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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Pestizid bei Fischen nachgewiesen
 
Welche Meerestiere sind noch essbar?
Zwischenüberschrift:
Pestizid in 45 Fischprodukten gemessen – Höchstwert im norwegischen Lachs
Artikel:
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Originaltext:
Bremen. Die Umweltorganisation Greenpeace hat 54 Fischprodukte auf das Pestizid Ethoxyquin untersuchen lassen. In mehr als 80 Prozent der Fälle wurde das für den Pflanzenschutz verbotene Mittel nachgewiesen.

Jod, ungesättigte Fette, hoher Eiweißgehalt eigentlich steht Fisch für gesunde Ernährung. Doch die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat nun große Mengen des Pestizids Ethoxyquin in ihm gefunden. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Reihe von Horrormeldungen.

Bremen. Die Tester der Umweltorganisation haben 54 Fischprodukte auf Ethoxyquin untersuchen lassen. Das Pestizid ist seit 2011 für den Pflanzenschutz verboten, darf also nicht mehr im Ackerbau eingesetzt werden. Doch in der Fischwirtschaft kommt es offenbar immer noch zum Einsatz. Denn die Tester fanden Ethoxyquin in 45 der getesteten Stichproben, also in mehr als 80 Prozent. In 32 Fällen lagen die Werte oberhalb der 50 Mikrogramm pro Kilo, die für Fleisch als Höchstmenge zugelassen sind. Spitzenreiter war mit 881 Mikrogramm ein Stremellachs aus Norwegen, den die Tester bei Real gekauft hatten.

Was die Frage aufwirft, wie solche Mengen eines Pflanzengifts in einen Fisch gelangen. Die Antwort darauf liegt hauptsächlich vor den Küsten Südamerikas″, erklärt Meeresbiologe Thilo Maack von Greenpeace. Denn dort werden jährlich bis zu fünf Millionen Tonnen Anchovis gefangen, um sie zu Fischmehl zu verarbeiten.″ Der größte Teil davon geht als Futter zu Fischfarmen überall auf der Welt, und dabei werden mehrere Tausend Kilometer zurückgelegt. Die damit verbundenen Transport- und Lagerzeiten übersteht das eiweißreiche Mehl nur, indem man es konserviert und mit antioxidativen Substanzen behandelt. Dazu wird Ethoxyquin eingesetzt, weil es bei hoher Effektivität viel preiswerter ist als andere Antioxidantien, wie etwa Vitamin C″, erklärt Maack.

Über das behandelte Fischmehl gelangt das Pestizid von Südamerika nach Europa, etwa zu den Lachsfarmen in Norwegen, und von dort in den Körper des Konsumenten. Was es dort genau ausrichtet, ist bisher unbekannt. Aber Edmund Maser von der Universität Kiel weiß von Laborhunden zu berichten, an denen Ethoxyquin ausgetestet wurde. Es kam zu Allergien, das Fell veränderte sich″, so der Toxikologe.

Zudem wurden Störungen an Nieren, Leber, Schilddrüse und Geschlechtsorganen beobachtet. Durchaus wahrscheinlich, dass dergleichen auch beim Menschen ausgelöst würde, zumal der ja auch vielen anderen Schadstoffen ausgesetzt ist, die in Wechselwirkung mit dem Pestizid treten könnten. Maser fordert daher allein schon aus Vorsorgegründen″, den Einsatz von Ethoxyquin streng zu regulieren. Der Bundesverband des Lebensmitteleinzelhandels sieht das ähnlich.

Bio einzige Alternative?

Doch die Regulierungsbehörden verharren bislang an ihrer paradox-zweigleisigen Strategie, das Gift im Pflanzenschutz komplett zu ächten, aber in der Fischproduktion noch nicht einmal Grenzwerte einzuführen. Bis dahin bleibt dem Kunden als Alternative, auf Produkte aus Bio-Fischfarmen auszuweichen und auch die bieten keine hundertprozentige Sicherheit.

