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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Der Steckrübenwinter
Zwischenüberschrift:
Februar 1917: Sibirische Kälte, Kohlenmangel, Wölfe überfallen Soldaten
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Der strenge Kriegswinter 1916/ 17 bringt Deutschland an den Rand einer Hungerkatastrophe. Dank des ländlichen Umfelds ist Osnabrück zwar nicht so stark betroffen wie etwa das Ruhrgebiet. Aber die Versorgungslage bleibt auch im Lokalteil der Osnabrücker Zeitungen Thema Nummer eins.

Osnabrück. Die Reichskartoffelstelle hat mit Kartoffeln kaum noch zu tun, weil es so gut wie keine mehr gibt. Sie propagiert Steckrüben als Ersatz. Alle Tageszeitungen sind angehalten, Kochvorschriften″ für Steckrübengerichte regelmäßig zu veröffentlichen, etwa für Steckrüben-Pickert, Steckrübenklöße und Steckrübensalat. Neben dem vermehrten Sofortverbrauch wird auf das richtige Dörren hingewiesen, bei dem die wesentlichen Inhaltsstoffe erhalten bleiben. Die Musküche an der Süsterstraße dörrt, und auch die Bäckereigenossenschaft, Hasestraße 7, bietet das Lohn-Dörren an. Die Steckrüben müssen geputzt und geschnitten eingeliefert werden. Der Hausfrauenbund bietet Kochvorführungen mit Steckrüben in der Bierstraße 14 bei Trentmann und in der Volksküche Meller Straße 2 an. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit. Bis zu 150 Frauen drängen sich in die Einrichtungen und lauschen den Expertinnen, die ihnen die Gerichte erklären und manches Praktische erläutern. Teller und Löffel sind mitzubringen, damit man Kostproben nehmen kann.

Kohlenmangel

Kohlen werden knapp. Auf der einen Seite ist der Bedarf durch die Kälte erheblich gestiegen, andererseits herrscht Waggonmangel bei der Bahn, weil das Militär sie für Nachschubtransporte braucht. Und nun sind auch noch die Kanäle zugefroren. Auf dem Stichkanal stecken mehrere Kohlenschiffe fest. Die Bergwerke haben, wie zu hören ist, genügende Vorräte, aber der Transport ist das Problem. Der Magistrat weist die Kohlenhändler an, Kohlen und Koks nur in Mengen bis höchstens einen Zentner auf einmal an Familien abzugeben, während für Großbetriebe und Zentralheizungsanlagen bis zu 25 Zentner abgegeben werden dürfen.

Das Osnabrücker Tageblatt″ bringt eine Anregung aus dem Leserkreis vor: Warum wird nicht das benachbarte Steinkohlenbergwerk Ibbenbüren in Anspruch genommen? Wenn Stadt- und Militärverwaltung übereinkämen, Gespanne der hier garnisonierenden Artillerie eine Anzahl Kohlenfuhren von Ibbenbüren nach Osnabrück befördern zu lassen, so könnte der größten Not doch sicherlich abgeholfen werden. Und es würde unseren Artilleristen in der Bürgerschaft unvergängliche Sympathien eintragen″, meint ein Leser. Eine Folge der Kohlenknappheit: Im Interesse der Kohlen- und Licht-Ersparnis werden wir bis auf Weiteres unsere Geschäftsräume für den Verkehr nachmittags gänzlich geschlossen halten″, teilen in einem gemeinschaftlichen Inserat Barmer Bank-Verein, Deutsche Nationalbank und Osnabrücker Bank mit.

Sibirische Kälte

Mitte Februar fallen die Temperaturen in Osnabrück auf minus 18 Grad. Nicht alle verfluchen die sibirische Kälte: Die Eisbahnen üben eine große Anziehungskraft aus. Tausende vergnügen sich auf der glatten Fläche hinter dem Schlachthof. Auch die Rodelbahnen am Harderberg und an der alten Frankfurter Straße bieten jetzt ein äußerst belebtes Bild″, schreibt das Tageblatt″. Die Ernte von Natureis, das in diesem Jahr von vorzüglicher Beschaffenheit ist, geht ungestört vonstatten, so daß die Erzeugung künstlichen Eises zum großen Teil wird unterbleiben können″.

Soldaten jagen Wölfe

Nicht nur Menschen leiden Hunger, auch die Wölfe. An der Ostfront sind sie wiederholt in die russischen Frontstellungen in Polen eingefallen. Ihre Anzahl ist mitunter so groß, dass die Russen gezwungen gewesen sind, zur Abwehr der Raubtiere mit MGs zu schießen. In einigen Fällen haben russische und deutsche Soldaten gemeinsame Sache gemacht, um die außergewöhnlich wilden Wölfe zu vertreiben. So haben sich vor Kurzem russische und deutsche Erkundungsabteilungen getroffen und sind in ein heftiges Gefecht verwickelt, als plötzlich ein großes Rudel Wölfe auf dem Kampfplatz erscheint. Die Feindseligkeiten werden sofort eingestellt, und beide Parteien vereinigen sich zu einer Wolfsjagd. Die Wölfe werden vertrieben, und die Soldaten kehren in ihre Laufgräben zurück.

Die Niedersächsische Kraftwerke AG Osnabrück (Nike) wirbt um neue Stromkunden, die damals noch Lichtabnehmer″ heißen: Um bei dem andauernden Mangel an Petroleum die Einführung der elektrischen Beleuchtung weiteren Kreisen zu ermöglichen, werden wir solchen bisher nicht an unser Netz angeschlossenen Lichtabnehmern, deren erstmalige Stromanmeldung bis zum 30. Juni bei uns eingeht, freien Strombezug bis zum 31. 12. 1917 gewähren. Bedingung ist, dass der Anschluss an unsere bestehenden Ortsnetze durch eine normale Hausanschlussleitung bis 50 Meter Länge erfolgen kann.″

Münzgeld ist knapp. Es hängt mit der Verteilung der Lebensmittel in kleinen und kleinsten Mengen, also einer großen Anzahl von Kaufvorgängen über geringe Summen, zusammen. Die Verkaufsstellen können auf Papiergeld nicht mehr herausgeben. In dieser Situation wendet sich der Hausfrauenbund an die Kinder. In deren Spardosen verschwänden so viele kleine Geldstücke, um erst nach längerer Zeit oft erst, wenn die Dose ganz gefüllt ist wieder in den Verkehr gebracht zu werden. Ihr Kinder, öffnet jetzt eure Spardosen und tauscht in den Geschäften die kleinen Münzen gegen größere oder Geldscheine um!

So war es früher:

Berichte aus dem alten Osnabrück auf noz.de/ historisch-os

Serie Vor 100 Jahren

Bildtext:
Rübenernte in der Grafschaft Bentheim. Das Foto aus dem Archiv des Heimatvereins Emlichheim ist erschienen in: Bernd Robben/ Helmut Lensing: Wenn der Bauer pfeift, dann müssen die Heuerleute kommen! Betrachtungen zum Heuerlingswesens in Nordwestdeutschland″, Haselünne, 2014.
Autor:
Joachim Dierks


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