User Online: 2 | Timeout: 11:02Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Tierschutz: Bauern gehen in Offensive
 
„Wir müssen uns verändern und sind bereit dazu″
Zwischenüberschrift:
Bauernverband präsentiert Positionspapier
 
Bauernpräsident Rukwiedruft zur Zusammenarbeit auf
Artikel:
Kleinbild
 
Kleinbild
Originaltext:
Osnabrück. Die deutschen Bauern wollen in der Diskussion um die Landwirtschaft der Zukunft in die Offensive gehen.

Im Interview kündigt Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied an, im Vorfeld der Grünen Woche″ unter dem Motto Veränderung gestalten″ ein Positionspapier zu präsentieren. Darin will sich die Landwirtschaft dazu bekennen, die vereinzelt vorkommende Schlachtung trächtiger Rinder abzustellen″. Zudem soll das Töten männlicher Eintagsküken schnellstmöglich beendet und stattdessen die Methode der Geschlechtsbestimmung im Ei verbindlich eingeführt werden, sobald die Technik praxisreif ist, sagte Rukwied. Der Bauernpräsident rief die Gegner intensiver Landwirtschaft zum Dialog mit den Bauern auf

Vor dem Beginn der Grünen Woche am Freitag in Berlin appelliert Bauernpräsident Joachim Rukwied im Interview an die Gegner intensiver Landwirtschaft: Lasst es sein mit Kampfbegriffen und Polarisierungen.″ Er ruft zur Zusammenarbeit auf.

Herr Rukwied, das staatliche Tierschutzlabel überschattet die Grüne Woche. Was, glauben Sie, kommt da auf die Landwirte zu?

Noch sind zu wenige Details bekannt, um das Label zu bewerten. Warten wir ab, was der Bundeslandwirtschaftsminister vorstellen wird. Für mich steht aber fest: Das staatliche Label darf die Initiative Tierwohl″ von Bauernverband und Lebensmitteleinzelhandel nicht gefährden. Unser Fokus liegt auch in den kommenden Jahren auf dieser Initiative. Wenn das staatliche Label so angelegt ist, dass es sich an einigen Stellen mit der Initiative Tierwohl verzahnen lässt, wäre das ein sinnvoller Ansatz.

Immer mehr Label und Initiativen für bessere Tierhaltung. Überfordert das den Verbraucher nicht?

Es hat schon viele Versuche gegeben, Label in den Markt zu bringen. In der Regel kamen diese nicht über einen Marktanteil von einem Prozent hinaus. Die Initiative Tierwohl ist hingegen ein Erfolg mit einem hohen Marktanteil: Wir gehen davon aus, dass wir bis 2020 jedes fünfte Schwein in Deutschland unter den hohen Standards der Initiative mästen. Wenn sich parallel Label etablieren, freut uns das, und wir begleiten diesen Prozess gerne.

Die Grüne Woche ist auch immer Plattform für die Gegner der Landwirtschaft, für die Sie stehen...

Ich sage unseren Kritikern: Lasst es sein mit Kampfbegriffen und Polarisierungen. Wir brauchen Lösungen! Und die bekommen wir nur dann hin, wenn wir zusammenarbeiten. Die Bauern sind bereit dazu. Deswegen werden wir auf der Grünen Woche unser Papier Veränderung gestalten″ vorstellen. Daran arbeiten wir seit vielen Monaten. Wir wollen das Signal geben: Wir sind bereit für Veränderungen.

Was steht drin in Ihrem Papier?

Es geht um unser Selbstverständnis, unsere Einstellung zur Nutztierhaltung und Weiterentwicklung der Landwirtschaft. So ist die vereinzelt vorkommende Schlachtung trächtiger Rinder abzustellen. Ebenso ist die Praxis der Tötung männlicher Eintagsküken schnellstmöglich zu beenden und stattdessen die Methode der Geschlechtsbestimmung im Ei verbindlich einführen, sobald sie praxistauglich ist. Im Ackerbau sind Pflanzenschutzmittel nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich einzusetzen.

In Westfalen hat der dortige Bauernverband die Offensive Nachhaltigkeit″ gestartet. In dem Papier dazu heißt es: Wir müssen uns verändern, weil wir als Berufsstand durch unsere Art der landwirtschaftlichen Erzeugung dazu beitragen, dass Boden, Wasser, Luft und Tiere […] geschädigt werden.″ Stimmen Sie zu?

Die Präsidenten der Bauernverbände in Deutschland haben diesen Satz diskutiert. Nach intensiver Diskussion steht fest, dass 17 der 18 Verbände diesen Satz nicht mittragen. Wenn Sie mich persönlich als Landwirt Joachim Rukwied fragen, dann entspricht dieser Satz nicht meiner Überzeugung und meinem Selbstverständnis als Landwirt. Wir müssen uns verändern, ja, und wir sind bereit dazu. Mit welcher Strategie wir das angehen, diskutieren wir intensiv. Die Offensive in Westfalen ist ein mutiger Ansatz.

Die Russlandsanktionen galten als ein Grund für die wirtschaftlichen Turbulenzen in der Agrarbranche der vergangenen Jahre. Wird es Zeit, das Embargo aufzuheben?

Ja, bei Milch, Schweinefleisch und Obst haben wir gelitten. Das hat richtig wehgetan. Seit Verhängung der gegenseitigen Sanktionen im Sommer 2014 ist der deutschen Landwirtschaft ein Schaden von mehr als 700 Millionen Euro entstanden. Über die Zeit haben wir in anderen Märkten zulegen können. Aber Russland bleibt ein interessanter Markt. Wir fordern die Bundesregierung zu Gesprächen mit Russland auf, damit die Sanktionen zu einem Ende kommen. Man muss aber auch erkennen, dass dies angesichts der weltpolitischen Lage noch dauern kann.

Einer der weiteren großen Drittmärkte sind die USA. Der neue Präsident Trump setzt offensichtlich auf Abschottung. Auch Großbritannien droht mit einem harten Brexit.

Die weltpolitischen Entwicklungen treiben die Bauern mit Sorgen um. Beispiel Vereinigtes Königreich: Wir haben einen Exportüberschuss an landwirtschaftlichen Gütern von rund 3, 4 Milliarden Euro. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Markt für uns. Zum Vergleich: Das gesamte Exportvolumen in die USA beläuft sich auf 1, 8 Milliarden Euro.

Der Bauernverband wirbt für den Export. Haben Sie nicht Sorge, dass Ihnen diese Strategie der Exportfokussierung auf die Füße fällt?

Diese Strategie fahren wir nicht. Unser Kernmarkt ist Deutschland. 75 Prozent unserer Produkte setzen wir in der Bundesrepublik um. Der zweitwichtigste Markt ist Europa mit 20 Prozent. Es bleiben also noch fünf Prozent für den Export in Drittländer. Da können wir nicht einfach sagen, wir verzichten und lassen anderen den Vortritt. So sorgt die steigende Nachfrage nach Schweinefleisch in China und Ostasien in Deutschland dafür, dass sich die Fleischpreise wieder einem auskömmlichen Niveau annähern. Der Markt außerhalb Europas wächst, und er fragt unsere Qualitätsprodukte nach. Diese Märkte sollten wir bedienen.

Bildtext:
Will in die Offensive gehen in der Debatte um die Landwirtschaft der Zukunft: Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied.

Foto:
imago/ Metodi Popow
Autor:
df


Anfang der Liste Ende der Liste