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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Wie kam H5N8 nach Niedersachsen?
 
Wie kam das Virus nach Europa?
Zwischenüberschrift:
Vogelgrippe: Streit um Einschleppung – Zweifel an offizieller Zugvogel-These
Artikel:
Kleinbild
 
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Originaltext:
Osnabrück. Wie kam die Vogelgrippe nach Niedersachsen? Das Landwirtschaftsministerium in Hannover hat erhebliche Zweifel″ daran, dass daran allein Zugvögel die Schuld tragen. Zuvor hatten bereits Naturschützer die These kritisiert.

Wie verbreitet sich die Vogelgrippe ? Immer lauter werden die Stimmen derjenigen, die Zweifel an der offiziellen Lesart äußern, wonach Zugvögel den todbringenden Erreger einschleppen. Die Geflügelwirtschaft sei selbst schuld, heißt es. Ein Kampf um die Deutungshoheit hat begonnen.

Osnabrück. Was die Fachleute des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) sagen, ist quasi Gesetz. Die Einschätzungen der Experten des Bundesforschungsinstituts sind maßgeblich für das Handeln der Behörden im Fall von Tierseuchen. Bei der Vogelgrippe heißt das: Aller Wahrscheinlichkeit nach haben Zugvögel den Erreger H5N8 als todbringende Fracht mitgebracht.

Doch nicht alle wollen diese aus ihren Augen einseitige Schuldzuweisung akzeptieren. Der Naturschutzbund (Nabu) wirft den Forschern Scheuklappen-Mentalität″ vor. In einer Mitteilung heißt es: Zahlreiche Indizien sprechen vor allem für eine Verbreitung des Virus durch die Geflügelwirtschaft selbst.″ Nach Auffassung des Nabu ist das Virus möglicherweise über Geflügeltransporte aus China nach Europa gelangt. Zunächst nach Ungarn, das wiederum Geflügel vor allem nach Deutschland, Polen und Österreich exportiert.

Belege dafür hat der Nabu nicht, aber: Die Tatsache, dass diese Ausbruchsherde meist in unmittelbarer Nähe großer Schlachthöfe oder an den vermuteten Routen und Rastplätzen von Lebendgeflügel-Transporten liegen, ruft dringend nach einer eingehenden Überprüfung aller Transporte zwischen den betroffenen Betrieben und Schlachthöfen in den genannten Ländern″, heißt es .

Im Interview mit dem Spiegel″ vertritt auch der Ornithologe Josef Reichholf die Auffassung, die Branche sei selbst schuld. Seine These: Aus den Geflügelhaltungen heraus wurden die Wildtiere über das Ausbringen von Mist auf Feldern infiziert. Ein erkrankter Zugvogel, so seine Behauptung, könne kaum über Tausende Kilometer fliegen. Das Tier wäre während des Fluges verendet es sei denn, es hat sich erst hier bei uns angesteckt.″ In der Konsequenz sei damit auch die Stallpflicht für Millionen Stück Nutzgeflügel sinnlos.

Reichholf verweist zudem darauf, dass der Erreger in geschlossenen Stallanlagen nachgewiesen wurde. Welcher infizierte Schwan […] hat Zutritt zu einer geschlossenen Hühnerfarm?″, fragt der Honorarprofessor . Aber wie gelangte der H5N8-Erreger nach Deutschland? Anders als der Nabu hat Reichholf nicht Tiertransporte im Verdacht, sondern Futtermittel, die weltweit gehandelt würden.

Die Kritik ist eingängig und für Laien nachvollziehbar. Allein die Belege fehlen. Weder die Kritiker noch die betroffenen Branchen wundert das. Die einen sagen, das FLI würde entsprechende Thesen erst gar nicht überprüfen und dadurch die Wirtschaft schützen. Die anderen sagen, es handle sich um Verschwörungstheorien, die immer keimten, wenn wieder die Vogelgrippe grassiere.

Das FLI spricht auf Anfrage von behaupteten Thesen″ und verteidigt seine Auffassung, die wissenschaftlich gesichert″ sei. Für Präsident Thomas Mettenleiter handelt es sich um eine Pandemie unter Wildvögeln: Während bereits Hunderte infizierte Kadaver in Deutschland gefunden worden seien, sei der Erreger H5N8 bislang nur in vier Nutztierbeständen nachgewiesen worden.

Todesfälle verschwiegen?

Auch dafür haben die Kritiker wie Ornithologe Reichholf eine Erklärung: Tierhalter würden Todesfälle schlichtweg verschweigen, um eine Keulung ihrer gesamten Bestände zu verhindern. Wissenschaftler halten dagegen: Der Erreger sei so tödlich, dass binnen kurzer Zeit ein Großteil der Tiere sterben würde.

Mit den Nachweisen ist es so ein Problem. Martin Ryll, Wissenschaftler an der Tiermedizinischen Hochschule Hannover, sagt, möglicherweise werde nie ganz geklärt, wie der Vogelgrippe-Erreger in geschlossene Anlagen gelangen konnte. An der Zugvogel-Theorie hat er aber keine Zweifel . „ Uns als Feldornithologen fällt es selbstverständlich schwer zu akzeptieren, dass , unsere befiederten Lieblinge′ an solchen Krankheitsgeschehen ursächlich mitbeteiligt sind, aber es ist aber wohl wissenschaftlich unwiderlegbar gut dokumentiert″, so Ryll. Die FLI-Kritiker wird er damit nicht überzeugen können.

Und selbst auf behördlicher Seite scheint die Front derjenigen zu bröckeln, die die Zugvogelthese glauben. In Niedersachsen der deutschen Geflügelhochburg hat es in den vergangenen Wochen zwei Ausbrüche in Putenställen gegeben, die eigentlich von der Außenwelt abgeschottet sind.

Im Landwirtschaftsministerium Hannover macht man sich so seine Gedanken. Eine Sprecherin sagt: Das Ministerium hat erhebliche Zweifel an der Wildvogelthese als alleinige Ursache der Vogelgrippe.″ Die bisher aufgetretenen Fälle seien damit jedenfalls nicht zu erklären. Deswegen werde in Niedersachsen mindestens genauso viel Aufmerksamkeit wie auf Wildvögel als Verursacher auch auf andere Verbreitungsmöglichkeiten wie Transporte, Futtermittel oder durch Menschen gelegt.

Die Vogelgrippe: mehr auf noz.de/ agrar

Bildtext:
Zugvögel brachten den Vogelgrippe-Erreger nach Deutschland oder vielleicht doch Geflügeltransporte?

Fotos:
dpa
Autor:
df


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