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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Entsorger wollen Dämmstoffe nicht
Zwischenüberschrift:
Handwerk bleibt auf mit Flammschutzmittel behandeltem Styropor sitzen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Mit Flammschutzmitteln behandelte Dämmstoff-Platten aus Styropor gelten neuerdings als gefährlicher Müll. Doch niemand will sie entsorgen. Auf vielen Baustellen im gesamten Bundesgebiet stapeln sich deshalb Berge von Sanierungsresten.

Osnabrück. Seit Jahrzehnten werden Häuser in Dämmstoff-Platten aus Styropor (Polystyrol) eingepackt, um die Wärme zu dämmen. Seit dem 30. September gelten die mit dem Flammschutzmittel HBCD behandelten Dämmstoffe aber als gefährlichen Abfall und müssen deshalb in Sondermüllverbrennungsanlagen gebracht werden. Viele Betreiber nehmen diese Abfälle aber nur begrenzt oder gar nicht an. Auch in Niedersachsen und Bremen führt das zu erheblichen Entsorgungsproblemen.

Wir haben von zahlreichen Mitgliedsbetrieben Rückmeldung bekommen, dass sich landesweit ebenfalls viele Müllverbrennungsanlagen weigern, die HBCD-haltigen Dämmstoffe anzunehmen″, berichtet Frank Biermann, Syndikusanwalt beim Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Niedersachsen-Bremen, im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Zentralverband des Baugewerbes warnt sogar vor einem Entsorgungsnotstand. Es drohten umweltpolitische Rückschläge und wirtschaftliche Schäden. Auch Stefan Schmidmeyer vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung berichtet von großen Anlaufschwierigkeiten bei der Umsetzung der neuen Bestimmungen.

HBCD ist das Kürzel für das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan, das den Dämmplatten meist zugesetzt wird. Im Brandfall soll es verhindern, dass sich ein Feuer schnell an einer Hausfassade ausbreitet. Wenn HBCD in die Atemluft gelangt, kann es aber auch die Entwicklung von Embryonen und Säuglingen beeinträchtigen. Deshalb wird es inzwischen nicht mehr für Dämmstoffe verwendet. Doch viele Millionen Quadratmeter der alten Hartschaumplatten kleben bundesweit noch an Häusern. Bis zum Oktober wurden sie bei Sanierungs- und Abbrucharbeiten meist kostengünstig geschreddert, mit anderen Abfällen zu einem Ersatzbrennstoff vermischt und anschließend in Industriekraftwerken verbrannt. In der Folge der vom Bundesrat beschlossenen Umsetzung einer EU-Verordnung müssen die HBCD-haltigen Dämmstoffe nun aber auf Baustellen bei Sanierungs- und Abbrucharbeiten getrennt gesammelt, dokumentiert und von Entsorgungsfirmen zur thermischen Verwertung gesondert in Sondermüllverbrennungsanlagen abtransportiert werden. Von diesen Anlagen gibt es bundesweit etwa 30.

Die Tatsache, dass viele von ihnen die Annahme von HBCD-Abfällen ablehnen, führt Biermann auf technische oder wirtschaftliche Gründe zurück. In ungünstigen Fällen kann das dazu führen, dass die entsprechenden alten Dämmstoffe nicht entsorgt werden können und zwischengelagert werden müssten.″ Biermann vermutet, dass die Verbrennungsanlagen derzeit einen so hohen Auslastungsgrad haben, dass die Entsorgung dieser Stoffe für sie keine Priorität habe. Wenn sie sie trotzdem annehmen, sei das mit einem erheblichen Anstieg der Entsorgungskosten verbunden. Dann stellt sich allerdings die Frage, wer die Kostensteigerung zu tragen hat″, betont Biermann.

Fehlplanung

Besonders dramatisch scheint die Situation aber in Nordrhein-Westfalen zu sein: Es gibt derzeit keine einzige Möglichkeit, diese Dämmstoffe zu entsorgen″, zeigt sich Bernhard Friedrichs, Obermeister der Dachdecker-Innung Steinfurt, alarmiert. Seit dem 30. September werde die Annahme jeglicher Dämmstoffe, egal ob mit HBCD oder auch ohne, von der Entsorgungswirtschaft verweigert. Bei den Dachdeckern türmten sich deshalb Dämmstoffberge auf den Baustellen und den Betriebshöfen. Das ist eine kurzsichtige Fehlplanung der Politik, die die ersten Betriebe, obwohl mit Aufträgen ausgelastet, vor die Kurzarbeit stellt und blockiert″, kritisierte Friedrichs. Biermann appelliert an die Politik, die Regelung zu überprüfen und gegebenenfalls unbürokratische Maßnahmen einzuleiten.″

Bildtext:
Bei neuen Dämmplatten kommt das gesundheitsschädliche Flammschutzmittel HBCD nicht mehr zum Einsatz.
Foto:
imago/ Jochen Tack
Autor:
Waltraud Messmann


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