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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
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Inhalt:
Überschrift:
Große Worte, kleine Schritte
 
Wie Marokko Zeichen für die Zukunft setzt
Zwischenüberschrift:
Signal zum Ende der Klimakonferenz: Arme Länder wollen Kohle-Ausstieg
Artikel:
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Originaltext:
Vor einem Jahr in Paris ist der Welt beim Klimaschutz der große Wurf gelungen. In Marrakesch sollte es etwas ruhiger zugehen und dann kam Donald Trump.

dpa Marrakesch. John Kerry weiß, was die Klimaschutzminister in Marrakesch wissen wollen. Lasst uns über den Elefanten im Raum reden″, soll der scheidende Außenminister der USA Teilnehmern zufolge gesagt haben. Der Elefant heißt Donald Trump, ein Mann, der nicht an den menschengemachten Klimawandel glaubt und im Januar US-Präsident wird. Kaum etwas beschäftigt die Politiker, Diplomaten, Journalisten und Beobachter aus fast 200 Ländern so sehr wie diese Wahl.

Vom 8. November an machen die Klimadiplomaten überdeutlich, dass sie notfalls auch ohne die USA unbeirrt weitermachen wollen jetzt erst recht. Diese globale Einigkeit beim Klimawandel schien einst undenkbar, aber nun ist sie unaufhaltbar geworden″, unterstreicht UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Ins öffentliche Interesse rückt China, weltgrößter Treibhausgas-Produzent, zweitgrößte Volkswirtschaft und zuletzt mit den USA zusammen entscheidender Treiber im Klimaschutz.

Die Delegierten werden in Marrakesch in höchsten Tönen gelobt. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks lobt die Leistung Chinas auf der UN-Konferenz als herausragend gut″. Die Deutschen wünschen sich, dass Europa die Lücke füllt, die die USA voraussichtlich reißen werden. Hendricks, die zu Hause bis vor ihrer Abreise um den Klimaschutzplan kämpfen musste, fordert einen engen Schulterschluss″ Europas mit China. EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete verspricht: Wir werden so viele Verbindungen wie möglich mit anderen Ländern wie China etablieren.″

Der ein oder andere Journalist kann dem Trump-Schock auch etwas Gutes abgewinnen. Sonst würde das hier ja gar keinen interessieren″, dieser Satz fällt gelegentlich zwischen den großen Zelten, in denen immerhin über die Zukunft der Menschheit verhandelt wird.

Dass ein bisschen die Luft raus sein würde nach dem gewaltigen Trubel und Jubel von Paris, das war abzusehen. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth von der deutschen Delegation erklärt Journalisten die Ergebnisse mit dem Zusatz: Ich weiß, das ist für Sie alle gar nicht nach draußen zu transportieren.″ Die Stimmung beschreiben die einen als kooperativ und beschwingt von den Erfolgen der vergangenen Monate, andere berichten von schärferen Tönen. Die Einschätzungen stimmen aber weitgehend überein es geht voran. In kleinen Schritten.

Ein bisschen was Konkretes gibt es gegen Ende aber doch. Am voraussichtlich letzten Tag erklären gut 45 Staaten, dass sie bis 2050 nur noch auf Ökostrom setzen wollen. Es sind nicht China oder die USA, sondern die Staaten, die am meisten vom Klimawandel betroffen sind hauptsächlich Entwicklungs- und Schwellenländer. Gastgeber Marokko ist dabei. Und Fidschi, Gastgeber der nächsten UN-Klimakonferenz. Die findet 2017 in Bonn statt, denn der kleine Inselstaat kann die Konferenz selbst nicht ausrichten. Daher übernimmt die Stadt, in der das UN-Klimasekretariat seinen Sitz hat. Bis dahin gibt es noch viel zu tun. Und zu bereden. So viel, dass der Klimagipfel in Marrakesch vielleicht sogar noch diesen Samstag fortgeführt wird.

