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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Plädoyer für eine autogerechte Stadt
 
Für Riesenparkhaus statt Einkaufscenter
 
Grüne reagieren mit Spott
Zwischenüberschrift:
Wissenschaftler rät zur autogerechten Stadt und digitalen Aufrüstung
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Professor Gerrit Heinemann hat seine Zuhörer im Rathaus verblüfft. Der Handelsexperte würde in Osnabrück kein Einkaufszentrum bauen, sondern das größte Parkhaus der Welt″. Zudem fordert er massive digitale Aufrüstung.

Er war Manager, ist jetzt Wissenschaftler, Handelsexperte und würde in Osnabrück kein Einkaufszentrum bauen, sondern das größte Parkhaus der Welt″: Professor Gerrit Heinemann hat seine Zuhörer im Rathaus verblüfft.

Osnabrück. Der gebürtige Osnabrücker, der zunächst als Manager im Handel und dann als Wissenschaftler Karriere machte, kennt nach eigenen Worten den Einzelhandel und fast jede Stadt in Deutschland sehr genau″. Er referierte am Mittwochabend auf Einladung der CDU-Fraktion über die Zukunft der Städte und des Internethandels und plädierte für eine massive digitale Aufrüstung des stationären Handels, für die autofreundliche Stadt und eine Politik, die dem Handel eine maximale Bewegungsfreiheit gibt.

Draußen nur Kännchen

Heinemann räumte rigoros mit dem Irrglauben″ auf, das digitale Universum″ sei im Handel schon wieder auf dem Rückzug und eine Renaissance der Innenstädte stehe bevor. Im Gegenteil. Eine besondere Herausforderung werde der hybride Onlinehandel″ werden. Darunter fasst er die Einkäufe zusammen, auf die sich Kunden durch Internetrecherche vorbereitet haben.

Dieser internetbasierte Einkauf″ nimmt heute bereits 40 Prozent des gesamten Handelsumsatzes ein und wird 2025 nach seiner Einschätzung auf mindestens 60 Prozent anwachsen.

Für einen Einzelhändler bedeute das: Er muss ein digitales Schaufenster haben. Er muss für potenzielle Kunden auf dem Smartphone sichtbar sein, der Kundschaft in Echtzeit anzeigen, ob die gewünschten Artikel verfügbar sind, wo Parkplätze zur Verfügung stehen und wie andere Kunden das Produkt bewerten. 70 Prozent der Kunden, so Heinemann, halten sich inzwischen für besser informiert als das Verkaufspersonal.

Heinemann hielt dem Einzelhandel einen Spiegel vor. Studien hätten gezeigt, dass der stationäre Handel Kundenorientierung anders definiere als der Kunde selbst. Das ist wie in den Fünfzigerjahren: Draußen nur Kännchen″, beschrieb der Wirtschaftswissenschaftler dieses Phänomen, wenn Händler die Servicewünsche der Kundschaft einfach ignorieren oder falsch einschätzen. Das Problem sei: Der Kunde hat jetzt eine Alternative: Er kauft im Internet.″

Die Antwort eines großen Teils des deutschen Einzelhandels bewertete Heinemann als erschütternd″. Von den großen, namhaften Handelskonzernen sei ein Viertel online nicht auf der Höhe der Zeit. Wofür kriegen diese Manager eigentlich ihr Geld?″, fragte er.

Der Umsatz im Einzelhandel stagniere, so Heinemann. Der Kuchen werde nicht größer, sondern anders verteilt. Metropolen werden nach seiner Prognose an Bevölkerungszahl und Umsatz zulegen, Städte mit unter hunderttausend Einwohnern zu den Verlierern zählen.

