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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Osnabrück klagt gegen Netzausbau
 
Stadt klagt gegen Leitungsausbau
Zwischenüberschrift:
Vor dem Bundesverwaltungsgericht – Zu hohe Lärmbelästigung?
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Die Stadt Osnabrück hat beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klage gegen den Ausbau der Hochspannungsleitung zwischen Lüstringen und Westerkappeln eingereicht. Grund sind Befürchtungen, dass die Lärmimmission durch knisternde Leitungen deutlich über den zulässigen Grenzwerten für Wohngebiete liegen könnte. Die Aussagen der Stadt, die ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben hat, und des Netzbetreibers Amprion widersprechen sich in diesem Punkt. Die Klage der Stadt richtet sich gegen den aktuellen Planfeststellungsbeschluss. Schon seit 1984 liegt eine grundsätzliche Genehmigung vor, die 13, 7 Kilometer lange Leitung (Trasse 18) mit 380 Kilovolt zu betreiben. Bislang nutzt Amprion die Verbindung aber nur auf der 110- und 220-Kilovolt-Spannungsebene

Die Stadt Osnabrück zieht vor das Bundesverwaltungsgericht, um den geplanten Ausbau der Hochspannungsleitung im Osten und Süden der Stadt zu verhindern.

Osnabrück. Die Klage der Stadt richtet sich gegen den im Oktober erlassenen Planfeststellungsbeschluss für die Trasse 18. Das ist die Hochspannungsleitung zwischen den Umspannwerken Westerkappeln und Lüstringen. Über 13, 7 Kilometer führt diese Trasse zum Teil an der A 30 entlang und berührt Wohngebiete in Hasbergen-Gaste, Hellern, Nahne und Voxtrup. Nach Angaben der Stadt leben 8600 Menschen im Wirkungskreis dieser Stromleitung, die als kleiner Baustein der großen Energiewende auf 380 Kilovolt aufgerüstet werden soll.

Am 6. Oktober hat die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr den Planfeststellungsbeschluss gefasst. Auf dieser Grundlage kann Netzbetreiber Amprion die Umrüstung auf Höchstspannung auf den Weg bringen wenn der Beschluss die höchstrichterliche Prüfung besteht. Die Stadt will eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses erreichen. Ihr wichtigstes Argument: Von der 380-kV-Leitung würde eine unzumutbare Lärmbelästigung für die Bewohner der betroffenen Stadtteile ausgehen.

Es geht um die Koronageräusche. Wer bei Nieselregen schon einmal unter einer Stromleitung gestanden hat, weiß, dass es in der Nähe der Leitungen knistert, prasselt, rauscht oder brummt je nach Wetterlage und Grad der Luftfeuchtigkeit. Amprion beruft sich auf ein Gutachten des Tüv Süddeutschland, das in Zusammenhang mit dem Bau einer 380-kV-Trasse in Hessen entstanden ist. Demnach liegen die Immissionen selbst im schlimmsten Fall erheblich″ unter den Grenzwerten, wie es im Erläuterungsbericht zum Trassenausbau heißt. In reinen Wohngebieten und besonders empfindlichen Zonen mit Krankenhäusern oder Kureinrichtungen sind nachts nach der TA Luft 35 Dezibel zulässig. Amprion sagt, die Lärmbelastung der Trasse 18 werde deutlich darunter liegen.

Die Stadt glaubt das nicht und hat ihre Skepsis mit einem eigenen Gutachten untermauert. Wie Marietta Kleekamp-Lübbe vom Rechtsamt erklärt, kommt dieses Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Koronageräusche bei schwachem Regen oder Nebel bis zu 56 Dezibel erreichen werden und damit erheblich über dem Grenzwert für reine Wohngebiet (35 Dezibel) liegen. In allgemeinen Wohngebieten sind nachts 40 Dezibel zulässig. Die von der Stadt beauftragten Gutachter sind der Ansicht, dass der Netzbetreiber veraltete Daten zugrunde gelegt hat.

Wir sind davon überzeugt, dass unser Gutachten richtig ist″, entgegnet Amprion-Sprecher Arndt Feldmann. Das Unternehmen werde bei der Beseilung selbstverständlich den neuesten Stand der Technik einsetzen″ und damit die Belastung auf ein Minimum reduzieren.

