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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Zu viel Stickstoffdioxid in der Stadt
 
„Verkehr muss radikal reduziert werden″
Zwischenüberschrift:
Stickstoffdioxid-Werte in Osnabrück wohl auch 2016 zu hoch – Anwohner können klagen
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Der Stickstoffdioxid-Wert liegt in Osnabrück auch in diesem Jahr über der erlaubten Grenze. Neumarkt und Schlosswall sind innerhalb der Stadt die neuralgischen Punkte.

Dank eines Verlängerungsantrages muss Osnabrück die EU-Grenzwerte erst seit 2015 einhalten was ihr aber seither nicht gelungen ist. Eine schnelle Lösung des Problems ist nicht in Sicht. Wir sind mit unserem Latein am Ende″, gibt Detlef Gerdts, Leiter des Fachbereichs Umwelt und Klimaschutz, im Gespräch mit unserer Redaktion unumwunden zu.

Weniger Verkehr könnte eine mögliche Lösung sein. Womöglich werde der Luftreinhalteplan der Stadt, der derzeit überarbeitet wird , eine Reduzierung des Verkehrs beinhalten, kündigt Gerdts an. Dazu müsste aber die Politik mitspielen.

Stickstoffdioxid gilt als größtes Problem in Osnabrücks Schadstoffbilanz. Der erlaubte Jahresmittelwert wird wohl auch dieses Jahr deutlich überschritten.

Osnabrück. Von Januar bis November registrierte die Verkehrsmessstation des Gewerbeaufsichtsamts Hildesheim am Schlosswall einen Mittelwert von 47 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft (µg/ m³). Der negative Spitzenwert lag im Juni bei 211 Mikrogramm, wie Zahlen des Lufthygienischen Überwachungssystems zeigen. Die EU erlaubt seit 2010 einen Jahresmittelhöchstwert von 40 µg/ . Im Zeitraum von maximal einer Stunde sind bis zu 200 µg/ erlaubt bis zu 18-mal im Jahr. In diesem Punkt patzte die Stadt bislang nicht.

Der Passivsammler im Bereich des Neumarkts registrierte von Januar bis September einen Mittelwert von ebenfalls 47 µg/ m³, sagt Andreas Hainsch vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim. Man kann also davon ausgehen, dass die 40 Mikrogramm auch in diesem Jahr überschritten werden.″ Am Schlosswall wurde der Jahresmittelhöchstwert von 40 µg/ seit 2010 kein einziges Mal eingehalten. Als Hauptquelle der Schadstoffe gilt der Verkehr. NO2 kann Asthma und womöglich Krebs verursachen.

Wir sind mit unserem Latein am Ende″, sagt Detlef Gerdts, Leiter des Fachbereichs Umwelt und Klimaschutz . Dank eines Verlängerungsantrages muss die Stadt die EU-Grenzwerte erst seit 2015 einhalten was ihr aber seither nicht gelungen ist. Eine schnell umsetzbare Lösung hat Gerdts nicht . Problem seien die vielen Dieselautos, doch der blauen Plakette erteilten die Verkehrsminister der Länder und des Bundes eine Absage.

Zweite Idee: Der Verkehr muss radikal reduziert werden, aber das geht nicht sofort.″ Womöglich werde der Luftreinhalteplan der Stadt, der derzeit überarbeitet wird , eine Reduzierung des Verkehrs beinhalten. Doch wie das in der Praxis gelingen soll, weiß ich nicht″, sagt Gerdts. Schließlich müsste da die Politik mitspielen.

Eine Strafe werde Osnabrück wohl nicht für 2015, 2016 und 2017 zahlen müssen, sagt Gerdts. Derzeit laufe ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik, weil 28 Ballungsregionen die Grenzwerte seit 2010 nicht einhalten oder kein erfolgreiches Verlängerungsverfahren gegenüber der EU erfolgt ist. Die EU wird nun entscheiden müssen, ob sie gegen die circa 20 zusätzlichen Ballungsräume, die trotz gewährter Verlängerung auch 2015 die Grenzwerte überschritten haben, ein eigenes Vertragsverletzungsverfahren einleitet oder die betroffenen Ballungsräume etwa Hannover, Osnabrück und Oldenburg in das laufende Vertragsverletzungsverfahren einbezieht″, sagt Gerdts. Dann werde entschieden, ob Klage beim Europäischen Gerichtshof erhoben wird. Daraus könne eine feste Strafe von 30 Millionen Euro resultieren sowie Tagesstrafen von 28 000 bis 880 000 Euro bei weiteren Grenzwertüberschreitungen. Das Geld würde sich der Bund von den Ländern wiederholen, sagt Gerdts. Das Land könne es sich nicht von der Stadt wiederholen, weil es hierzu noch kein Gesetz in Niedersachsen gebe. Ein eigenes EU-Verfahren gegen Osnabrück kann und wird es also nie geben.″ Die EU gehe nur gegen Mitgliedstaaten vor.

