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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Den Rest des Essens einpacken? – Nein!
Zwischenüberschrift:
Restaurant verzichtet auf den Service aus Angst vor Schadenersatzklagen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Können Sie mir den Rest einpacken? Ein Osnabrücker Gastronom hat sich schweren Herzens entschieden, dieser Bitte seiner Gäste nicht mehr nachzukommen. Der Grund: Er befürchtet Schadenersatzklagen.

Diese Situation gibt es im Restaurant häufig: Das Essen schmeckt lecker, aber nach einer halben Portion ist der Gast eigentlich schon satt. In den letzten Jahren hat es sich in so einem Fall bewährt, das übrig gebliebene Essen mit nach Hause zu nehmen. Das schont den Geldbeutel und beugt der Verschwendung von Lebensmitteln vor. Sogar das Bundeslandwirtschaftsministerium unterstützt dieses Verhalten deshalb mit der Initiative Restlos genießen″.

Ein Osnabrücker Gastronom hat sich nun bewusst gegen die sogenannten Doggy Bags″ entschieden: Bei André Dierker im Rampendahl dürfen Gäste übrig gebliebenes Essen nicht mehr mit nach Hause nehmen. Seit rund sechs Wochen lehnen die Angestellten entsprechende Bitten höflich ab. Grund dafür ist laut Dierker die Hygiene.

Wir als erstellender Betrieb sind für unsere Lebensmittel haftbar″, so der Gastronom. Was im Restaurant selbstverständlich ist, wird zum Problem, wenn Gäste die Speisen mit nach Hause nehmen. Denn außer Haus ist nicht sichergestellt, dass die Kühlkette aufrechterhalten wird. Die Lebensmittel können verderben, wenn sie zu lange oder falsch gelagert werden. Wenn jemand nachweisen kann, dass er das Essen bei uns gekauft hat und davon krank geworden ist, steht ihm ein Schadenersatz zu″, sagt Dierker.

Lachs verdorben

Aufmerksam geworden ist er darauf erst vor Kurzem: Ein Gast habe sich ein Stück Lachs mitgenommen, ihn wohl mehrere Tage liegen lassen und sei dann von dem Essen krank geworden. In so einem Fall können sich Verbraucher an den Veterinärdienst des Landkreises Osnabrück wenden. Die Institution kontrolliert jährlich in rund 3000 gastronomische Betriebe, ob die Richtlinien der Lebensmittelhygiene eingehalten werden. Zusätzlich nimmt das Team um Jutta Breuer die Ermittlungen auf, wenn ein Gast nach dem Restaurantbesuch über gesundheitliche Beschwerden klagt.

Etwa 20 solcher Beschwerden liefen jedes Jahr auf, sagt Breuer. Wir müssen dann den Beweis antreten, dass von dem Betrieb eine Gefahr ausgeht.″ Konkret bedeutet das, dass der Inhaber die Abläufe in seiner Küche offenlegen muss. Wurden die vorgeschriebenen Kühltemperaturen eingehalten? Wie wird mit den Lebensmitteln umgegangen? Hat der Koch nachgemessen, ob die Gartemperatur erreicht wurde?

Manche Gastronomen bewahren auch Proben von den servierten Speisen auf, um sich im Falle einer Untersuchung abzusichern. Unser letztes Mittel bei einem wirklich bedenklichen Betrieb ist, die Bearbeitung und Abgabe von Lebensmitteln zu untersagen″, so Breuer. Ein Fall wie der von Gastronom Dierker ist ihr allerdings noch nie untergekommen. Für die Lebensmittelüberwachung endet die Sorgfaltspflicht des Gastronomen, sobald das Essen serviert wird.

Eine andere Sichtweise hat Anwalt Ansgar Kluge. Der Lebensmittelrechtler aus Hannover spricht in diesem speziellen Fall von einer Beweisproblematik: Im Zweifel muss nachgewiesen werden, dass das Essen zum Zeitpunkt der Abgabe einwandfrei war und das ist nicht immer möglich.″ Anders als bei der Untersuchung durch die Lebensmittelüberwachung reiche vor Gericht der Beweis nicht aus, dass der Gastronom grundsätzlich einwandfreie Speisen serviert. Es geht um das einzelne Stück Fisch, die Soße und die Beilage.

Gleichzeitig bewerten Gerichte allerdings auch die Mitschuld der Kläger. Der gesunde Menschenverstand sagt ja schon, dass man Fisch schnell verzehren sollte″, so Kluge. Wohl auch deshalb hat er noch in keinem vergleichbaren Fall verhandeln müssen. Solle es allerdings doch zu einem Urteil kommen, hängt die Höhe des Anspruchs vom jeweiligen Schaden ab. Das ist völlig unkalkulierbar″, sagt Kluge, insofern kann ich verstehen, dass der Gastronom sich gegen zivilrechtliche Klagen absichern will.″

Mit Unterschrift

Deshalb wird André Dierker übrig gebliebenes Essen vorerst selbst entsorgen, auch wenn er damit nicht glücklich ist: Ich befürchte natürlich, dass die Gäste unzufrieden sind.″ Dem Eindruck, er wolle den Gästen ihr bezahltes Essen vorenthalten, will er unbedingt entgegenwirken. Für mich wäre die einzige Alternative, jeden Gast unterschreiben zu lassen, dass er auf die Produkthaftung verzichtet″, sagt Dierker.

Bildtext:
Die Beste-Reste-Box″ der Bundesinitiative Restlos genießen″. Das Mitnehmen der Rest-Mahlzeit hat einen Haken, meint ein Osnabrücker Gastronom.

Foto:
Greentable
Autor:
Louisa Riepe


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