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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
CDU-Wahlversprechen wird viel teurer als geplant
Zwischenüberschrift:
Mindestens 1,5 Millionen Euro, aber Kosten für Berufsschüler nicht enthalten – Bäumer hält am Vorhaben fest
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Das Wahlversprechen der CDU im Kreis Osnabrück, dass Oberstufenschüler bald kostenlos mit dem Bus zur Schule fahren, wird deutlich teurer als geplant. CDU-Fraktionschef Martin Bäumer ging im Wahlkampf von weniger als einer Million Euro aus. Der Kreis schätzt die Kosten jetzt aber auf mindestens 1, 5 Millionen Euro.

Allein die prognostizierten Einnahmeausfälle von kostenlosen Bustickets, die durch die finanzierten Fahrkarten künftig nicht mehr gekauft werden müssten, würden bei mehr als 800 000 Euro liegen. Im laufenden Schuljahr 2016/ 17 gibt es 930 selbst zahlende Käufer von Abo-Karten für ein Schuljahr in den Jahrgängen 11 und 12. Das entspräche bereits einem Einnahmeausfall von mehr als einer halben Million Euro. Sobald an den Oberstufen aber wieder ein 13. Jahrgang unterrichtet wird, kann demzufolge von rund 1400 Schülern ausgegangen werden, die das Abo in der durchschnittlichen Tarifstufe von 52, 50 Euro monatlich abschließen würden. Der Einnahmeausfall würde dementsprechend 800 000 Euro betragen, die der Landkreis zu kompensieren hätte. Hinzu kämen allerdings einzeln verkaufte Fahrscheine und Monatskarten in zurzeit nicht bezifferbarer, aber voraussichtlich erheblicher Höhe. Das geht aus einer Stellungnahme der Kreisverwaltung auf eine Anfrage der Grünen-Kreistagsfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Bei diesen Kosten alleine bliebe es aber nicht. Schließlich würden mehr Schüler als bislang den Bus nutzen, wenn dieser für sie kostenlos wäre. Wie viele, lässt sich noch nicht abschätzen. Kreisrat Winfried Wilkens prognostiziert: Allerdings reicht bei den Verkehren zu und von den Oberstufenstandorten unter Umständen schon eine kleine Anzahl von zusätzlichen Fahrgästen aus, die heute schon oft an der Kapazitätsgrenze fahrenden Busse zu überlasten. Es müssten also voraussichtlich zusätzliche Busse bereitgestellt werden.″ Da pro Bus Jahreskosten in Höhe von rund 50 000 Euro anfallen und man für jeden der neun Oberstufen-Standorte im Landkreis (Bad Essen, Bad Iburg, Bersenbrück, Bramsche, Fürstenau, Georgsmarienhütte, Melle, Osnabrück und Quakenbrück) im Schnitt je anderthalb zusätzlich benötigte Busse annehme, schätzt Wilkens die Jahreskosten in Höhe von rund 675 000 Euro. So geht der Landkreis von insgesamt mindestens 1, 5 Millionen Euro aus, schätzt die Kosten aber eher auf rund zwei Millionen Euro.

In dieser Summe noch nicht enthalten ist ein kostenloser Busverkehr für die Schüler der Berufsbildenden Schulen (BBS) im Landkreis Osnabrück. Vor einer Entscheidung über die Ausdehnung der Anspruchsberechtigung auf diese Zielgruppe ist die Erarbeitung zumindest von Schätzgrößen dringend anzuraten, weil es im Landkreis Osnabrück insgesamt 9800 BBS-Schüler gibt, davon 3300 Vollzeitschüler an den öffentlichen Berufsbildenden Schulen in Stadt und Landkreis ″, schreibt Wilkens in seiner Stellungnahme. Er rät, Oberstufen- und BBS-Schülern nicht kostenloses Busfahren zu ermöglichen, sondern den Bustarif für diese Schüler zu reduzieren.

CDU-Fraktionschef Martin Bäumer hält die Umsetzung seines Wahlversprechens jedoch nach wie vor für realistisch. Es ist immer die Frage, wie man das am Ende darstellt. Ich habe am Freitag Gespräche mit einem Busunternehmen geführt. Neue Busse wären nicht zwangsläufig nötig.″ Außerdem seien kostenlose Busfahrten für Berufsschüler mit einem entsprechenden Einkommen nicht unbedingt notwendig, für Berufsschüler, die für ihre Ausbildung kein Geld bekommen, hingegen schon. Zudem gebe es auch noch die zusätzlich 700 000 Euro, die der Landkreis vom Land für die Verbesserung des Busverkehrs bekomme.