Größere Sorgen habe Gerdts wegen einem Dutzend erfolgreicher Klagen der Deutschen Umwelthilfe gegen Städte. Jeder betroffene Anwohner könne die Stadt Osnabrück verklagen.

Die Ratsfraktionen sind sich nicht einig, wie die Stadt dem Problem Herr werden könnte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Fritz Brickwedde hält Elektro-Busse, weniger Staus, einen attraktiven ÖPNV und ein besseres Radwegenetz für Lösungsansätze. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Henning meint: Das Problem ist auf kommunaler Ebene allein nicht zu lösen.″ Er setzt ebenfalls auf E-Busse sowie umweltfreundlichere Autos.

Durchfahrtsverbote als letztes Mittel sind für die betroffenen Autohalter bitter, aber zugunsten der Anwohner wohl unausweichlich″, sagt hingegen Frank Bajus (Grüne), Mitglied des Stadt- und Umweltausschusses. Auch er setzt zudem auf saubere E-Busse. Thomas Thiele, Fraktionsvorsitzender der FDP, setzt trotz der Absage aus der Verwaltung auf den Wall als einen großen Kreisverkehr sowie eine Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf Autobahnen, ein verbessertes Bussystem, einen verbesserten Radverkehr sowie ein Park-and-Ride-Angebot. Wulf-Siegmar Mierke von der UWG würde notfalls auch den Neumarkt für den Busverkehr sperren wollen. Der Verkehr auf dem Wall müsse flüssiger fließen denkbar wäre dort ein Linksabbiegeverbot . Auch Mierke findet Thieles Idee des Walls als Kreisverkehr attraktiv.

Die Überschreitung des zulässigen Jahresmittelhöchstwerts von NO2 an gleich zwei Stellen dem Wall und dem Neumarkt bestätige die Bestrebungen, den Neumarkt zu entwidmen und über die Verkehrsbelastung vor allem durch Lkw auf dem Ring weiter zu diskutieren, schreibt Heidi Reichinnek im Namen der Fraktion Die Linke. Für sie stehe an erster Stelle der autofreie Neumarkt″. Der Bund der Osnabrücker Bürger (BOB) plädiert für eine bessere Verkehrsführung und Ampelschaltungen sowie einen äußeren Ring zur kompletten Umfahrung der Innenstadt.

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Kommentar: Beliebtheitswerte kontra Verantwortung

Einige Politiker schieben dem Bund und den Verkehrsministern die Schuld für die hohen NO2-Werte zu: Waren sie es doch, die sich gegen die blaue Plakette für schadstoffarme Dieselautos ausgesprochen hatten. Als Lokalpolitiker ist es aber ihre Aufgabe, lokal Maßnahmen zu ergreifen. Allerdings ist das Auto des Deutschen liebstes Kind. Dabei vergessen, ignorieren oder verdrängen viele Autofahrer offenbar allzu gerne: Ihre Autos können uns alle krank machen, insbesondere Kinder. Doch die Liebe zum Auto oder zur Bequemlichkeit ist offenbar nicht selten größer. Dabei fordert niemand, Autos ganz aus der Stadt zu verbannen. Viel wäre bereits gewonnen, wenn es für die ungezählten unnötigen Fahrten einfach mal in der Garage stehen bliebe.

Da das in naher Zukunft wohl nicht in großem Stil passieren wird, sind die Lokalpolitiker gefragt, den Verkehr zu reduzieren. Damit würden sie sich zwar nicht gerade beliebt machen. Doch was ist ihnen wichtiger? Beliebtheitswerte oder die Gesundheit
der Bürger und unserer Kinder?

Bildtext:
Auch in diesem Jahr wird Osnabrück den Jahresmittelhöchstwert beim Stickstoffdioxid wohl wieder überschreiten sowohl am Neumarkt wie auch am Schlosswall.

Foto:
Michael Gründel
Autor:
yjs
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