User Online: 2 | Timeout: 01:59Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Der triste Schein des Viertels trügt
Zwischenüberschrift:
Ein „planloser″ Rundgang durch Osnabrücks Stadtteile – Heute: Kalkhügel
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Wie die Lebensader des Viertels schlängelt sich die Sutthauser Straße durch den Stadtteil Kalkhügel: Häuserreihen und Geschäfte säumen den Hauptverkehrsweg.
Osnabrück. Grau- und beigefarbene Mehrfamilienhäuser sowie identische, dunkelrote Klinkerbauten reihen sich an den Fußgängerwegen meterweit aneinander. Trotz der architektonischen Eintönigkeit glänzt das Osnabrücker Wohnviertel mit liebenswerten Vorzügen.
Inmitten der tristen Reihenhäuser erstrahlen einzelne, farbenprächtig gestrichene Hausfronten. Einladend geöffnet ist die weiße Tür eines sonnengelben Imbisses. Seit sieben Jahren betreibt Yücel Gür mit seiner Frau den Laden PizzaDöner Land″ an der Sutthauser Straße.
Der Charme des innenstadtnahen Viertels liegt für Gür in der gemischten Nachbarschaft: Arbeiter und gehobene Gesellschaft wie Lehrer, Mediziner und eine Professorenfamilie wohnen nebeneinander″, erzählt der Ladenbesitzer. Zudem herrsche eine gesunde Mischung zwischen einheimischer Bevölkerung und Migranten wie uns″, sagt Gür stolz. Hier gibt es keine Gettobildung mit einem hohen Ausländeranteil wie in anderen Stadtteilen.″ Der gebürtige Türke kennt den Stadtteil gut. In der Nachbarschaft hat schätzungsweise die Hälfte aller Geschäfte innerhalb der vergangenen Jahre geschlossen.″ Vor Kurzem hat erst Peters Fahrradladen″ geschlossen. Die Betreiber des Geschäfts sind feine Leute gewesen″, erinnert sich der Imbissbetreiber.
Viertel im Wandel
Direkt am Anfang des Osnabrücker Wohnviertels nahe dem Rosenplatz liegt der frisch geräumte Laden. In diesem Jahr öffnete Peters Fahrradladen″ Anfang August zum letzten Mal die mintgrüne Geschäftstür. Jetzt verdecken weiße Papierfolien und Plakate die zwei großflächigen Schaufenster. Einzig im Innenraum des Ladens noch sichtbar: das schwarz-weiße Schild mit der Aufschrift Peters Fahrradladen″. Mehr als drei Jahrzehnte gab es das lokale Geschäft.
Noch besser als Ladenbesitzer Gür kennt Seniorin Christa Kuntze den Kalkhügel. Als Kinder haben wir in den Feldern gespielt in den letzten Jahrzehnten ist dort jedoch alles bebaut worden″, sagt die langjährige Anwohnerin. Früher gab es einen Schlachter an der Sutthauser Straße.″ Aber das ist lange vorbei.
Die lokalen Geschäfte wie einst der Schlachter weichen Handelsketten wie dem Edeka-Supermarkt oder einer Bäckerei der Marke Middelberg, die nun die Sutthauser Straße säumen. Die Läden locken mit ideenreichen Mitteln: In der Nähe des Eingangs vom Edeka hängt ein Plakat mit dem aktuellen Trendthema zahlreicher Jugendlicher. Hier wurden Pokémon gesichtet!!!″, heißt es, daneben ein Pokéball.
Mögliche Pokéjäger gibt es dank der nahe liegenden Schulzentren: In den Seitenstraßen befindet sich neben dem Graf-Stauffenberg-Gymnasium auch die Berufsbildende Schule (BBS) an der Brinkstraße.
Mit einer Gartenschere stutzt die 63-jährige Gisela Meyer-Tobien die Pflanzen in ihrem Vorgarten. Durch die BBS entstand eine unheimliche Parkplatznot″, sagt die Anwohnerin. In den letzten Jahrzehnten vergrößerte sich der Campus zunehmend. Auch das Verkehrsaufkommen habe sich dadurch stark erhöht. Auf der Sutthauser Straße herrscht am Vormittag reger Betrieb: Schulbusse, Linienbusse und Autos schlängeln sich dicht an dicht den Verkehrsweg entlang. Die viel befahrene Sutthauser Straße, die Lebensader des Viertels, wird stadtauswärts jedoch immer grüner. Die dichte Bebauung lockert sich.
Im Hinterhof eines Getränkemarktes an der Sutthauser Straße liegt eine ehemalige Schokoladenfabrik. Das Tor zum Gelände steht offen. Süßwaren werden hier allerdings seit Jahrzehnten nicht mehr produziert. Der Putz der Fabrik bröckelt stellenweise. Seit 2010 befindet sich das Fabrikgebäude in Privatbesitz. Die Holzrahmen der Fenster sind teils abgesplittert. Knallige Stoffvorhänge im Stil der 80er-Jahre verdecken die Fensterfronten.
Eine weitere Besonderheit des Viertels: Neben den klassischen Handelsketten und kleineren Restaurants bereichern auch seltenere Läden den Stadtteil. Schräg gegenüber den früheren Geschäftsräumen von Peters Fahrradladen″ liegt eine Schmuckwerkstatt. Eine gelernte Goldschmiedin betreibt das handwerkliche Geschäft seit zwei Jahren. Das Schaufenster zeigt nicht nur Schmuckstücke wie selbst angefertigte Ringe, sondern auch die Werkbank der Künstlerin ist sichtbar.
Der Stadtteil Kalkhügel wirkt auf den ersten Blick wie ein Wohnviertel bestehend aus unzähligen, gleich aussehenden Reihenhäusern. Doch beim Schlendern durch das belebte Viertel zeigt sich: Der Schein trügt. Ein Besuch lohnt sich nicht nur, wenn einmal im Jahr das bekannte Seifenkistenrennen auf dem Hauswörmannsweg ausgetragen wird.
Rund 150 eigenhändig gebaute, aufwendig und farbenfroh verzierte Seifenkisten fahren dann um den Sieg. Wenngleich die außer Betrieb stehende Süßigkeitenfabrik auch keine Besucher mehr anlocken kann, so können es doch handwerkliche Geschäfte wie die Schmuckwerkstatt.
Und wen das nicht überzeugt, der sollte einen Blick auf die Hecken der Anwohner werfen. Diese sind nicht nur perfekt gestutzt, sondern auch kreativ in Szene gesetzt. Hier wacht ein kleiner Hund″ in Buchsbaumversion über einen Hauseingang. Das Grüntier verleiht der tristen Fassade Charme und zeigt: Die gleichförmigen Heime werden gemütlich hergerichtet denn selbst ein Heckentier wird hier mit einem roten Halsband liebevoll dekoriert.

Bildtext:

Heckenkunst: Hier trägt der Wachhund″ ein Halsband.

Keine Seltenheit im innenstadtnahen Viertel: Gleich aussehende Häuser reihen sich am Kalkhügel meterweit aneinander.

Arbeiten an der Sutthauser Straße: Gür in seinem Imbiss.
Fotos: David Ebener
Autor:
Louise Sprengelmeyer


Anfang der Liste Ende der Liste