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1.
Erscheinungsdatum:
22.12.2016
aus Zeitung:
Neue Osnabrücker Zeitung/ Neue OZ
Überschrift:
Bei Magnum geht′s zur letzten Schicht
Das Ende des Stahlwerks war der Anfang von Magnum
Zwischenüberschrift:
Bitterer Abschied: Die Aufträge sind abgearbeitet, die Beschäftigten gehen in die Transfergesellschaft
Von Anfang an stand die Existenz des Bearbeitungszentrums im Schinkel mehrfach auf der Kippe
Artikel:
Originaltext:
Mit
Heavy
Metal
kennen
sie
sich
aus.
Werkstücke,
die
mehr
als
70
Tonnen
wiegen,
haben
sie
noch
in
diesen
Wochen
bearbeitet.
Bei
der
IAG
Magnum
im
Schinkel
läuft
die
letzte
Schicht.
Bitter
für
die
Kollegen,
die
seit
Jahrzehnten
zum
Betrieb
gehören.
Am
Freitag
nehmen
sie
Abschied.
Osnabrück.
Die
Mahlschüsseln
in
Halle
4
könnte
ein
Riese
für
seinen
Brotteig
geordert
haben.
Oder
eine
Großbäckerei,
die
eine
halbe
Stadt
versorgt.
Nein,
klärt
Klaus
Wendland
auf,
die
sind
für
eine
Zementfabrik
bestimmt.
Macht
aber
keinen
Unterschied
in
der
Größe.
Nach
Asien,
Amerika
und
Europa
sind
die
mächtigen
Werkstücke
oft
gegangen,
die
bei
der
IAG
Magnum
aus
einem
Stück
gefertigt
wurden.
Leitschaufeln
für
Kraftwerksturbinen
aus
hochlegiertem
Spezialstahl,
Bauteile
für
riesige
Pressen,
Castor-
Behälter
und
andere
Atommüll-
Container.
Portalfräse
für
Millionen
Der
letzte
Großauftrag
war
eine
Führungsplatte
für
eine
Spindelpresse,
ein
Edelstahlkoloss
so
groß
wie
ein
Altglascontainer,
aber
mit
Fertigungstoleranzen,
wie
man
sie
aus
der
Feinmechanik
kennt.
Die
Presse
soll
die
größte
der
Welt
werden
und
Turbinenschaufeln
herstellen.
Auch
die
Ringe
für
die
Spindelpresse
wurden
bei
der
IAG
Magnum
geschmiedet.
Bis
zu
120
Tonnen
große
Werkstücke
kann
die
große
Portalfräse
bearbeiten,
die
noch
2008
angeschafft
wurde.
„
Die
hat
über
sechs
Millionen
Euro
gekostet″,
berichtet
der
Betriebsratsvorsitzende
Klaus
Wendland.
Und
er
ist
sicher,
dass
sie
diese
Summe
noch
längst
nicht
wieder
eingespielt
hat.
Anfang
2017
wird
die
Demontage
beginnen.
Bei
der
IAG
Magnum
konnten
mit
solchen
Maschinen
auch
die
ganz
großen
Teile
bearbeitet
werden,
für
die
es
weltweit
nur
wenige
Hersteller
gibt.
„
Es
haben
in
den
letzten
Monaten
noch
Kunden
angerufen
und
gesagt,
ihr
dürft
nicht
dichtmachen!
″,
erzählt
Andrea
Flaspöhler,
die
als
Sachbearbeiterin
im
Einkauf
tätig
war.
Nach
35
Jahren
im
Betrieb
sieht
sie
einer
ungewissen
Zukunft
entgegen.
Dabei
hat
die
53-
Jährige
noch
im
Ohr,
was
ihr
früher
mal
geraten
wurde:
„
Da
hieß
es
immer:
Geh
zu
Klöckner
–
das
ist
ein
Job
fürs
Leben!
