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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Aus fürs Kükentöten: Schmidt zeigt Lösung
 
Agrarminister: 70 Millionen Euro für das Tierwohl-Label
Zwischenüberschrift:
Agrarminister vor „Grüner Woche″
 
„Produkte müssen bezahlbar sein″
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) will 70 Millionen Euro investieren für die Kennzeichnung von Fleisch aus guter Tierhaltung. Ein Großteil der Verbraucher ist bereit, mehr für Lebensmittel zu zahlen, wenn die Tiere besser gehalten werden″, sagte Schmidt im Interview mit unserer Redaktion. Produkte mit dem freiwilligen staatlichen Tierwohllabel müssten bezahlbar sein, aber Tierwohl zum Nulltarif könne es nicht geben, stimmte Schmidt die Verbraucher auf höhere Preise ein. Höhere Anforderungen an die Tierhaltung bedeuteten eben auch höhere Kosten für Bauern und Kunden.

Außerdem will Schmidt mithilfe technologischer Spitzenforschung″ noch in diesem Jahr das Ende massenhafter Kükentötung einleiten. Auf der Grünen Woche″ werde er ein Demonstrationsgerät vorstellen, sagte Schmidt. Dieses könne das Geschlecht eines Tieres schon weit vor dem Schlüpfen bestimmen, sodass Eier mit männlichen Embryos der Futterverwertung zugeführt werden könnten. Bislang werden in Deutschland jedes Jahr fast 50 Millionen männliche Küken direkt nach dem Schlüpfen aus wirtschaftlichen Gründen vergast oder geschreddert, weil sie weder Eier legen noch schnell Fleisch ansetzen.

2018 soll das staatliche Tierwohl-Label starten, kündigt Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) im Interview an.

Von Dirk Fisser und Beate Tenfelde

Herr Schmidt, Sie wollen auf der Grünen Woche ein Tierwohllabel präsentieren. Was genau bedeutet das?

Mir geht es darum, mehr Tierwohl in mehr Ställe zu bekommen. Ein Großteil der Verbraucher ist bereit, mehr für Lebensmittel zu zahlen, wenn die Tiere besser gehalten werden. Dafür schaffe ich eine verlässliche Kennzeichnung: Ein staatliches Tierwohllabel mit mehreren Stufen je höher die Stufe, desto besser die Haltungsbedingungen. Es wird definitiv kein Premium-Luxus-Label. Produkte mit Tierwohllabel müssen bezahlbar sein. Klar ist aber auch: Tierwohl zum Nulltarif kann es nicht geben. Höhere Anforderungen an die Tierhaltung bedeuten auch höhere Kosten für unsere Bauern die müssen wir Verbraucher auch bereit sein zu bezahlen.

Wann liegt das erste Label-Fleisch in den Regalen?

Auf der Grünen Woche werde ich meinen Fahrplan, die Eckdaten und einen Logo-Vorschlag für das Tierwohllabel vorstellen. Mein Ziel ist, dass wir spätestens 2018 mit dem Label an den Start gehen. Wann dann tatsächlich Produkte in den Regalen liegen, hängt auch von den Umstellungsprozessen ab. Grundsätzlich wollen wir mit dem Label viele Verbraucherinnen und Verbraucher erreichen. Deshalb werden wir 70 Millionen Euro investieren, um das Label zu etablieren.

Drei bis fünf Milliarden Euro pro Jahr soll der tiergerechte Umbau der Landwirtschaft kosten, das hat Ihr wissenschaftlicher Beirat errechnet . Diese Summe könnte herauskommen, wenn die Mehrwertsteuer auf tierische Produkte auf 19 Prozent angehoben würde…

Künstliche Preiserhöhungen durch mehr Steuern in die Staatskasse sorgen noch lange nicht für mehr Tierwohl. Mein Ziel ist, dass unsere Bauern mehr Geld für mehr Aufwand durch höhere Tierhaltungsstandards bekommen. Das will ich beispielsweise mit dem staatlichen Tierwohllabel erreichen. Ein weiterer guter Anknüpfungspunkt für mehr Tierwohl ist die brancheninterne Initiative Tierwohl, in der der Handel den Mehraufwand vergütet.

Wollen Sie etwa die Wirtschaftsinitiative kapern?

Nein, keine feindliche Übernahme! Wir sind im freundlichen Gespräch. Deutschland soll Trendsetter beim Tierwohl werden. Wir wollen die Erfahrungen der Brancheninitiative mit in den Prozess einbeziehen. Darin hat man es ja bereits geschafft, das Geld dorthin zu bringen, wo es hingehört: zu den Landwirten, die einen höheren Aufwand haben. Langfristig sehe ich da durchaus Koppelungspunkte.