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Bildtext:
Sonnige Aussichten: In Marokko, Gastgeber des Klimagipfels, entsteht bei Ouarzazate auch der größte Solarkraft-Komplex der Welt.
Foto:
dpa

Kommentar
Absurdes Theater

Wie schon in Paris ging auch der Klimagipfel in Marrakesch euphorisch zu Ende: 45 Länder nehmen Abschied von der Kohle und setzen auf Sonnen-, Wind- und Wasserenergie. Super, oder? Im Prinzip schon. Allerdings: Der Vorstoß wird auf die Erderwärmung keine Auswirkungen haben. Im Ranking der schlimmsten Luftverpester rangieren die 45 weit unten. Damit ist die Aktion kaum mehr als ein medienwirksamer Hilferuf armer, vom Klimawandel extrem bedrohter Länder.

Und was tun die Industriestaaten? Wenig. So will Donald Trump, bald US-Präsident, aus dem Pariser Vertrag ausscheren. Und Deutschland, einst Musterschüler beim Klimaschutz, verfehlt selbst die mittlerweile wachsweichen nationalen Zielmarken. Wie peinlich. China immerhin will mit seiner E-Auto-Quote den Smog bekämpfen und setzt in großen Teilen auf Wasserenergie. Dass dafür Tausende Dörfer weichen müssen und ein Kohleausstieg nicht geplant ist, steht auf einem anderen Blatt.

Was also bleibt von Marrakesch? Vor allem das Gefühl, ein absurdes Theater betrachtet zu haben. Statt vereint das Problem zu lösen, applaudieren die reichen Staaten dem mutigen Vorstoß der armen. Und subventionieren sie mit Geld und Technik, damit diese ihren geringen Stromverbrauch klimafreundlich erzeugen können. Das beruhigt vielleicht das Gewissen. Dem Klima hilft es nicht.

Marrakesch. Ouarzazate ist eine tonfarbene Stadt mitten im Nichts. Kilometerweit nur Steine und Sand . Hier wurden Star Wars″ und Game of Thrones″ gedreht. 320 Tage im Jahr scheint die Sonne, so viel wie sonst kaum irgendwo auf der Welt.

Die Gegend ist wie geschaffen für ein Solarkraftwerk, und der Kraftwerks-Komplex Noor wird eines der größten der Welt. 580 Megawatt Leistung auf rund 30 Quadratkilometer Fläche, in einer Gegend wie dieser ist das kein Problem. Marokko, Gastgeber der diesjährigen Weltklimakonferenz, zeigt das Pilotprojekt gern. Das Besucherzentrum, in dem die deutsche Delegation um Umweltministerin Barbara Hendricks mit festen Schuhen, Sicherheitswesten und Helmen ausgestattet wird, könnte auch ein Luxushotel sein.

Strom aus Sonnenenergie ist in Marokko etwas Neues. Das Land verließ sich bisher auf Kohle, Öl und Gas. Aber König Mohammed VI. und seine Regierung haben entschieden, die Produktion von Ökostrom schnell auszubauen: 52 Prozent erneuerbare Energien bis 2030 sind das Ziel. Deutschland peilt 55 bis 60 Prozent bis 2035 an.

Gigantische Spiegel

Eines von vier Noor-Kraftwerken ist schon am Netz, bis Ende 2018 soll alles fertig sein. Die gigantischen Spiegel, die je nach Kraftwerkstyp Öl erhitzen oder direkt Salz zum Schmelzen bringen, sollen einmal zwei Millionen Marokkaner mit Strom versorgen. 2, 2 Milliarden Euro müssen investiert werden. Deutschland schießt über die KfW Entwicklungsbank ordentlich zu. Wir appellieren an Marokko, nicht neu in Kohle zu investieren″, sagt Hendricks. Noch ist es nicht so weit.

Solarthermie-Kraftwerke wie bei Ouarzazate, die aus Sonnenenergie Wärme gewinnen, produzieren Strom teurer als Fotovoltaik. In Marokko hält man sie trotzdem für zukunftsweisend, weil der Strom hier gespeichert wird. Das ist auf jeden Fall ein Beispiel für Afrika″, sagt Hendricks jedenfalls in der Nähe großer Städte und wo Leitungen vorhanden seien. Anderswo brauche es vielleicht dezentrale Lösungen.
Autor:
Teresa Dapp, Melanie Heike Schmidt, dpa


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