User Online: 3 | Timeout: 15:19Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Heftiger Streit um Pastors Garten
Zwischenüberschrift:
Osnabrück braucht Bauland: Evangelische Kirche legt sich am Schölerberg mit Nachbarn an
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Die evangelische Kirche in Osnabrück will die Hälfte eines Pfarrgartens als Bauland verkaufen sehr zum Missfallen einer Nachbarin. Ein Streit, der den Zielkonflikt städtischer Wohnbaupolitik wie unter einer Lupe zeigt.

Osnabrück. Das Grundstück des Pfarrhauses an der Heckerstraße am Schölerberg umfasst gut 1000 Quadratmeter. Das kinderlose Pastorenehepaar, das das Pfarrhaus bewohnt, ist gern bereit, auf einen Teil des großen Gartens zu verzichten. Und so entschied der Vorstand der Südstadtkirchengemeinde schon 2014, etwa die Hälfte des Grundstücks als Bauland zu verkaufen.

Die Kirchengemeinde kann das Geld natürlich gut gebrauchen, daraus macht Gemeinde-Geschäftsführer Ulf Jürgens gar kein Geheimnis. Nicht minder wichtig sei aber das Argument, dass in der Stadt Bauland gebraucht wird. Aus kirchlicher Sicht halten wir es für nicht vermittelbar bei der Not nach Wohnraum, dass zwei Personen ca. 800 Quadratmeter Gartenfläche zur Verfügung haben″, heißt es in einem Schreiben des Kirchenvorstandes an die Nachbarn in der Heckerstraße. Es habe sich eine Familie gefunden, die in diesem Jahr mit dem Bau eines Einfamilienhauses beginnen wolle. Weil das Naturschutzgesetz eine Rodung nur bis Ende Februar erlaube, habe der Baumbestand jetzt gefällt werden müssen.

Als der künftige Bauherr vorige Woche professionelle Baumfäller in den Pfarrgarten führte, stellte sich ihnen eine Nachbarin in den Weg. Sabine Münz lebt seit vier Jahrzehnten in einem Reihenhaus, aus dem sie einen freien Blick auf die kleine Oase″ hat, wie sie sagt. Sie wirft der Kirchengemeinde vor, sich in unvergleichlich arroganter Art über alle Interessen der Anwohner hinweggesetzt″ zu haben.

Das Gespräch im Garten eskalierte. Der Bauherr rief Geschäftsführer Ulf Jürgens herbei, der schließlich die Polizei um Schlichtung bitten musste. Das war sehr unschön″, sagt Jürgens.

Das Nachbarschaftsverhältnis zwischen der Kirchengemeinde und dem Pastor auf der einen und Sabine Münz auf der anderen Seite ist seit Jahren angespannt. 2014, als die Verkaufsabsichten im Pfarrblatt der Südstadtgemeinde veröffentlicht wurden, stellte Münz namens der Nachbarn bei der Stadt einen vorsorglichen Antrag auf Nachbarschaftsbeteiligung″. Sie befürchtete einen totalen Kahlschlag″, sollte in dieser ohnehin engen Straße eine Bebauung zugelassen werden.

Bis heute liegt der Baubehörde keine Bauvoranfrage oder ein Bauantrag vor, wie Fachbereichsleiter Franz Schürings sagt. Der Bebauungsplan 902 enthält für die umstrittene Fläche zwei Klassifizierungen als allgemeines Wohngebiet und für den Gemeinbedarf. Letzteres gründet sich auf der Tatsache, dass sich nebenan das Familienzentrum der Kirchengemeinde befindet. Um bauen zu können, muss der Kaufinteressent eine Befreiung vom Gemeinbedarf beantragen, worüber das Bauamt entscheidet. Sabine Münz empfindet das ganze Verfahren als intransparent″ und dubios″.

Der Streit spiegelt den Kernkonflikt der städtischen Baupolitik wider. Die Stadt soll wachsen. Bis 2020 sollen 3000 Wohneinheiten zusätzlich geschaffen werden, auch um die Stadt finanziell langfristig zu konsolidieren. Im Auftrag des Rates begann das Bauamt schon vor Jahren damit, nach innerstädtischen Flächen zu suchen, die für eine Nachverdichtung geeignet scheinen. Das Bauen in zweiter Reihe hat Priorität vor einem Landschaftsverbrauch am Stadtrand. Die Kehrseite dieser Politik: Mancher Nachbar muss mit ansehen, wie eine grüne Insel vor seinem Wohnzimmerfenster zur Baustelle wird.

Das geschieht nun auch an der Heckerstraße. Der Kirchenvorstand zeigt sich in seinem Schreiben einsichtig und bittet um Verständnis. Mit der Bebauung werde sich das Bild in der Nachbarschaft spürbar verändern, heißt es in dem Schreiben. Wir sind uns der Problematik bewusst: Naturraum geht verloren, Bautätigkeiten kündigen sich an.″ Aber zum einen habe das Grundstück eine unangemessene Größe″, zum anderen gewinne die Kirchengemeinde einen finanziellen Spielraum, den sie gut gebrauchen könne.

Sabine Münz beschreibt das in einer E-Mail an die Stadt anders: Der Pfarrgarten sei ein Refugium für Tiere und seltene Vögel wie Wacholderdrosseln, Schwanz- und Tannenmeisen, sogar Kernbeißer″ gewesen. Aus Profitgründen″ solle nun auch der letzte freie Streifen versiegelt werden″, was die Wohnsituation dramatisch″ verschlechtere.

Wohnung gesucht? Machen Sie sich schlau auf noz.de/ immo-os

Bildtext:
Der Pfarrgarten an der Heckerstraße soll Bauland werden gegen den scharfen Protest einer Nachbarin. Die Polizei musste anrücken, damit die Baumfäller ans Werk gehen konnten.

Foto:
Wilfried Hinrichs
Autor:
Wilfried Hinrichs


Anfang der Liste Ende der Liste