Geld und Größe dominieren die Tierwohl-Debatte. Es stellt sich die Frage: Ist manchen Tierhaltern tatsächlich die Empathie für die Kreatur irreparabel verloren gegangen?

Diese Frage wird bei der bevorstehenden Grünen Woche″ eine zentrale Rolle spielen. Das Prinzip Wachse oder weiche″ von der EU in den 60er-Jahren geprägt ist überholt. Und das ist auch gut so. Wenn immer mehr außerlandwirtschaftliche oder ausländische Großinvestoren die Federführung übernehmen, geht zweifelsohne Empathie verloren. Gerade die macht aber einen guten Landwirt aus und ist unverzichtbar, wenn Kulturlandschaften und Produktion erhalten werden sollen. Agrarkonzerne mit zigtausend Hektar Fläche sollten nicht Adressat für staatliche Förderung sein. Ich möchte eine Agrarstruktur zugunsten des in den Regionen verwurzelten, aktiven Landwirts, und ich möchte, dass die bäuerlichen Familien weiterhin Zugriff auf die Ressource Boden haben.

Das heißt genau?

Die Bundesregierung hat ein massives Interesse daran, dass der ländliche Raum erhalten bleibt. Die zentrale Frage in den nächsten Jahren ist: Welche Maßstäbe sollen für die Förderung landwirtschaftlicher Betriebe gelten? Die Zeit der Erzeugerschlachten, der Überproduktion und anschließender staatlicher Reglementierung Stichwort: Milchquote ist vorbei. Ich erwarte mir, dass nicht die Größe eines Betriebs, sondern dessen Leistung auch für die Gesellschaft entscheidendes Kriterium ist. Die Landwirtschaft gehört in die Mitte der Gesellschaft. Es geht darum, das Wechselspiel von Landwirtschaft und Gesellschaft in den Mittelpunkt zu rücken. Die Themen Tierwohl, Landschaftspflege und ökologisches Bewusstsein werden künftig noch deutlicher im Fokus sein. Ich bin bereit, diesen Weg zu gehen.

Anderes Thema: Sie haben angekündigt, 2017 ist Schluss mit dem Kükentöten. Wird es so sein?

Ich halte meine Ankündigung. Wir werden auf der Grünen Woche ein Demonstrationsgerät präsentieren, das das Geschlecht eines Tieres schon weit vor dem Schlüpfen bestimmen kann. Eier, in denen sich weibliche Küken entwickeln, werden weiter bebrütet, die , männlichen′ Eier werden zum Beispiel zur Herstellung von Futter verwendet. Das ist technologische Spitzenforschung, die inzwischen auch im Ausland große Beachtung findet. Ich bin stolz darauf, dass das gelungen ist: Wir schaffen 2017 den Einstieg in den Ausstieg.

Also wird ab dem 1. Januar 2018 kein Küken in Deutschland mehr vergast oder geschreddert?

Mein Ziel war immer, mit Innovation und Forschungsförderung eine Alternative zu entwickeln, damit unsere Brütereien nicht ins Ausland vertrieben werden. Damit wäre dem Tierwohl definitiv nicht gedient, wenn unsere Legehennen dann vollständig durch die alte Methode produziert würden. Wir sind so weit gekommen, und ich lasse da auch nicht locker. Wenn unsere Technologie serienreif ist, gibt es eine Alternative zur Tötung der Tiere, die bislang aus wirtschaftlichen Gründen von Gerichten geduldet wird. Damit ändert sich dann auch die rechtliche Bewertung. Ich bleibe dabei: Ich werde mit aller Kraft weiter daran arbeiten, das Kükenschreddern schnellstmöglich zu beenden.

Der Milchpreis steigt. Ist die Krise überwunden?

Nein, die Krise der Milchbauern ist nicht überwunden. Dass sich nun einige in der Branche aufgrund der wieder steigenden Preise allem Anschein nach zurücklehnen, irritiert mich. Ich werde keine Ruhe geben: Die Branche muss eine Möglichkeit zur flexiblen Mengensteuerung finden, um Überangebot und Preisverfall gegenzusteuern. Ich werde hier nicht lockerlassen! Die Milchbauern sind die alleinigen Risikoträger im Markt. Das muss sich ändern. Wer jetzt die Neuaufstellung verschläft, wird ganz bestimmt unsanft von der nächsten Milchkrise geweckt. Ich habe immer deutlich gemacht: Ich unterstütze, wo immer möglich, aber die Milchbranche ist hier vor allem selbst gefragt.

Wie Tiere halten? Die Debatte auf noz.de/ landwirtschaft

Bildtext:
Trendsetter beim Tierschutz″ soll Deutschland nach Aussage von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) werden.
Foto:
imago/ Jens Jeske
Autor:
df/ten


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