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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wann beginnt Korruption?
 
Ablehnen ist seliger denn Nehmen
Zwischenüberschrift:
Wie die Osnabrücker Antikorruptionsbeauftragte ihre Kollegen sensibilisiert
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Darf man einen Blumenstrauß als Dankeschön annehmen? Oder gar Geld? Als Antikorruptionsbeauftragte der Stadt setzt Susanne Franzus auf Prävention und sensibilisiert die städtischen Bediensteten für das Thema Korruption.

Susanne Franzus′ Büro ist nicht gerade groß. Viel Platz für größere Geschenke wäre hier also nicht. Die aber würde die Antikorruptionsbeauftragte der Stadt Osnabrück ohnehin ablehnen, zumindest wenn sie ihr in ihrer beruflichen Eigenschaft als städtische Mitarbeiterin zugedacht wären.

Osnabrück. Wer da meint, Franzus sei allein damit beschäftigt, den mit Tausendern gefüllten Umschlägen in der Stadtverwaltung auf die Spur zu kommen, der irrt gewaltig. Große Korruptionsfälle gibt es bei uns nicht″, sagt Franzus, die seit dem 1. Februar 2016 die Halbtagstelle der Antikorruptionsbeauftragten bekleidet. Es geht in Franzus′ Berufsalltag viel mehr um die kleinen, und in den überwiegenden aller Fälle eher lieb gemeinten als mit böser Absicht gemachten Aufmerksamkeiten oder Geschenke als um TV-reife Bestechung in Millionenhöhe.

Da wäre zum Beispiel der hübsche Blumenstrauß der älteren Dame für die Mitarbeiterin im Bürgerbüro, die ihrer Kundin hilfsbereit bei der Beantragung eines neuen Reisepasses zur Seite stand. Oder auch die Flasche Wein, zugedacht einem Mitarbeiter des Bauamtes, der einen Bauherrn auf das Fehlen eines wichtigen Papiers hingewiesen hat.

Selbstverständlich freuen sich die Mitarbeiter der Verwaltung über jedes Dankeschön, das ihnen die Bürger entgegenbringen. Wenn es aber über das gesprochene Wort hinausgeht, geraten sie oft ins Zweifeln, ob sie denn die eine oder andere lieb gemeinte Zuwendung noch annehmen dürfen.

Die Grenze liegt hier bei einem Gegenwert von zehn Euro″, definiert Franzus ganz deutlich, was noch geht und was eigentlich nicht mehr. Bargeld gehört übrigens in die Abteilung Geht gar nicht″ auch nicht bis zehn Euro.

Franzus hält eine allgemeingültige Obergrenze und deren Einhaltung für wichtig. Nicht etwa, weil es ihr darum ginge zu sanktionieren, sondern vielmehr, um die Kollegen zu schützen. Susanne Franzus, die eine Fortbildung zur Antikorruptionsbeauftragten absolviert hat, weiß, dass trotz allen guten Willens auf Nehmer- wie auf Geberseite, auch schnell Verdachtsmomente aufkommen können. Da kann dann sehr schnell ein Imageschaden entstehen, der sich auf alle Kollegen in der Verwaltung auswirkt.″

Das will sie verhindern und hat deswegen das Thema Aufklärung ganz weit oben auf ihre Agenda geschrieben. Ein Flyer und vor allem die Ansprache möglichst aller 2500 Mitarbeiter in der Stadtverwaltung und der dem Konzern Stadt angegliederten Beteiligungen und Firmen, wie zum Beispiel dem Osnabrücker Servicebetrieb, ist Kern ihrer Arbeit. Also tingelt die direkt dem Oberbürgermeister unterstellte Antikorruptionsbeauftragte durch alle Abteilungen und sensibilisiert mit ihrer Powerpoint-Präsentation vom Lehrling bis zur Führungskraft die städtischen Bediensteten für das Thema Korruption″. Und wer da meint, Franzus müsse ihren Schwerpunkt, einem alten Vorurteil gehorchend, in der Bauabteilung setzen, der irrt, denn die geschulte Korruptionsfachkraft weiß, dass die meisten Fälle von Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitsbereich im Umfeld der zahlungskräftigen Pharmaindustrie auftreten.

Die Folgen von Korruption sind laut Franzus erheblich. Sie reichen in ihren Augen von finanziellen Schäden zum Beispiel durch die Verschwendung von Steuergeldern über den Vertrauensverlust bis hin zum Verlust von Chancengleichheit und sogar Schäden für die Demokratie. Ursachen können laut Franzus eine unzureichende Kontrolle, die fehlende Vorbildfunktion von Vorgesetzten, eine mangelnde Transparenz oder auch schlechte Aufstiegschancen und miese Bezahlung sein. Während diese Ursachen im System liegen, sind unter anderem Geltungsbedürfnis, Desillusionierung, ein zu hoher Lebensstandard oder auch fehlendes Unrechtsbewusstsein individuelle Gründe für Korruption.

Franzus ist angetreten, den Ursachen Präventionsmaßnahmen entgegenzusetzen. Fortbildung, Sensibilisierung, das Mehraugenprinzip und eine dadurch gewonnene Kontrolle und Absicherung sowie die Risikoanalyse von einzelnen Tätigkeiten seien hier genannt. Letzteres soll in Zukunft durch einen Gefährdungskatalog, der Aufschluss darüber gibt, wo Korruption am ehesten relevant werden kann, vereinfacht werden. Aber auch die Aufgabentrennung und eine größere Transparenz nennt Franzus.

Geregelt ist die Korruptionsvorbeugung in einer Dienstanweisung, lebendig wird sie durch Susanne Franzus, die ihren Kollegen mit Antworten auch aus kniffligen Situationen helfen kann.

Allen, die sich lieber anonym zu möglichen Korruptionsfällen äußern möchten, empfiehlt Franzus eine Internetseite des Landeskriminalamtes Niedersachsen (unter der etwas sperrigen Adresse lka.polizei-nds.de/ kriminalitaet/ deliktsbereiche/ korruption/ korruption-1232.html).

Darüber kann jeder Bürger durch ein Verschlüsselungsverfahren anonymisiert mit dem LKA Kontakt aufnehmen und einen Korruptionsverdacht melden.

Hintergrundberichte aus Osnabrück auf noz.de/ os

Bildtext:
Geldgeschenke dürfen Mitarbeiter der Verwaltung auf gar keinen Fall annehmen, weiß die Korruptionsbeauftragte der Stadt, Susanne Franzus, die mit einem 20-Euro-Flyer auf ihre Arbeit hinweist.

Foto:
Egmont Seiler
Autor:
dk


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