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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Höhere Kita-Beiträge für Gutverdiener
Zwischenüberschrift:
Osnabrück will Sozialstaffel einführen – Mehreinnahmen von 3,5 Millionen Euro?
Artikel:
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Originaltext:
Gut verdienende Eltern sollen in Zukunft höhere Kita-Beiträge zahlen. Die Stadt will eine Sozialstaffel einführen, die Gerechtigkeit schafft und die Einnahmen spürbar erhöht.

Osnabrück. Osnabrück ist die einzige unter den großen Städten in Niedersachsen, die Kita-Beiträge nicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern staffelt. Auch in den Umlandgemeinden sind einkommensabhängige Beiträge zum Teil schon seit zwei Jahrzehnten üblich. Das Landesgesetz sagt: Die Sätze der Gebühren und Entgelte sollen sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Sorgeberechtigten unter Berücksichtigung der Zahl ihrer Kinder richten und gestaffelt werden.″

Die Friedensstadt ist einen anderen Weg gegangen, um diese Vorgabe zu erfüllen: Der Monatsbeitrag ist mit 182, 70 Euro vergleichsweise niedrig, und Geschwisterkinder sind seit 2013 komplett frei. Finanziell schlecht gestellte Familien, die Sozialleistungen beziehen oder bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten, sind ebenfalls von den Kitagebühren befreit. Etwa ein Drittel der Familien, deren Kinder in Osnabrücker Einrichtungen betreut werden, fallen unter diese Regel. Zum Vergleich: Im Osnabrücker Land kassieren die Kommunen einkommensabhängig bis zu 320 Euro, in Oldenburg bis zu 414 Euro und in Münster bis zu 661 Euro monatlich.

Der erste Vorstoß, die Beiträge enger den elterlichen Einkommen anzupassen, ist schon vier Jahre alt. Als der Stadtrat Ende 2012 eine lineare Beitragserhöhung beschloss, gab er zugleich der Verwaltung den Auftrag, ein Konzept für eine Sozialstaffelung zu erarbeiten. Es sollten die Erfahrungen vergleichbarer Städte wie Münster und Oldenburg herangezogen werden. Wichtig war dem Rat, dass der bürokratische und personelle Aufwand nicht zu groß werden sollte.

Im August 2013 legte die Verwaltung dem Rat Ergebnisse vor. In Kurzfassung: Es gibt nicht die eine optimale Lösung, sondern viele verschiedene Modelle mit sehr unterschiedlichen Parametern. Wie wird das Einkommen definiert? Wie ist es nachzuweisen? Wer kontrolliert die Angaben? Wie viele Beitragsstufen soll es geben? Wie werden Geschwisterkinder behandelt? Wie werden unterschiedliche Betreuungsarten (Krippe, Kindergarten oder Hort) gewichtet? Fragen, die bis heute nicht beantwortet sind, denn die Ratsfraktionen haben das Thema Sozialstaffel nach 2013 weitgehend ruhen lassen.

Auf der Giftliste

Jetzt ist es wieder aktuell. Finanzchef Thomas Fillep brachte die Beitragsanpassung mit dem Doppelhaushalt 2016/ 2017 auf die politische Tagesordnung und legte nun noch einmal nach: In der Konsolidierungsliste, die Fillep dem Rat Anfang Dezember zusammen mit dem Nachtragshaushalt vorlegte, nimmt die Neuordnung der Kita-Beiträge eine dominierende Stellung ein. Um fünf Millionen Euro will die Stadt das Ergebnis bis 2019 verbessern, die Elternbeiträge sollen mit zusätzlichen Einnahmen von 3, 5 Millionen Euro ab 2018 den Löwenanteil dazu liefern. Doch wie? Die Konsolidierungsliste macht dazu keine Angaben. Nur das finanzielle Ziel ist definiert.

Unklar ist nicht nur die Struktur einer Sozialstaffelung, unbekannt ist auch die Einkommensverteilung der Eltern in Osnabrück, denn darüber gibt es keine Daten. Um einen Anhaltspunkt zu bekommen, legte die Verwaltung die Daten aus Oldenburg zugrunde, wo es seit 2014 eine Sozialstaffel gibt. Die Hochrechnung ergab für Osnabrück, dass eine einkommensabhängige Beitragsstaffelung nach Oldenburger Vorbild 3, 5 Millionen Euro zusätzlich erbringen würde. So gelangte die Zahl in die Konsolidierungsliste. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Fraktionen und Verwaltung beschäftigt sich einigen Monaten mit dem Thema. Ziel ist es, zu einem Konzept zu kommen, das eine breite Mehrheit im Rat finden kann. Der neue Vorstand für Familie und Soziales, Wolfgang Beckermann, hat während seiner offiziellen Amtseinführung vorige Woche bereits durchblicken lassen, dass er hinter einer einkommensabhängigen Beitragsgestaltung steht. Die Verwaltung will im März dem Jugendhilfeausschuss einen konkreten Entwurf für eine Sozialstaffel vorlegen.

Familien-Portal: noz.de/ familie

Bildtext:
82, 70 Euro kostet ein Ganztagsplatz in Osnabrück. Familien mit überdurchschnittlichem Einkommen müssen sich auf deutlich höhere Kita-Beiträge einstellen, wenn die Stadt eine Sozialstaffel einführt.

Foto: David Ebener

Kommentar:

Gerecht

Familien zusätzlich finanziell zu belasten ist höchst unpopulär und politisch hochsensibel. Trotzdem: Der Stadtrat muss sich der Realität stellen. Die Elternbeiträge decken in Osnabrück zurzeit nur rund elf Prozent der Kosten, was weit entfernt ist von der Leitlinie des Landesrechnungshofes, der einen Deckungsgrad von 25 Prozent empfiehlt. Die Kosten für die Stadt sind parallel zum Ausbau des Betreuungsangebots von 2010 bis 2016 um fast 24 Millionen Euro gestiegen.

Diese Zahlen sprechen für einen höheren Beitrag der Eltern doch gleich im Umfang von 3, 5 Millionen Euro? Wie soll das gehen? Insgesamt nimmt die Stadt derzeit nur 6, 6 Millionen Euro jährlich an Kita-Beiträgen ein, es wäre also eine Steigerung um über 50 Prozent. Wenn, wie es im Wesen einer Sozialstaffel liegt, finanziell schwache Familien nicht über Gebühr belastet werden sollen, müssten alle anderen mit exorbitanten Erhöhungen rechnen.

Die Politik muss jetzt grundsätzlich klären, mit welcher Priorität sie die Neuordnung der Kita-Gebühren angehen will: Gerechtigkeit schaffen oder den Haushalt sanieren?
Autor:
Wilfried Hinrichs


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