″
Erleben
musste
sie
den
Niedergang
des
Stahlwerks
und
den
Wechsel
der
Konzerne,
bis
am
Ende
nur
noch
das
Bearbeitungszentrum
von
Magnum
übrig
blieb.
Und
auch
das
schrumpfte
im
Laufe
der
Jahre
weiter
zusammen.
Weihnachtsfest
versaut
„
Wir
sind
jetzt
noch
35
Leute″,
sagt
Klaus
Wendland
und
bleibt
an
einer
Drehbank
stehen,
an
der
sich
nichts
mehr
dreht.
Im
April,
als
der
Stahlverarbeiter
das
Insolvenz-
Schutzschirmverfahren
beantragte,
waren
131
Mitarbeiter
bei
Magnum
beschäftigt.
Der
Betriebsratsvorsitzende
bringt
es
auf
den
Punkt:
„
Das
Weihnachtsfest
ist
für
die
meisten
versaut.″
Sechs
Männer
in
ihren
roten
Overalls
machen
gerade
Frühstückspause.
Die
Stimmung
ist
gedrückt.
Einer
von
ihnen
hat
mit
51
eine
neue
Anstellung
in
der
Automotive-
Branche
gefunden,
ein
anderer
sogar
mit
58
in
einer
Maschinenbaufabrik.
Aber
die
beiden
sind
die
Ausnahmen,
den
anderen
bleibt
–
wie
der
großen
Mehrheit
der
Beschäftigten
–
nur
der
Weg
in
die
Transfergesellschaft.
Neun
Monate
mit
ungewissem
Ausgang.
Beneidet
werden
da
die
Kollegen,
die
den
gleitenden
Übergang
in
den
Ruhestand
geschafft
haben.
„
Man
schläft
schlecht″,
erzählt
ein
Schlosser,
der
schon
Jahrzehnte
im
Betrieb,
aber
von
der
Rente
noch
weit
entfernt
ist.
Die
meisten
sind
über
50
Der
Altersdurchschnitt
bei
IAG
Magnum
liegt
jenseits
der
50.
„
Die
meisten
haben
hier
gelernt″,
betont
Klaus
Wendland.
Wobei
sich
das
„
hier″
auf
eine
Zeit
bezieht,
als
der
Betrieb
noch
zu
Klöckner,
zu
den
Schmiedewerken
Krupp
Klöckner
(SKK)
oder
zu
den
Vereinigten
Schmiedewerken
(VSG)
gehörte.
Zuletzt
hatte
Magnum
sieben
Auszubildende.
Wendland
war
ihr
Ausbilder.
Er
ist
froh,
dass
seine
Schützlinge
von
der
Georgsmarienhütte
übernommen
werden.
Er
selbst
hofft,
dass
er
in
einem
anderen
Unternehmen
eine
neue
Stelle
findet.
Aber
mit
61
ist
die
Aussicht
ziemlich
trübe.
Warum
ist
es
mit
der
IAG
Magnum
bergab
gegangen?
Die
Männer
von
der
letzten
Schicht
sind
sich
einig,
dass
falsches
Management
ihr
Werk
in
den
Ruin
getrieben
hat.
Großaufträge
der
Atomindustrie
habe
die
Geschäftsleitung
im
Blick
gehabt
und
dabei
das
Tagesgeschäft
vernachlässigt,
also
die
Fertigung
von
Spindeln,
Turboladerwellen
oder
Komponenten
für
den
Schiffsbau.
Aufs
falsche
Pferd
gesetzt
„
Die
haben
aufs
falsche
Pferd
gesetzt″,
sagt
Hartmut
Rohlf
aus
der
Fertigungssteuerung.
Der
62-
Jährige
hat
wenig
Hoffnung,
dass
ihm
noch
ein
erfülltes
Arbeitsleben
nach
der
Transfergesellschaft
vergönnt
ist.
