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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Winter-Garten vor dem „Gartenhaus″
Zwischenüberschrift:
Das Isolierhaus des Stadtkrankenhauses stand von 1939 bis 1991
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Als Infektionskrankheiten wie Pocken, Tbc, Scharlach und Diphtherie noch eine große Bedrohung darstellten, kam kein größeres Krankenhaus umhin, eine Isolierstation einzurichten. Die Städtischen Krankenanstalten unterhielten auf dem alten Krankenhausareal am Rißmüllerplatz das stadtbekannte Isolierhaus″. Es wich nach 1991 dem Steigenberger-Hotel Remarque.

Osnabrück. Das zwischen 1939 und 1942 errichtete, aber nicht vollendete Isolier- oder Infektionshaus wurde im Krieg nur wenig zerstört und konnte ab Ende 1946 seine Funktion erfüllen. In der Nachkriegszeit bürgerte sich der weniger abschreckende Name Gartenhaus″ ein. Es wurde nach der Verlegung des Krankenhauses auf den Finkenhügel als eines der ersten Gebäude im November 1991 abgerissen.

Erst nach Beginn der Einebnung meldete sich die Stadtratsfraktion der Grünen mit scharfer Kritik an dem Tabula-rasa-Vorgehen rings um das denkmalgeschützte Hochhaus zu Wort. Der Fraktionsvorsitzende Horst Simon sprach von einer völlig verfehlten Stadtentwicklungspolitik″, die gute bauliche Substanz″ vernichte und weder auf das Gesicht der Stadt noch auf den herrschenden Wohnraummangel Rücksicht nehme.

Immerhin: Neben dem siebengeschossigen Hochhaus (jetzt Stadthaus I) und dem alten Hauptgebäude (jetzt Stüvehaus/ VHS) erhielt auch das erste Blatternhaus″ Denkmalschutz. Es wurde 1866 kurz nach dem Hauptgebäude und ebenfalls im Rundbogenstil errichtet. Aufgrund der Blattern-Epidemie im Krieg 1870/ 71 reichten die Betten nicht aus und es kam ein Lazarett für Infektionskranke als Baracke″ zwischen Hauptgebäude und Blatternhaus″ hinzu. Später wurde das Blatternhaus″ als Apotheke, für die Kieferchirurgie und für die Verwaltung genutzt. Heute fungiert das efeuüberrankte historische Gebäude zwischen den Stadthäusern I und II als Sitz der Wirtschaftsförderung Osnabrück (WFO).

Doch zurück zum nicht mehr existenten Isolierhaus am nördlichen Rand des alten Krankenhausgeländes. Die Planungen für ein Absonderungshaus″ reichen bis ins Jahr 1934 zurück, wie in Erika Bergers Krankenhaus-Chronik Wer bürgt für die Kosten? nachzulesen ist. Damals galt die Faustregel, dass zehn Prozent der Betten für infektiöse Kranke vorzuhalten seien. Für das Stadtkrankenhaus bedeutete dies eine Soll-Zahl von 55. Die 18 Betten im alten Blatternhaus″ reichten also hinten und vorne nicht. Der in Krankenhausfragen als sachverständig geltende Leipziger Architekt Hubert Ritter erhielt 1936 den Planungsauftrag für den Neubau. Er sah im Erdgeschoss zehn Betten für hochinfektiöse Kranke und eine Tbc-Station mit 26 Betten vor, das Obergeschoss sollte eine Station für Scharlach- und Diphtherieerkrankte bekommen. Alle Krankenzimmer lagen auf der Südseite, die Nebenräume nach Norden. Im Erdgeschoss befanden sich Liegeterrassen″, im Obergeschoss zwei Besucherbalkons″.

Der erste Entwurf wurde wegen zu hohen Eisenbedarfs abgelehnt. Eisen und Stahl für die Rüstungsindustrie besaßen absolute Priorität. Ritter strich Eisenbewehrungen und - träger heraus, wo es nur ging, und schaffte so eine Reduzierung von 44, 2 auf 32, 5 Tonnen. Im Mai 1938 folgte die Baugenehmigung, im Frühjahr 1939 wurde die Baugrube ausgehoben, Ende Oktober war der Rohbau gerichtet. Doch dann stockte der Innenausbau durch kriegsbedingte Knappheit von Material und Arbeitskräften. Ende März 1941 waren endlich die Fenster und Türen eingesetzt. Bevor der erste Patient einziehen konnte, kam nach Luftangriffen im August 1942 der Räumungsbefehl. Die Stationen des Krankenhauses wurden nach Ohrbeck, Ostercappeln und Bad Essen evakuiert. Im Rohbau des Isolierhauses brachte man Zwangsarbeiter unter, die zur Trümmerräumung in der Stadt abkommandiert waren.

Nach dem Krieg wurde das Isolierhaus schnellstmöglich für seinen ursprünglichen Zweck zu Ende gebaut. Zunächst richtete man planwidrig″, wie bemängelt wurde, eine Abteilung für geschlechtskranke Frauen ein. Die zogen im April 1947 in die ehemalige Männervilla″ in der Knollstraße. Der Trakt war nun endlich frei für die Verlegung der Infektionskranken aus dem im Kloster Ohrbeck eingerichteten Interimskrankenhaus.

Im Laufe der Jahre hielten auch andere, nicht infektionskranke Patienten Einzug in das nun als Gartenhaus″ titulierte Isolierhaus, das viele Patienten wegen seiner Einbettung in die Grünanlagen und des weniger trubeligen Betriebs in einer überschaubaren Einheit sehr schätzten. Mit dem Umzug in das neue Krankenhaus am Rande der Stadt im Sommer 1991 verlor das Isolierhaus seine Daseinsberechtigung. Nach dem Abriss im November 1991 vergingen Jahre der Brache wegen einiger Querelen mit wechselnden Investoren, bis 1997 das Steigenberger Hotel Remarque″ auf dem Grund und Boden des alten Isolierhauses eröffnete.

Serie Zeitreise

Stadtgeschichte auf noz.de/ historisch-os

Bildtexte:
Das Gartenhaus″ am nördlichen Rand des Krankenhausgeländes, hier im Winter 1955, wurde wegen seiner freundlichen Einbettung in die Grünanlagen sehr geschätzt.

Seit 1997 nimmt das Steigenberger-Hotel Remarque in etwa die Stelle des Isolierhauses ein.

Das erste Isolierhaus auf dem Krankenhausgelände war das Blatternhaus″ von 1866. Foto (1990): Christian Grovermann, aus: Eva Berger, Wer bürgt für die Kosten?

Fotos:
Willi Urban (Archiv Edeltraut Urban), Joachim Dierks, Christian Grovermann,
Autor:
Joachim Dierks


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