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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Aus Lynne Atkin wurde Lynne Köhler
Zwischenüberschrift:
Die erste Städtebotschafterin aus Derby ist hiergeblieben – „Fühle mich europäisch″
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
1976 trat die 18-jährige Lynne Atkin die Stelle als erste Botschafterin der Stadt Derby in Osnabrück an. Inzwischen heißt sie Lynne Köhler und lebt in Georgsmarienhütte.

Osnabrück/ GMhütte. Für ein Jahr im Ausland arbeiten, neue Menschen sowie eine andere Kultur und Lebensweise kennenlernen und dabei als Repräsentantin der Heimatstadt den kulturellen Austausch fördern das alles wollte Lynne Atkin, als sie 1976 als erste Städtebotschafterin aus der englischen Stadt Derby nach Osnabrück kam. Damit, dass sie sich in einen Osnabrücker verlieben, hierbleiben und künftig Lynne Köhler heißen würde, rechnete sie damals nicht.

Im historischen Friedenssaal des Osnabrücker Rathauses wurde am 17. Februar 1976 der Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Seitdem schickten Osnabrück und Derby viele Jahre lang wechselseitig Städtebotschafter in die jeweils andere Stadt. Als erste Nachwuchsdiplomatin aus Derby war Lynne Atkin ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Austauschs zwischen den Partnerstädten.

18 Jahre alt, gerade den Schulabschluss in der Tasche und in allen Zukunftsentscheidungen noch recht frei, beschloss die junge Frau, sich für den Job als Städtebotschafterin zu bewerben. Besonders, weil sie schon in der Schule vier Jahre Deutsch gelernt hatte und ihre Sprachkenntnisse weiterhin verbessern wollte, schienen der einjährige Aufenthalt in Osnabrück und die Aufgaben als Botschafterin für sie nahezu ideal. Ihre grundsätzliche Neugier für andere Kulturen und Lebensweisen führte dazu, dass sie ihr diplomatisches Amt mit Spaß und Motivation antrat. Die internationalen Beziehungen zu stärken sah ich damals wie auch heute noch als richtigen Weg für die Zukunft″, verdeutlicht Lynne Köhler ihren Antrieb, ihren Beitrag zu der noch jungen deutsch-englischen Städtepartnerschaft zu leisten.

Unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs und seiner katastrophalen Folgen wurden insbesondere in den Siebzigern viele europäische Städtepartnerschaften etabliert. Das Ziel: Mehr Völkerverständigung. Zwischen verschiedenen Nationen soll durch die Partnerschaften der kulturelle Austausch, aber auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit gestärkt werden. Auch für Lynne Köhler ist die internationale Kooperation ein elementarer Bestandteil der heutigen Zeit: Der kulturelle Austausch ist wichtig, um einander näherzukommen und so Vorurteile und kulturelle Stereotype abbauen zu können″, betont sie. Als Botschafterin organisierte sie in Osnabrück Gruppenbesuche, stellte Kontakte zwischen deutschen und englischen Unternehmen her, unterstützte kulturelle Verbindungen und Schulpartnerschaften und Austauschprogramme. Außerdem gab sie Bürgern Hilfestellung bei der Planung von Reisen nach Derby beziehungsweise Osnabrück, vermittelte Unterkünfte, stellte Kontakte für Praktika her und ging Dolmetschertätigkeiten nach.

Der für ein Jahr geplante Auslandsaufenthalt sollte ihr Leben und ihre Zukunftspläne nachhaltig verändern: Eigentlich hatte sie vor, nach dem Botschafterinnen-Jahr zurück nach Derby zu gehen und dort Deutsch und Französisch zu studieren ein Plan, der sich schnell änderte, als sie einen Osnabrücker kennenlernte und sich entschied zu bleiben. Obwohl die Osnabrücker allgemein als stur gelten, habe ich von Anfang an viel Hilfe und Offenheit erfahren, daher fiel die Entscheidung hierzubleiben natürlich viel leichter″, erinnert sich Lynne Köhler, die heute in Georgsmarienhütte lebt. Inzwischen hat sie mit ihrem Mann vier Töchter großgezogen. Ihre Jüngste betreibt ein Übersetzungsbüro, in dem sie mitarbeitet.

Für Lynne Köhler, geborene Atkin, hat der Austausch von Städtebotschaftern ihr weiteres Leben geprägt. Umso trauriger ist sie darüber, dass er zuletzt zumindest teilweise abgeschafft wurde. Die über 40-jährige Partnerschaft zwischen Osnabrück und Derby erhielt 2016 einen deutlichen Dämpfer, als die britische Seite wegen der angespannten Haushaltslage den Austausch von Städtebotschaftern einseitig aufkündigte. Wenig später votierte die Mehrheit der Briten auch noch für den Brexit, also den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Die europäische Idee und das Streben nach internationaler Zusammenarbeit mit europäischen, aber auch außereuropäischen Ländern scheinen in Großbritannien, aber auch in Deutschland aktuell für immer mehr Menschen nicht mehr sonderlich attraktiv zu sein.

So besteht die Städtepartnerschaft mit Derby zwar weiterhin, die Engländer nehmen aber keinen Städtebotschafter aus Osnabrück mehr bei sich auf. Auch ein Appell von Osnabrücks Oberbürgermeister Wolfgang Griesert an die Adresse seines Amtskollegen in Derby, die Botschafterstelle nicht zu streichen, konnte an der Sparentscheidung des Rates der mittelenglischen Stadt nichts ändern.

Das ist schlimm und setzt ein falsches Zeichen″, findet Lynne Köhler, insbesondere in einer Zeit, in der weltpolitisch sowieso alles wackelt″. Es sei ein Fehler, dass Städte und Länder als Allererstes in diesen Bereichen zu sparen versuchten, obwohl es doch so wichtig sei, die innereuropäischen Beziehungen aufrechtzuerhalten. Ich selbst fühle mich auch nicht deutsch oder englisch, sondern europäisch.″

Bildtext:
Lynne Köhler war die erste Städtebotschafterin aus Derby.

Foto:
Egmont Seiler
Autor:
Laura Lehmkuhl


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