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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Verein plant die Maiwochen-Revolution
Zwischenüberschrift:
Laterna Magica bewirbt sich um Bühnenstandort und fordert Subventionen von der Stadt
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück. Der Kulturförderverein Laterna Magica will die Osnabrücker Maiwoche umkrempeln und mit einer Reihe von Neuerungen attraktiver und nachhaltiger machen. Dazu hat er ein detailliertes Konzept entwickelt. Doch der Verein sagt auch: Ohne Geld von der Stadt geht es nicht.
Ein entstaubtes Europadorf mit zwei Bühnen, vielen Straßenkünstlern und jeder Menge Street Food, außerdem ein einheitliches Pfandsystem und die Osnabrücker Währung Friedensthaler″ als bevorzugtes Zahlungsmittel: Das sind die aufsehenerregendsten Ideen und Vorschläge, mit denen sich die Laterna Magica fristgerecht zum 31. August bei der Stadt um die Planung und Durchführung von Maiwochen-Veranstaltungen auf dem Nikolaiort und in der Fußgängerzone Domhof beworben hat und zwar für die Jahre 2017 bis 2021.
Der Verein will der Osnabrücker Traditionsveranstaltung, die erstmals 1972 stattfand und heute mit bis zu 700 000 Besuchern zu den größten Volksfesten Norddeutschlands gehört, auf diese Weise neues Leben einhauchen. Die Maiwoche stagniert, sie wächst nicht mehr″, klagt Vorsitzender Heinz Hammoor und fordert: Wir brauchen neue Impulse!
Tricks auf dem Hochseil
Die Laterna Magica 1992 in Osnabrück gegründet, um historische Kirmes- und Volksfestkultur zu fördern sieht sich hier besonders in der Pflicht. So heißt es in ihrem 19-seitigen Konzept, das unserer Redaktion vorliegt: Unter anderem als Reaktion auf die Entwicklung der Maiwoche in den letzten fünf Jahren ist es uns eine Herzensangelegenheit und unserer Meinung nach im öffentlichen Interesse, dass der Verein Laterna Magica wieder verstärkt bei der Gestaltung der Osnabrücker Maiwoche mitwirkt.″
Schon oft habe die Einmischung der Laterna Magica, deren Mitglieder unter anderem aus dem heimischen Schaustellergewerbe kommen und über gute Kontakte in die Unterhaltungsbranche verfügen, sich als segensreich erwiesen. Herausragendes Beispiel ist für Hammoor der publikumswirksame Maiwochen-Auftritt der weltberühmten Artistenfamilie Traber, die im Jahr 1993 auf dem Domhof Hochseilkunststücke mit dem Motorrad vollbrachte: ein Spektakel, das es ohne die Vermittlung und das Sponsoring durch den Verein wohl nicht gegeben hätte.
1, 25 Millionen Euro
Allerdings auch nicht ohne jene 200 000 Mark, welche die Stadt seinerzeit noch jährlich für das kulturelle Angebot auf der Maiwoche lockergemacht habe. Mit der aktuellen Laterna-Magica-Bewerbung unmittelbar verknüpft sei deshalb die Aufforderung an Politik und Verwaltung, anstatt weiter zulasten privater Veranstalter an der Gebührenschraube zu drehen, dem Volksfest zuliebe wieder mehr öffentliches Geld in die Hand zu nehmen. Wie viel genau? 1, 25 Millionen Euro, gleichmäßig verteilt über die nächsten fünf Jahre, sollten es schon sein, erklärt Hammoor auf Nachfrage und nennt die Summe eine nachhaltige Investition zur Regeneration der Maiwoche″. Das 2013 vom Rat aufgestellte Postulat der Kostendeckung gehöre jedenfalls auf den Prüfstand. Heinz Hammoor: Es bricht dem Fest den Hals!
Mit der notwendigen Unterstützung könne die Laterna Magica hingegen vieles auf die Beine stellen, was die Besucher binde. Das von Vereinsmitglied Henning Hammoor ausgearbeitete und auf den Maiwochen-Workshops der Stadt fußende Konzept liefert dafür konkrete Beispiele. Wie ein roter Faden zieht sich dabei der lokale Bezug durch alle Vorschläge.
So sollen dem Gedanken der früheren Timezone-Bühne (später L+ T-Bühne) folgend auf der überdachten Nikolaiortbühne ausschließlich Künstler aus dem Osnabrücker Raum″ auftreten. Daneben soll das teilweise als wenig abwechslungsreich oder gar altbacken″ wahrgenommene Programm im Europadorf um junge, aufstrebende Musiker, Street-Artists und Walking-Acts″ aus den Partnerstädten ergänzt werden. Neu auch der Plan für ein One World Village″, ein Eine-Welt-Dorf, in dem vor allem Flüchtlinge und andere Einwanderer die Kultur ihrer Heimatländer präsentieren können. Eine zusätzliche Mini-Bühne soll Kleinkünstlern Raum geben und Umbaupausen auf der Hauptbühne überbrücken.
Kulinarisch verspricht die Laterna Magica ein Speisen- und Getränkeprogramm der Extraklasse″, serviert von Trendsettern aus der europäischen Food-Truck-Szene. Mit bedruckten Pfandgläsern für Bier und Bowle will der Verein jährlich neu ein Souvenir schaffen, wie man es vom historischen Weihnachtsmarkt kennt. Um das Gemeinschaftsgefühl der Osnabrücker zu stärken, ist für den Maiwochen-Dienstag ein Rudelsingen vorgesehen („ Osnabrück singt!″). Social-Media-Aktionen spielen in den Überlegungen der Laterna Magica ebenfalls eine wichtige Rolle; zudem soll alles, was sich während der Maiwoche auf dem Nikolaiort abspielt, mittels einer 360-Grad-Kamera live im Internet übertragen werden.
Regionale Währung
Zentraler Bestandteil des Konzepts in finanzieller Hinsicht ist der Osnabrücker Friedensthaler. Die vom gleichnamigen Verein erdachte Regionalwährung soll helfen, Produkte und Dienstleistungen vor Ort besser zu vermarkten. Und verhindern, dass Geld aus der Region abfließt.
Der Laterna Magica schwebt vor, den bislang nur auf dem Papier existierenden Friedensthaler erstmals auf der Maiwoche auszugeben bei einem Wechselkurs von 1: 1. Besucher sollen damit an allen Ständen bezahlen können, die Beschicker wiederum damit ihre Rechnungen bei der Stadt begleichen, die Stadt letztlich das Geld gezielt in die Kulturförderung stecken. Über diesen theoretischen Kreislauf, bei dem der Rubel angeblich dreimal schneller rollt als üblich, heißt es in der Laterna-Magica-Bewerbung: Eine subventionierte Kulturförderung mit selbst geschöpftem Geld ist das Beste, was eine Stadt ihren Bürgern bieten kann.″