46
Jahre
und
neun
Monate
hat
er
bei
der
IAG
Magnum
und
den
Vorgängerbetrieben
gearbeitet.
Davon
jetzt
Abschied
nehmen
zu
müssen
fällt
ihm
schwer.
Bitter
kommt
es
über
seine
Lippen:
„
Dass
einer
kommt
und
bedankt
sich
für
die
langjährige
Arbeit,
das
gibt
es
hier
nicht!
″
Ein
Video
und
weitere
Fotos
zur
letzten
Schicht
bei
der
IAG
Magnum
finden
Sie
im
Internet
auf
noz.de
Osnabrück.
Die
Entstehung
der
IAG
Magnum
im
Jahr
1994
ist
unmittelbar
mit
dem
Niedergang
des
Osnabrücker
Stahlwerks
verbunden.
Ein
Blick
ins
Redaktionsarchiv.
Mai
1988:
Letzter
Abstich
in
Osnabrück.
Nach
Teilstilllegungen
im
Klöckner-
Stahlwerk
am
Güterbahnhof
gehen
die
Elektro-
Lichtbogenöfen
für
immer
aus.
Von
1100
Mitarbeitern
steht
die
Hälfte
vor
der
Entlassung.
Im
selben
Jahr
verschmelzen
die
1971
durch
Fusion
entstandenen
Schmiedewerke
Krupp
Klöckner
(SKK)
mit
dem
Weiterverarbeitungsbereich
der
Thyssen
Henrichshütte
zu
den
Vereinigten
Schmiedewerken
(VSG)
.
Der
Standort
Osnabrück
wird
zum
Bearbeitungszentrum
zurechtgestutzt.
April
1989:
Europas
einstmals
größte
Schmiedepresse
wird
in
Osnabrück
abgeschaltet.
Die
acht
Meter
lange
und
1100
Tonnen
schwere
Anlage
von
1954
galt
als
Herzstück
der
stillgelegten
VSG-
Warmbearbeitung.
März
1990:
Wer
nach
der
Amputation
des
Stahlwerks
an
ein
Überleben
mit
mehr
als
500
Mitarbeitern
geglaubt
hat,
sieht
sich
getäuscht.
Die
VSG-
Geschäftsleitung
will
die
Zahl
der
Stellen
auf
unter
400
drücken.
Mai
1990:
Alle
Hoffnungen
im
VSG-
Bearbeitungszentrum
Osnabrück
liegen
in
der
Spartenbildung.
Ab
Juli
kann
es
als
eigenständiges
Unternehmen
innerhalb
des
Firmenverbundes
selbst
Aufträge
einholen
und
kalkulieren.
Juli
1990:
Die
große
Schmiedepresse
wird
demontiert
und
für
eine
Million
Mark
nach
Indien
verkauft.
Januar
1991:
Der
letzte
Schornstein
auf
dem
Klöckner-
Gelände
wird
gesprengt.
Die
Vereinigten
Schmiedewerke
schreiben
in
Osnabrück
schwarze
Zahlen.
Die
Auftragslage
im
Bearbeitungszentrum
sei
gut,
heißt
es.
Dezember
1991:
Eine
Tunnelfräsmaschine
für
Fünfmeterlöcher
verlässt
Osnabrück
Richtung
Südafrika.
Die
VSG-
Geschäftsführung
hofft
auf
Folgeaufträge.
Juni
1992:
Der
VSG-
Firmenverbund
mit
seinen
fünf
Standorten
Osnabrück,
Bochum,
Hagen,
Essen
und
Hattingen
ist
in
akuter
Gefahr.
Binnen
vier
Jahren
soll
das
Schmiedeunternehmen
400
Millionen
DM
Miese
gemacht
haben.
August
1992:
Dunkle
Wolken
über
dem
VSG-
Standort
Osnabrück.
Dürftige
Auftragslage,
kein
eigenes
Produkt,
weiterer
Personalabbau
auf
350
bis
Jahresende.
