User Online: 2 | Timeout: 09:46Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Falscher Name für ein Gymnasium?
 
Eine Schule, ein Name, ein Problem
Zwischenüberschrift:
Grüne und SPD halten Ernst Moritz Arndt als Namensgeber nicht mehr für vertretbar
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die Frage, ob der Name Ernst Moritz Arndt für eine Schule noch vertretbar ist, soll nach Ansicht der Osnabrücker Grünen und der SPD mit Schülern, Lehrern und Eltern des 1957 mit diesem Namen versehenen Gymnasiums im Schulzentrum Sonnenhügel diskutiert werden.

Der politische Publizist, Lyriker und Historiker war Abgeordneter in der Frankfurter Paulskirche und hat sich durch Judenhass, Fremdenfeindlichkeit und als strammer Nationalist hervorgetan. Eigenschaften, die ihn als Namensgeber für Bildungseinrichtungen in den Augen vieler untragbar machen. Die Universität Greifswald ehemals Ernst-Moritz-Arndt-Universität hat sich jüngst von ihrem Namenspatron losgesagt und damit die Diskussion auch in Osnabrück wiederaufleben lassen.

Damit war zu rechnen: Nachdem die Uni in Osnabrücks Partnerstadt Greifswald sich von ihrem Namen Ernst-Moritz-Arndt getrennt hat, werden auch in Osnabrück Stimmen laut, die fordern, das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium möge ebenfalls eine Namensänderung anstreben.

Osnabrück. Nachdem die Universität unserer Partnerstadt Greifswald den ihr 1933 nach der Machtübernahme der Nazis verpassten Namen abgelegt hat, halten wir es auch in Osnabrück für angezeigt, eine Diskussion zu führen, ob Ernst Moritz Arndt als Namensgeber eines Gymnasiums noch vertretbar ist″, heißt es in einem Schreiben der Grünen-Fraktion an den Schulleiter Harmut Bruns und die Gesamtkonferenz des EMA. Gleichzeitig sprechen die Grünen an Schüler, Lehrer und Eltern der Schule die Einladung aus, mit ihnen über den Namen des Gymnasiums zu diskutieren. Und auch der kulturpolitische Sprecher der SPD, Heiko Schlatermund, möchte unter Federführung der Verwaltung in eine Namensdiskussion mit Vertretern der Schule einsteigen.

Bundesweite Diskussion

Der umstrittene Namenspatron lebte von 1769 bis 1860. Der politische Publizist, Lyriker und Historiker war Abgeordneter in der Frankfurter Paulskirche. Freiheitskämpfer und Patriot, als solcher aber auch Franzosen- und Judenhasser Arndt liefert reichlich Stoff zur Diskussion. Und das nicht nur in Osnabrück. Etliche Schulen bundesweit sind nach ihm benannt, nicht wenige davon wie das Osnabrücker Gymnasium erst in den 50er-Jahren, in einer Zeit also, als der Kalte Krieg die Politik beherrschte und das geteilte Deutschland ein neues Selbstbewusstsein suchte, das es offensichtlich vielerorts in der Figur Ernst Moritz Arndts zu finden glaubte. Und überall wird der Name diskutiert. Das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium in Remscheid zum Beispiel ist mit dem Wunsch einer Namensänderung gescheitert. Der Stadtrat lehnte die Änderung in Städtisches Richard-von-Weizsäcker-Gymnasium″ im November 2005 ab.

Nun ploppt die Diskussion um den Namen Ernst-Moritz-Arndt in unregelmäßigen Abständen immer wieder auf. Entsprechend gelassen reagiert denn auch Schulleiter Hartmut Bruns. Sicher ist, dass die Schule den Namen heute nicht mehr bekommen würde″, stellt er fest. Sicher sei aber auch, dass sich die Schulgemeinschaft mit der Person Arndt immer wieder auseinandersetze. Unstrittig ist, dass er nationalistisch, franzosenfeindlich und antisemitisch argumentiert hat. Diese historischen Fakten sind auch uns am EMA bekannt und werden so im Geschichtsunterricht vermittelt″, heißt es auf der Homepage der Schule in einer Stellungnahme zu der nun wieder auflebenden Diskussion.