SPD-Fraktionschef Thomas Rehme machte aber bereits deutlich: Es sollten nicht sämtliche Landesmittel von 705 000 Euro ausschließlich für die kostenfreie Schülerbeförderung verwendet werden. Der Landkreis hat im öffentlichen Nahverkehr auch noch andere Dinge als die Schülerbeförderung zu leisten.″ Nach der ersten Kostenschätzung des Landkreises konstatierte Rehme: Für weniger als eine Million ist das wohl nicht zu machen.″ Man müsse genau prüfen, wie teuer die Freifahrten wirklich würden, und auch mit den Busunternehmen sprechen. Er betonte: Es ist auch die Frage, ob man alles gleichzeitig macht, kostenlose Busfahrten für Oberstufenschüler, Berufsschüler und kostenlose Schülerfreizeitkarte, vielleicht kann man ja auch schrittweise eins nach dem anderen machen.″

Wir haben von Anfang an befürchtet, dass es sich nur um Wahlkampfgetöse handelt″, sagte Grünen-Fraktionschef Rainer Kavermann. Er habe den Antrag an die Kreisverwaltung gestellt, die Kosten zu berechnen, um Herrn Bäumer beim Wort zu nehmen. Er hatte im Wahlkampf gesagt, dass er nichts fordert, was nicht zu finanzieren ist. Das stellt sich jetzt leider etwas anders dar.″ Den Grünen gehe es weiterhin darum, den Nahverkehr zu stärken.

FDP-Fraktionschef Matthias Seestern-Pauly begrüßt nach wie vor die ursprüngliche Initiative der Jungen Liberalen Niedersachsen und des Landesschülerrates zur kostenlosen Schülerbeförderung für Oberstufen- und Berufsschüler, die auch Bäumer mit seiner Forderung aufgegriffen habe. Die Politik müsse sicherstellen, dass alle jungen Menschen ihre schulischen Potenziale voll ausschöpfen können. Das dürfe nicht vom elterlichen Portemonnaie abhängen. Wichtig ist für uns, dass eine tragfähige und verlässliche Lösung im Sinne der Schüler gefunden wird″, betonte Seestern-Pauly und fügte hinzu: Klar ist, dass wir dieses Thema weiter nach vorne bringen wollen, um zu einer zeitnahen Lösung zu kommen.″

UWG-Fraktionschef Sebastian Gottlöber sieht den kostenlosen Schülertransfer im Sinne des Rechtes auf Bildung als keine schlechte Idee″ an, er schränkt aber ein: Übersteigen diese die Zuwendungen des Landes bei Weitem, stünde die UWG einer Umsetzung des Vorschlages von Martin Bäumer kritisch gegenüber.″

AfD-Fraktionschef Martin Krieger empfahl, eine Bedürftigkeitsprüfung durchzuführen, wenn der kostenlose Busverkehr für Oberstufenschüler mit 700 000 Euro nicht komplett finanzierbar sei.

Linken-Fraktionschef Andreas Maurer beantragt, die anteilige Übernahme der Busfahrten für Oberstufen- und Berufsschüler vom Jahresnettoeinkommen der Eltern abhängig zu machen. Wenn dieses bei bis zu 30 000 Euro liege, sollten 100 Prozent der Kosten erstattet werden, wenn die Eltern bis zu 50 000 Euro pro Jahr einnehmen, solle 75 Prozent und wenn sie bis zu 70 000 Euro verdienen, sollten 50 Prozent der Fahrtkosten erstattet werden.

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Kommentar:

Das Spiel mit der Glaubwürdigkeit

Jetzt müssen Taten folgen. Wer so kurz vor der Kommunalwahl die kostenlose Beförderung von Oberstufen- und Berufsschülern fordert und gleichzeitig verspricht, dass sich die Kosten in Grenzen halten werden, der muss nach der Wahl auch zeigen, dass dieses Wahlversprechen umsetzbar ist.

Nicht nur die Opposition, auch die SPD hatte Bedenken, ob das Wahlversprechen des CDU-Fraktionschefs Martin Bäumer realisierbar ist. Er hatte zwar richtig prognostiziert, dass die vom Landkreis zunächst geplanten 22 Millionen Euro für die Flüchtlingsbetreuung wegen der rückläufigen Flüchtlingszahlen nicht anfallen werden und die Mehreinnahmen ausreichen würden, sein Wahlversprechen einzuhalten. Dann einigten sich die beiden großen Gruppen im Kreistag, CDU/ FDP/ CDW und SPD/ UWG, allerdings darauf, dass die Kommunen in diesem Jahr zusätzlich zehn Millionen Euro vom Landkreis bekommen.

Wie nun auch noch zusätzliche Millionen für die kostenlosen Busfahrten der Oberstufen- und Berufsschüler sowie die kostenlose Schülerfreizeitkarte aufgebracht werden sollen, erscheint rätselhaft.

Wenn Bäumers im Wahlkampf geäußerte Erwartung doch noch eintreffen sollte, dass sein Vorhaben für weniger als eine Million Euro zu realisieren ist, könnte er noch reüssieren und sein Vorhaben durchsetzen. Wenn die Schätzung des Landkreises aber zutrifft, dann hätte der CDU-Fraktionschef sich leichtfertig verspekuliert. Auf dem Spiel steht jetzt nicht nur seine persönliche Glaubwürdigkeit, sondern auch die der CDU im Landkreis.
Autor:
Jean-Charles Fays


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