Die Stadt Osnabrück kann Klage einreichen, weil sie sich in ihrer Planungshoheit verletzt sieht. Die Stromleitung überspannt Ortslagen, die als reine oder allgemeine Wohngebiete ausgewiesen sind. Die Klage liegt seit dem 11. November dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig vor. Zugleich stellte Osnabrück einen Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung, um zu verhindern, dass Amprion schon Fakten schafft. Rechtsexpertin Kleepkamp-Lübbe geht davon aus, dass selbst das einstweilige Verfahren mehrere Monate dauern wird. Das Hauptsacheverfahren wird sich nach ihrer Einschätzung wohl über Jahre hinziehen″.

Der Stadtrat hat mehrfach Bedenken gegen die geplante Aufrüstung der Hochspannungsleitung geäußert, fand damit aber kein Gehör. In großer Einmütigkeit forderte der Rat Amprion auf, nach einer Alternativtrasse zu suchen, was Amprion ablehnt. Eine Neutrassierung hätte keine Vorteile. Verlagerung gar nicht nötig. Eine Erdverkabelung schließt Amprion unter anderem mit Hinweis auf die Kosten aus.

Auch die Bürgerinitiative Anwohner der Trasse 18″ will gegen den Planfeststellungsbeschluss vorgehen. Die Sprecherinnen Annegret Gutendorf und Mechthild Thiesing haben sich mit einem Spendenaufruf an die Menschen in den betroffenen Stadtteilen gewandt. Für den Rechtsstreit werde eine größere Summe″ benötigt, so Gutendorf.

Seit 1984 betreibt Amprion die Höchstspannungsfreileitung zwischen Lüstringen und Westerkappeln. Die Genehmigung von damals schließt die 380-kV-Leitung bereits ein, bislang wurde die Trasse aber nur in der 110- und 220-kV-Spannungsebene betrieben. Zwei 380-kV-Leitungen sollen auf den oberen Traversen aufgehängt werden, zwei 110-kV-Kreise auf der Traverse darunter.

Auf den Strommasten der Trasse 18 in Voxtrup arbeiten seit einigen Tagen Mitarbeiter von Amprion in luftiger Höhe. Befürchtungen von Anwohnern, die Anlagen würden bereits auf die 380-kV-Beseilung umgerüstet, zerstreut Amprion-Sprecher Feldmann: Das sind ganz normale Sanierungsmaßnahmen, reine Routine.″

Energiewende: noz.de/ energie

Bildtext:
Routinearbeiten: Netzbetreiber Amprion lässt zurzeit die Strommasten der Trasse 18 überprüfen. Das Foto entstand an der Huxmühle in Voxtrup.

Foto: Jörn Martens

Kommentar:

Alle Zweifel beseitigen

Die Stadt reicht Klage in Leipzig ein, weil sie ihre Bürger vor zusätzlichen Belastungen schützen will. Das ist recht so. Aber auch auf der anderen Seite stehen berechtigte Interessen von Bürgern, die direkt oder indirekt von der Energiewende betroffen sind.

Die Energiewende braucht den Trassenausbau. Gerade gestern kam die Meldung, dass 2016 allein in Schleswig-Holstein 300 Millionen Euro für sogenannten Wegwerf-Strom aufgebracht werden mussten. Das sind die Entschädigungen, die die Verbraucher den Windpark-Betreibern zu zahlen haben, weil diese ihren Strom wegen fehlender Leitungen nicht loswurden. Ja, es gibt ein hohes gesellschaftliches Interesse an einem zügigen Ausbau der Leitungsinfrastruktur. Aber dieser Zeitdruck darf die sorgsame politische Abwägung und gründliche rechtliche Prüfung in jedem Einzelfall nicht im Geringsten beeinträchtigen.

Die Trasse 18 ist auch so ein Einzelfall, der freilich fast 9000 Menschen betrifft. Deshalb gilt: Amprion darf mit dem Ausbau auf 380 Kilovolt erst beginnen, wenn alle Zweifel beseitigt sind. So viel Geduld muss sein.
Autor:
hin


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