unverletzt.

Die Hybridbärin lief vom Löwenrondell etwa 100 Meter weiter, nicht über die Wege, sondern quer durch die Vegetation. Dort gelangte sie zu der Anlage der Klammeraffen, wo sie noch in dem Graben der Klammeraffen ein Bad nahm. Am Flamingogehege wurden Besucher dann erstmals auf den entlaufenen Bären aufmerksam und verständigten die Zoo-Mitarbeiter am Eingang. Diese begannen direkt nach der ersten Sichtung des Bären über dem Flamingogehege mit der Evakuierung des Geländes und brachten Besucher unter anderem vorübergehend in den Häusern des Parks in Sicherheit. Extra ausgebildete Mitarbeiter aus dem tiergartenbiologischen Team kamen mit Betäubungsgewehr und Schusswaffen zur Stelle, an der sich Tips gerade aufhielt. Doch zunächst versuchten die Mitarbeiter Tips zu beruhigen.

Das 300 Kilo schwere Tier ging jedoch bald zu Angriffsgebärden über. Sie drohte nicht, sondern bereitete sich auf einen Angriff vor″, berichtet Zoodirektor Michael Böer, dem am Samstagnachmittag der Schock und die Trauer deutlich anzumerken waren. Um Menschenleben zu schützen, sei nichts anderes übrig geblieben, als die Bärin aus kürzester Distanz zu erschießen. Denn ein Betäubungsschuss hätte erst nach zehn bis 20 Minuten Wirkung gezeigt.

Das Risiko sei zu groß gewesen: Da Tips unglücklicherweise an einem Wochenende und nachmittags aus dem Gehege entwich und der Zoo zu diesem Zeitpunkt ziemlich voll war, waren wir zu diesem schweren Schritt gezwungen, um unsere Besucher zu schützen″, so Böer. Zwischen der ersten Sichtung und dem tödlichen Schuss lagen etwa zehn Minuten. Den 4000 Besuchern, die sich zu der Zeit auf dem Zoogelände aufhielten, ist nichts passiert. Die Polizei Osnabrück lobte vor allem die besonnene und zügige Reaktion der Zoomitarbeiter.

Als die Polizei eintraf, war Tips schon tot. Doch es war noch unklar, wo sich der zweite Bär befand. Doch die Einsatzkräfte konnten schnell Entwarnung geben: Tips′ Bruder Taps war noch im Gehege. Er reagierte auf den Zuruf der Pfleger und wurde in den Stall gebracht. Erst dann wurden die Besucher aus den Gebäuden des Zoos hinaus bis vor den Eingang geleitet. Als die Lage im Park geklärt war, durften die Besucher den Zoo wieder betreten, der betroffene Teilbereich des Tierparks blieb aber für den Rest des Tages gesperrt.

Es war nicht sehr schön″, schildert Zoo-Besucherin Sonja Mattke das Erlebte. Sie hielt sich nahe dem Bärengehege auf, als das Tier ausbrach. Laut ihrer Aussage machte der Zoo zwei Durchsagen: einmal, dass der Bär ausgebrochen sei. In der zweiten Durchsage wurden die Besucher aufgefordert, den Zoo zu verlassen oder eines der Tierhäuser aufzusuchen. Eine andere Besucherin sagte gegenüber unserer Redaktion, sie habe keine Durchsagen gehört.

Aber es sei plötzlich sehr viel Zoopersonal zugegen gewesen. Die Mitarbeiter hätten durch ihr Vorgehen dazu beigetragen, dass keine Panik ausgebrochen sei. Als die Lage im Park geklärt war, durften die Besucher den Zoo wieder betreten.

Wir müssen noch klären, wie das technisch überhaupt möglich war″, sagt der Zoodirektor zum Ausbruch. Doch egal wie: Es entstand ein Loch im Gehege, durch das Hybridbärin Tips mit Leichtigkeit klettern konnte. Dabei brach sie laut Michael Böer vermutlich aus, um wieder zurück in ihre Anlage zu gelangen.