Heinemanns zehn Rezepte für den Handel:
1. Chancengleichheit. Der Handel brauche mehr Flexibilität bei den Öffnungszeiten.2. Parkplätze und Infrastruktur. Wenn die Parkgebühr die Höhe der Versandkosten erreicht, kommen die Kunden nicht mehr in die Stadt, so Heinemanns These. Park & Ride habe nicht funktioniert und werde nicht mehr zu beleben sein. Heinemann warnte davor, Autos aus der Stadt zu verbannen. Er verwies auf Holland: Dort werden Autos zum Parken unter die Erde geleitet.3. Digitale Aufrüstung. Freies W-Lan überall in der Stadt. 4. Showroom statt Beratung. Die Eigenwerbung mit hoher Beratungsqualität und Erlebniseinkauf habe offenbar nicht gefruchtet, sonst wäre der Onlinehandel nicht so stark geworden. Eine Konsequenz könne sein, Kosten für Verkaufsflächen und Per- sonal zu minimieren.5. Lokale Nähe. Der stationäre Händler könne zum Kunden fahren und ihm daheim Zeit zur Entscheidung geben. Häufigste Kritik am Onlinehandel ist, dass der Bote zu schnell wieder weg ist″, sagte Heinemann.6. Großflächigen Handel in der Innenstadt ermöglichen.7. Lebensmittel- und Fachmärkte in die Innenstädte holen. Dazu müsse die Stadt befahrbar sein.8. Professionelles Mietermanagement. Ein Centermanager denke laufend über seinen Mietermix nach, das müsse auch eine Stadt tun Grundsatz: Die ganze Stadt ist ein Einkaufszentrum.9. Vorsicht mit Einkaufscentern. Heinemann bezweifelt, dass ein Einkaufszentrum weitere Kunden nach Osnabrück locken würde. Um eine Magnetwirkung zu haben, brauchte es mindestens 50 000 Quadratmeter. Das geplante Center am Neumarkt hat im ersten Schritt 16 500 Quadratmeter. 10. Arbeitsteilung. Nicht jede Stadt sollte den Anspruch haben, Einkaufsstadt zu sein. Warum nicht eine schöne Schlafstadt sein?
Ebay als Partner

Die Kaufleute und Verkehrsexperten unter der Zuhörerschaft im Rathaus brauchten ein wenig, die provokanten Thesen zu verdauen. Die Diskussionen drehten sich vor allem um das größte Parkhaus der Welt″, das er am Neumarkt bauen würde, und die Erreichbarkeit der Innenstadt. Auch das lokale Ebay-Modell Mönchengladbach, das der Professor vorstellte, sorgte für Gesprächsstoff. In Mönchengladbach haben sich 70 Händler auf einer lokalen Ebay-Plattform zusammengefunden und auf Anhieb einen zusätzlichen Umsatz von durchschnittlich 90 000 Euro erzielt.

Die Neumarkt-Story: Themenseite auf noz.de/ neumarkt

Bildtexte:
Der Neumarkt Standort für„das größte Parkhaus der Welt″? Der Wirtschaftswissenschaftler Gerrit Heinemann befeuert mit seiner Forderung nach einer autogerechten Stadt die Neumarkt-Debatte neu

Dr. Gerrit Heinemann, Ex-Manager und Wirtschaftswissenschaftler mit Osnabrücker Wurzeln.

Foto:
Michael Gründel, S. Hehmann

Osnabrück. Die Ratsfraktion der Grünen hat am Donnerstag mit Spott auf die Thesen Gerrit Heinmanns reagiert. Mit Osna Helau″ ist eine Stellungnahme überschrieben. Die Grünen betrachten den auf der öffentlichen CDU-Fraktionssitzung geäußerten Vorschlag zum Bau des weltgrößten Parkhauses″ am Neumarkt als gefährlichen und gesundheitsgefährdenden Karnevalsscherz″. Am Aschermittwoch waren wohl noch nicht alle Gedanken wieder klar sortiert, denn ernsthaft kann ein solcher Vorschlag ja wohl kaum gemeint sein″, so der Fraktionsvorsitzende Michael Hagedorn.

Dann wird Hagedorn ernst und verweist auf das mit 12 400 Plätzen größte Parkhaus Deutschlands am Frankfurter Flughafen. Von dem städtebaulichen Irrsinn eines solchen Monstrums am Neumarkt einmal abgesehen: Wer ernsthaft einer Vervielfachung der Parkplätze in der Innenstadt und der damit einhergehenden Ausweitung der Verkehrsbelastung das Wort redet, der lässt die Stadt zu einem riesigen Drive-In-Outletcenter verkommen, in der Wohnen und Leben endgültig unmöglich wird.″ Osnabrück leide schon jetzt unter der Stickstoffdioxid-Belastung, die Werte für Ozon sowie Feinstaub lägen nur knapp unter den gesetzlichen Grenzen, so Hagedorn. Statt sich mit Schmalspur-Experten zu unterhalten, sollte die CDU sich endlich einmal Experten für Stadtentwicklung einladen und diskutieren, wie man die Lebensqualität steigert und gleichzeitig eine lebendige Innenstadt entwickelt, in der auch der Handel gedeiht.″
Autor:
hin, pm


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