Dezember
1992:
Die
Klöckner
AG
stellt
Vergleichsantrag
für
die
Betriebe
in
Bremen,
Duisburg
und
Georgsmarienhütte.
Das
Osnabrücker
Werk
ist
wegen
eines
Forderungsverzichts
aber
nicht
direkt
betroffen.
Februar
1993:
Jürgen
Großmann,
Vorstandsvorsitzender
der
Klöckner
Edelstahl
GmbH
in
GMHütte,
kündigt
an,
als
Manager
auszusteigen
und
das
Stahlwerk
zu
kaufen.
Der
Plan
findet
breite
Unterstützung.
April
1993:
Der
Kaufvertrag
ist
notariell
beglaubigt,
das
Stahlwerk
heißt
nun
Georgsmarienhütte
GmbH.
Januar
1994:
Das
Osnabrücker
VSG-
Werk
wird
verselbstständigt
und
heißt
nun
VSG-
Stahl-
und
Metallfertigungszentrum
GmbH.
April
1994:
Das
Bearbeitungszentrum
der
Vereinigten
Schmiedewerke
wird
verkauft.
Zum
1.
Mai
übernimmt
der
Osnabrücker
Unternehmer
Jost-
W.
Gehrhardt
den
Betrieb
mit
241
Mitarbeitern.
Dezember
1994:
Als
Nachfolge-
Firma
der
VSG
erhält
die
Magnum
Metallbearbeitung
GmbH
eine
Landesbürgschaft
von
14,
5
Millionen
DM
zur
Absicherung
des
Kaufs.
Januar
1995:
Die
Vereinigten
Schmiedewerke
melden
beim
Amtsgericht
Bochum
Konkurs
an.
Der
Stahlkonzern
ist
zahlungsunfähig
geworden,
weil
ihn
die
Aufwendungen
für
1650
Vorruheständler
(davon
420
in
Osnabrück)
erheblich
belasten.
Erst
nach
zähen
Verhandlungen
erklären
sich
später
die
Konzernmütter
Klöckner,
Thyssen
und
Krupp
bereit,
80
Prozent
der
Versorgungsleistungen
zu
übernehmen.
März
1998:
Die
Georgsmarienhütte
GmbH
übernimmt
zum
1.
April
die
Firma
Magnum.
Der
Großmann-
Konzern
verspricht
eine
bessere
Grundauslastung
des
bislang
von
Fremdaufträgen
abhängigen
Osnabrücker
Werks
sowie
den
Verzicht
auf
betriebsbedingte
Kündigungen.
November
1998:
Die
220
Mitarbeiter
von
Magnum
erhalten
erstmals
seit
langer
Zeit
wieder
einen
Teil
ihres
Weihnachtsgeldes.
November
1999:
Interne
Finanz-
und
Strukturprobleme
zwingen
Magnum
zur
Kurskorrektur.
30
von
noch
206
Stellen
müssen
abgebaut
werden.
Bildtexte:
Fertig
für
den
Transport
nach
China:
Bauteile
für
die
größte
Spindelpresse
der
Welt
gehören
zu
den
letzten
Werkstücken,
die
bei
der
IAG
Magnum
gefertigt
wurden.
Nicht
die
richtige
Stimmung,
um
Weihnachten
zu
feiern.
Nur
noch
ein
paar
Restarbeiten
sind
zu
erledigen.
Am
Freitag
nehmen
die
Kollegen
Abschied
von
ihrem
Betrieb.
Schwerer
Koloss:
74
Tonnen
wiegt
diese
Mahlschüssel,
die
für
ein
Zementwerk
in
China
bestimmt
ist
Schon
in
den
90er-
Jahren
auf
der
Kippe:
Wärmebehandlung
bei
Magnum.
Fotos:
Jörn
Martens,
M.
Hehmann
Autor:
Rainer Lahmann-Lammert, sst