So zeigten sie in der Greenpeace-Analyse zwar deutlich niedrigere Belastungen, doch es gab auch einen Ausreißer: Ein Tiefkühl-Lachs der Edeka-Hausmarke enthielt 155 Mikrogramm Ethoxyquin, also mehr als das Dreifache der in Fleisch erlaubten Menge. Maack vermutet, dass diese Mengen nicht durch das Futter selbst in den Fisch gelangen, sondern durch Farbstoffe, die ihm nachträglich zugesetzt werden. Ohne sie würde Lachs nicht die rote Farbe haben, die wir von ihm kennen″, so der Biologe. Das Problem dieser Zusätze ist jedoch, dass sie sehr anfällig für Oxidationen sind und da kommt dann wieder das Ethoxyquin als preiswertes Antioxidans ins Spiel.

In jüngerer Zeit tauchen immer wieder bedenkliche Substanzen im Speisefisch auf. So fand man in Fischen und Meeresfrüchten aus den Aqua-Farmen große Mengen Antibiotika, weil man dadurch die dicht an dicht gedrängten Tiere vor Infektionen schützen will. Doch dieses Prozedere fördert das Risiko von Resistenzen, dass sich also immer weniger bakterielle Krankheitserreger durch Antibiotika eindämmen lassen. In norwegischen Aquakulturen wird daher schon weitgehend auf diese Medikamente verzichtet, in der chilenischen Fischzucht gehören sie jedoch noch zum Standard.

Antibiotika befinden sich auch oft in den Fischen aus Asien und Südamerika. In einer Studie der Arizona State University entdeckte man vor allem Oxytetracyclin und Sulfadimethoxin. Die Belastungen lagen zwar im Rahmen dessen, was etwa die Lebensmittelüberwachung der USA erlaubt. Doch die wissenschaftliche Datenlage zeigt, dass man nur geringe Mengen dieser Antibiotika braucht, um eine Resistenz aufzubauen″, warnt Studienleiterin Hansa Done.

Jenseits der Aquakulturen fällt der Thunfisch immer wieder durch hohe Quecksilberwerte auf, und in den Heringen und Lachsen der Ostsee findet man das als Seveso-Gift berühmt gewordene Dioxin. Im Pazifik werden die Meeresbewohner immer wieder radioaktiv belastet und das nicht erst seit der Katastrophe in Fukushima.

Delikatesse

Was die Frage aufwirft, welchen Fisch man denn überhaupt noch essen kann. Umweltschützer Maack bringt zu Hause gelegentlich Schwarmfische wie Makrele und Hering auf den Tisch, aber nicht aus der Ostsee″, und ganz selten auch eine Portion Wildlachs. Wichtig ist, dass man Fisch wieder als Delikatesse begreift, die man nur selten isst und für die man auch bereit ist, entsprechend mehr Geld zu bezahlen″, so der Meeresbiologe. Greenpeace bringt alljährlich einen Einkaufsführer heraus, in dem unbelastete, nicht von Überfischung bedrohte Fischsorten gelistet sind.

Weitere verbrauchernahe Themen finden Sie im Internet auf noz.de/ gut-zu-wissen

Bildtext:
Im Lachs ist bei einer stichprobenartigen Untersuchung der Höchstwert an Pestiziden festgestellt worden.

Foto:
dpa

Problem und Lösung:

Aquakulturen

Der Bundesbürger verzehrt 14 Kilogramm Fisch und Meeresfrüchte pro Jahr und Kopf, weltweit kommen insgesamt rund 142 Millionen Tonnen jährlich in den Handel. Mehr als die Hälfte davon stammt aus Zuchtanlagen, den sogenannten Aquakulturen. Die Fischindustrie sieht in den Kulturen eine Alternative zur Überfischung der Meere, Flüsse und Seen, doch Umwelt schützer halten sie eher für einen Hort unkalkulierbarer Probleme.
Autor:
zitt


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