Man kann einen Namen aber auch nicht wechseln, wie die Unterwäsche″, so Bruns. Der Schulvorstand habe noch im vergangenen November über das Thema diskutiert. Ausgangspunkt sei die Bitte eines ehemaligen Schülers gewesen, die Namensdiskussion innerhalb der Schule aufzugreifen. Der Vorstand hat einstimmig beschlossen, diese Diskussion nicht zu führen und den Namen beizubehalten″, sagt Bruns.

Für Bruns ist eindeutig, dass sich die Schüler nicht über den Namen identifizieren, sondern vielmehr über das, was an der Schule geleistet werde. Und da steht für den EMA-Chef ganz klar das Thema Integration an vorderster Stelle. Mit einer Schülerschaft, die ihre Wurzeln in 54 Nationen hat, leiste das EMA wertvolle Integrationsarbeit. Für unsere Schüler ist Arndt kein Vorbild″, sagt Bruns. Der Geist des EMA sei ein ganz anderer als der, den Arndt verkörpert habe.

Historischer Kontext

Den Vergleich mit der Uni Greifswald mag Bruns so nicht gelten lassen. Dort sei die Diskussion von innen heraus erwachsen und nicht von außen an die Hochschule herangetragen worden. Sollte sich bei uns aus der Schüler- oder Lehrerschaft eine interne Diskussion über den Namen der Schule ergeben, so ist das auch für uns dann etwas ganz anderes″, so Bruns.

Bis dahin aber wird die Erklärung der Schule zu Ernst Moritz Arndt gelten, in der es unter anderem heißt: Das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium betrachtet die Namensgebung im Jahr 1957 im historischen Kontext der deutschen Teilung und sieht darin den Wunsch nach Überwindung dieser Teilung. Das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium gibt seiner Überzeugung Ausdruck, dass die Namensgebung nicht durch eine Umbenennung ungeschehen gemacht werden kann, sondern dass auch dieser Aspekt der Schulgeschichte einer kritischen Betrachtung bedarf.″

Sollte das EMA umbenannt werden? Diskutieren Sie mit auf noz.de/ os

Bildtext:
Ernst Moritz Arndt und Felix Nussbaum auf engem Raum: Für Befürworter einer Umbenennung des EMA hat diese Nachbarschaft im Schulzentrum Sonnenhügel ein deutliches Geschmäckle.

Ernst Moritz Arndt (1769– 1860) auf einem 1860 entstandenen Foto.

Foto:
Michael Gründel, picture-alliance/ IMAGNO

Kommentar:

Der falsche Patron

Die Grünen fordern die Auseinandersetzung mit der Person Arndt, der in seinen Werken unzweifelhaft Nationalismus, Fremdenhass und Antisemitismus das Wort geredet hat. Diese Forderung ist richtig, aber nicht neu und wird vom Osnabrücker EMA längst in vollem Umfang erfüllt.

Neu ist das politische Umfeld, in dem sie gestellt wird. Zuletzt schwappte die Namensdiskussion um das Osnabrücker Gymnasium vor zehn Jahren an die Oberfläche. Damals war die politische Landschaft in Deutschland und Europa noch eine andere. Marine Le Pen und Geert Wilders galten noch als politische Randfiguren, Björn Höcke und Frauke Petry waren noch gar nicht in Sicht.

Heute sind sie Realität, und es muss alles darangesetzt werden, ihren rassistischen und nationalistischen Argumenten die Basis zu entziehen. Dazu gehört auch, mögliche ideologische Vorbilder und das ist eben auch ein Ernst Moritz Arndt deutlich als das zu kennzeichnen, was sie sind Wegbereiter des Nationalsozialismus. Ein Namenspatronat für eine Schule und wenn es auch noch so kritisch diskutiert wird wird ein solches Bemühen immer konterkarieren, weil es eben nicht nur ein Stück Zeitgeschichte widerspiegelt, sondern stets auch Legitimation der in diesem Fall von Arndt formulierten ideologischen Inhalte darstellt. Sicher, Arndt war kein Nationalsozialist Hitler′scher Prägung. Wie auch, er hat weit vor dieser Zeit gelebt. Aber die Nazis haben sich seiner Ideen bemächtigt, sich auf ihn als patriotischen Deutschen″ berufen. Das darf nicht wieder passieren.
Autor:
dk


Anfang der Liste Ende der Liste