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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Uni schließt Institut für Kunstgeschichte
 
Universität schließt Institut für Kunstgeschichte
Zwischenüberschrift:
Aufnahmestopp für Studenten schon ab dem Wintersemester – Professor spricht von „irreparablem Flurschaden″
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Das Kunsthistorische Institut der Universität Osnabrück soll geschlossen werden. Nach Recherchen unserer Zeitung soll durch diesen Schritt mehr Geld für Naturwissenschaften und Jura vorhanden sein. Betroffene sind entsetzt.

Die Universität Osnabrück gibt eines ihrer ältesten geisteswissenschaftlichen Fachgebiete auf. Nach Recherchen unserer Redaktion soll das Kunsthistorische Institut geschlossen werden, um mehr Geld für Naturwissenschaften und Jura zu haben. Betroffene reagieren entsetzt.

Osnabrück. Geplant ist, Ende 2023 und Anfang 2024 alle drei am Institut frei werdenden Professorenstellen nicht neu zu besetzen und Forschung und Lehre auf diese Weise geregelt auslaufen zu lassen. Das Präsidium der Universität Osnabrück hat den Lehrkörper nach NOZ-Informationen bereits am 6. Dezember über seine Entscheidung informiert.

Grund für die Schließung ist angeblich eine Umverteilung finanzieller Mittel zugunsten von Naturwissenschaften und Rechtswissenschaften, wo hochkarätige Wissenschaftler gehalten und weitere geworben werden sollen. Hinzu kommt, dass das Fach Kunstgeschichte keine Studenten für das Lehramt ausbildet. Schon ab dem Wintersemester 2017/ 18 werden keine Studenten mehr im Fach Kunstgeschichte aufgenommen. Die jetzigen Studenten sollen ihr Studium aber noch abschließen können.

Vollendete Tatsachen

Das Kunsthistorische Institut ist im Fachbereich 1 (Kultur- und Sozialwissenschaften) der Universität Osnabrück angesiedelt mit über 30 Professuren und 3000 Studenten ist dies die zweitgrößte Fakultät. Das Institut selbst spielt quantitativ eine untergeordnete Rolle.

Auf der eigenen Internetseite bezeichnet es sich als überschaubar″. Gegenwärtig sind etwa 200 Studenten in Kunstgeschichte eingeschrieben. Hinzu kommen pro Semester rund 100 Studenten aus anderen Fächern.

Mitarbeiter und Partner des Kunsthistorischen Instituts sind bestürzt über das Aus. Es kommt völlig überraschend, da hat sich überhaupt nichts abgezeichnet. Mit uns wurde nie über notwendige Einsparungen diskutiert. Stattdessen werden wir vom Präsidium vor vollendete Tatsachen gesetzt″, sagt Klaus Niehr als einer jener drei Professoren am Institut, deren altersbedingtes Ausscheiden zur Abwicklung der 1974 gegründeten Einrichtung genutzt wird. Die Nachricht habe ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen″. Nach Recherchen unserer Redaktion war nicht einmal der Dekan des Fachbereichs in die Pläne eingeweiht. Lediglich der Vorsitzende des Hochschulrats soll vorab kontaktiert worden sein.

Die Institutsschließung sei eine Katastrophe″ mit fatalen Folgen″, dem Präsidium der so angerichtete, irreparable Flurschaden″ mutmaßlich gar nicht klar. Niehr: Es wirft ein ganz schlechtes Licht auf die Universität.″ Das Osnabrücker Institut für Kunstgeschichte sei erfolgreich und bedeutsam für ganz Niedersachsen″, was Drittmittelaufkommen, Evaluierungen und Kooperationen belegen würden. Die Universität verliere beinahe ein Alleinstellungsmerkmal″. Künftig werde es in Niedersachsen nur noch in Göttingen möglich sein, ein universitäres Studium der Kunstgeschichte aufzunehmen.