Bildtext:

Neuen Schwung in die Diskussion um subventionierte Kulturförderung auf der Maiwoche könnte der Vorstoß des Vereins Laterna Magica bringen.
Foto: David Ebener

Kommentar:

Rettungspaket mit rissiger Schnur

Kaum gewählt, könnte der neue Osnabrücker Rat gleich eine harte Nuss zu knacken haben. Denn das revolutionäre Maiwochen-Konzept der Laterna Magica stellt die chronisch klamme Stadt vor die knifflige Frage: Wie viel ist ihr selbst das größte Volksfest der Region (noch) wert?

Lange Zeit war es still um den Kulturförderverein, der für sich reklamiert, die goldenen Jahre″ der Maiwoche in den Neunzigern maßgeblich mitgestaltet zu haben. Als künftiger Bühnenbetreiber in spe meldet die Laterna Magica sich nun spektakulär zurück. Und bewirbt sich bei der Stadt um die Ausrichtung eines Kernstücks mit einem Bündel von Maßnahmen, das nicht nur die Qualität der Maiwoche dauerhaft verbessern, sondern auch die Integrationskraft steigern soll, die von ihr ausgeht. Zusammengehalten wird dieses Paket allerdings von einem Faden, der seidener nicht sein kann: Subvention.

Der Laterna Magica will es nicht in den Kopf, warum die Stadt ausgerechnet bei der Umsonst-&- draußen-Veranstaltung Maiwoche zunehmend Kosten auf die privaten Bühnen- und Standbetreiber abwälzt, stattdessen aber mit Eintritt dotiertes Vergnügen wie Theater oder VfL Osnabrück finanziell stark bezuschusst, obwohl diese nicht annähernd so hohe Besucherzahlen erreichen würden. Die Folgen dieser widersprüchlichen Politik seien absehbar: Immer mehr Veranstalter würden sich aus der Maiwoche zurückziehen zum Schaden von Rang und Ruf des Volksfestes.

Ob der Vorstoß der Laterna Magica die Stadt dazu bewegen kann, die Schatulle wieder zugunsten der Maiwoche zu öffnen? 250 000 Euro jährlich von 2017 bis 2021, wie sie der Vereinsvorsitzende Heinz Hammoor fordert, sind kein Pappenstiel. Möglicherweise aber gut angelegtes Geld und ein Schub zur rechten Zeit.
Autor:
Sebastian Stricker


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