Alle Infos zum Bärenausbruch, weitere Bilder und Videos auf noz.de/ osnabrueck

Bildtext:
Erklärungsversuche am Tag nach dem Ausbruch: Zoodirektor Michael Böer steht am Sonntag auf der Bärenanlage und berichtet von der Verkettung vieler unglücklicher Umstände, die schließlich zu Tips′ Ausbruch geführt haben.

Durch diese Lücke konnte die über den Winter erschlankte Hybridbärin ins Fuchsgehege gelangen.

Tips in glücklicheren Tagen: 2004 kam die Hybridbärin im Zoo am Schölerberg zur Welt. Mit ihrem Zwillingsbruder Taps zählte sie zu den Aushängeschildern des Tierparks.

Fotos:
Elvira Parton, Zoo

Tips und Taps

Eigentlich treffen Eis- und Braunbären nicht aufeinander. Sie leben in verschiedenen Regionen. Im Zoo Osnabrück teilten Eisbär Elvis und Braunbärin Susi aber ein Gehege. Und sie verstanden sich gut. So gut, dass sie sich paarten. 2004 kamen zwei junge Bären auf die Welt: Tips und Taps, Weibchen und Männchen. Die beiden sahen ihrer Mutter ähnlich und ihrem Vater. Sie haben etwas vom Eisbären und vom Braunbären. Deshalb nennen Experten sie Hybridbären. Viele sagen aber auch: Cappuccino-Bären. Denn ihr Fell ist weiß und braun, wie die Farbe von Cappuccino.

Auch in der freien Wildbahn gibt es Bären, die so aussehen wie Tips und Taps. Forscher haben eine Idee, woran das liegt: Weil es immer weniger Eis in der Arktis gibt, gehen Eisbären immer häufiger dorthin, wo die Braunbären leben und paaren sich, wie in Osnabrück. apa

NA KLAR!

Erzählnachricht für Kinder

Kommentar:

Noch einmal Glück gehabt

Unter dem Strich kann und muss man wohl sagen, dass die Mitarbeiter des Zoos und seine Besucher am Samstag noch einmal Glück gehabt haben. Der Ausbruch der Bärendame Tips hätte auch anders ausgehen können.

Dass niemand zu Schaden gekommen ist, ist vor allem der Umsicht der Zoomitarbeiter, aber auch den Besucher geschuldet, die in ihrer großen Mehrheit ruhig und gelassen den Anweisungen des Personals gefolgt sind. Die regelmäßigen Sicherheitstrainings der Zooverantwortlichen und ihrer Mitarbeiter haben sich in diesem Moment bezahlt gemacht.

Die Wogen um den Ausbruch werden sich hoffentlich schnell glätten. Der Zoo wird sämtliche Sicherheitsmaßnahmen in und um die Gehege noch einmal auf den Prüfstand stellen. Jedes Gehege, jeder Meter Zaun wird zum wiederholten Male kontrolliert. Die Akteure auf dem Schölerberg sind sich ihrer Verantwortung bewusst.

Was bleibt, ist der Verlust eines Tieres. Und wenn Tiere zivilrechtlich auch nur als Sachen behandelt werden, den Pflegern ist jeder ihrer Schützlinge ans Herz gewachsen. Und so war es auch mit der Bärin Tips. Es ist kein Geheimnis, dass nach ihrem Tod, so unabwendbar, wie er durch die in diesem Moment von ihr ausgehende Gefahr auch war, unter den Zoomitarbeitern auch Tränen geflossen sind.

Und noch etwas sollte bei aller Dramatik der Ereignisse nicht vergessen werden: Tips war eine Mahnerin in Sachen Klimawandel. Diese Botschaft, die der Zoo in seiner Dauerausstellung Klimatopia″ beim Bärengehege präsentiert, darf durch das Geschehen nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Autor:
Andrea Pärschke, Stephanie Kriege
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