Kritik am Alleingang des Präsidiums kommt auch vom interdisziplinären Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit (IKFN), das als geisteswissenschaftlicher Leuchtturm der Uni Osnabrück gilt. Kunstgeschichte ist eins von neun Fächern, die mit dem IKFN zusammenarbeiten. Das IKFN verliert ein wichtiges Fach, das für die interdisziplinäre Erforschung der Frühen Neuzeit von zentraler Bedeutung ist″, sagt Institutsdirektorin Siegrid Westphal. Besonders problematisch sei, dass hier ganz wesentliche Eingriffe in die Fächerstruktur der Universität″ vorgenommen würden, die zulasten der Geisteswissenschaften gehen.

Herber Verlust

Die Verflechtung des Faches Kunstgeschichte mit vielen anderen Fächern im Zwei-Fächer-Bachelor sei vom Präsidium offenbar nicht berücksichtigt worden. Ebenso wenig die Tatsache, dass das Fach Kunst ohne kunstgeschichtliche Anteile gar nicht studiert werden kann. Die Vertreter der Kunstgeschichte hätten zudem dazu beigetragen, Kunstwerke der Stadt Osnabrück sowie des Osnabrücker Landes in Kooperation mit den regionalen Museen zu erforschen, sagt Westphal. Künftig würden Experten fehlen, die Auskunft über die Kunst der Region geben oder bei geplanten Tagungen, Ausstellungen und Aktionen beratend tätig werden können. Ob dieser Zug noch aufzuhalten ist, wage nicht nur ich zu bezweifeln. Juristisch ist das Vorgehen des Präsidiums abgesichert″, stellt die IKFN-Direktorin fest.

Die Uni teilte am Dienstag auf Nachfrage unserer Redaktion mit, dass es sich bei der geplanten Schließung des Kunsthistorischen Instituts um einen universitätsinternen, nicht abgeschlossenen Vorgang″ handelt. Der Vorschlag des Präsidiums solle mit den Gremien der Universität zu Beginn des kommenden Jahres diskutiert werden. Über das Ergebnis werde die Öffentlichkeit zu gegebener Zeit informiert″. Ein eventueller Beschluss zu einem frühen Zeitpunkt sei aber nötig, um den Studenten einen ordnungsgemäßen Abschluss ihres Studiums zu ermöglichen und laufende Vorhaben und Promotionen abzuschließen.

Bildtext:
Die Uni Osnabrück schließt das Kunsthistorische Institut.

Foto:
Michael Gründel

Kommentar:

Klein, aber fein

Wenn man einen Sumpf trockenlegen will, darf man nicht die Frösche fragen. Getreu diesem Motto hat das Präsidium der Universität Osnabrück heimlich, still und leise das Aus des Kunsthistorischen Instituts beschlossen.

Auch wenn die Hochschulleitung eine offizielle Begründung für ihre Schließungspläne bislang schuldig bleibt: Offenbar spielt das kleine, aber feine Fach Kunstgeschichte in den strategischen Überlegungen der Uni Osnabrück keine Rolle mehr. Eine geisteswissenschaftliche Sparte, die 42 Jahre lang zum festen Fundament gehörte, nun aber im harten Wettbewerb um Köpfe und Gelder als unwirtschaftliches und deshalb verzichtbares Angebot ausgemacht wurde. Man könnte auch sagen: Das Kunsthistorische Institut ist dem Präsidium nicht mehr lieb und teuer, sondern nur noch teuer und zwar zu teuer.

Durch die Schließung könnten allein beim Personal in der Tat ein paar Hunderttausend Euro im Jahr gespart werden. Doch sind das Summen, die den Kohl an anderer Stelle fett machen speziell in den kostspieligen Naturwissenschaften? Es mag legitim sein, Forschung und Lehre auf Gebieten zu stärken, von denen sich die Universität größere Aufmerksamkeit und Rendite in Form von Zulauf, Fördermitteln und Ergebnissen verspricht. Problematisch ist es aber, dafür ungefragt Fächer in den Nischen auszuradieren erst recht, wenn diese kein einsames Mauerblümchendasein fristen, sondern wie die Kunstgeschichte weit in die Uni und das öffentliche Leben ranken.

Am Beispiel eines todgeweihten Mini-Instituts wird sich nun zeigen, wie es um die Solidarität der Geisteswissenschaften in Osnabrück und ihren Einfluss auf die entscheidenden Gremien bestellt ist.
Autor:
sst


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