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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Mehr Präsenz gegen die Drogenszene
 
„Wir sind nirgends willkommen″
Zwischenüberschrift:
Raiffeisenplatz: Anlieger beklagen sich über unhaltbare Zustände in der Grünanlage
 
Die Leute vom Raiffeisenplatz wollen einen Treffpunkt und klagen über Hausverbote
Artikel:
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Originaltext:
Drogen und Alkohol, Pöbeleien, Müll und Exkremente: Anlieger des Raiffeisenplatzes fordern von der Stadt und der Polizei ein konsequenteres Einschreiten gegen die Szene, die sich dort regelmäßig trifft. Die Behörden wollen künftig mehr Präsenz zeigen und setzen auf Präventionsangebote.

Osnabrück. Geschäftsleute, Hauseigentümer und Mieter an der Grünanlage am Hauptbahnhof haben sich zur Interessengemeinschaft zusammengeschlossen, weil sie sich bedroht und belästigt fühlen. Um ihrem Ärger Luft zu machen, luden sie Vertreter der Stadt und der Polizei ins Alando Palais ein. 30 bis 50 Personen, so berichtete der Steuerberater Michael Selker, hielten sich täglich auf dem Raiffeisenplatz auf. Alkohol und Drogen würden konsumiert, es komme zu Schlägereien, die Anlagen würden verdreckt. Von den Gruppen gehe eine spürbare Gefahr″ aus, seit sich die Szene von der Johannisstraße dorthin verlagert habe.
Die Inhaberin eines Nagelstudios beklagte sich über Beleidigungen auch sexueller Art. Sie habe Angst, zu ihrem Auto zu gehen. Immer wieder müsse sie mit ansehen, wie die Leute in aller Öffentlichkeit ihre Notdurft verrichteten. Andere Anlieger klagten über Straßenprostitution, Einbrüche und eine Lärmkulisse. Das OS-Team und die Polizei wurden aufgefordert, auf Rechtsverstöße unmissverständlich zu reagieren.
Für die Polizeiinspektion erklärte Alexander Meyer, seine Kollegen kontrollierten nahezu täglich am Raiffeisenplatz. Die Ordnungshüter könnten zwar Platzverweise aussprechen, Personen auf Drogen kontrollieren und Störenfriede in Gewahrsam nehmen. Doch diese Schritte wirkten nur kurzfristig, viele Delikte blieben im Dunkelfeld.
Stadtbaurat Frank Otte, der für die öffentliche Ordnung verantwortlich ist, sprach von einem gesellschaftlichen Problem, das nicht allein mit ordnungspolitischen Mitteln gelöst werden könne. Er konzedierte, dass es an der Johannisstraße eine gewisse Entspannung gebe, warnte aber: Wir werden diese Gruppen nicht kontinuierlich durch die Stadt jagen können.″
Sandra Solf, die Leiterin des Fachbereichs Bürger und Ordnung, wies den Vorwurf zurück, das OS-Team gehe nicht gegen Wildpinkler vor: In der Regel lassen die die Hosen nicht runter, wenn ein Mitglied des OS-Teams kommt! Der Ordnungsaußendienst suche aber täglich den Brennpunkt auf.
Anlieger schlugen vor, die Büsche herunterzuschneiden, damit sich das Treiben in der Grünanlage besser kontrollieren lässt. Die Stadt werde das prüfen, kündigte Stadtbaurat Otte an. Er sprach sich jedoch gegen die Anregung aus, die Bänke zu entfernen, wie es ebenfalls gefordert wurde. Diskutiert wurde auch über ein Alkoholverbot. Die gesetzlichen Vorgaben seien jedoch sehr eng, meinte Otte.
Anke Jacobsen, die Vorsitzende des Sozialausschusses, kündigte an, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen und die Streetworker einzubeziehen. In Osnabrück gebe es eine gute Drogenpolitik, meinte sie. Wer Hilfe in Anspruch nehmen wolle, bekomme sie.
Nach anderthalbstündiger Sitzung gab es die Übereinkunft, mit Präventionsangeboten und behördlicher Präsenz den Druck auf die Szene zu erhöhen. Die Anlieger wollen Verstöße gegen Recht und Ordnung dokumentieren und ihre Videoüberwachung ausbauen. In absehbarer Zeit soll bilanziert werden, ob diese Schritte zu einer Verbesserung der Situation geführt haben.

Bildtext:

Sozialer Brennpunkt Raiffeisenplatz: Die einen treffen sich, die anderen fühlen sich belästigt und bedroht.
Foto: M. Gründel

Kommentar

Warum nicht miteinander reden?

Niemand möchte einen sozialen Brennpunkt vor der Tür haben. Deshalb ist die Empörung der Anlieger verständlich. Aber für das Problem auf dem Raiffeisenplatz gibt es keine Haurucklösung.

Es ist gut, die Beteiligten an einen Tisch zu setzen, wie es die Interessengemeinschaft Raiffeisenplatz getan hat. Schade nur, dass niemand auf die Idee gekommen ist, auch die Szene einzuladen. Da gibt es nämlich Leute, die in so einer Runde konstruktive Vorschläge einbringen würden.

Wer mit Exzessen konfrontiert wird, wie sie am Raiffeisenplatz zweifellos geschehen, mag geneigt sein, alle Mitglieder dieser Szene über einen Kamm zu scheren. Aber wer mit ihnen spricht, mag erkennen, dass es darunter Menschen gibt, die nicht nur ein Teil des Problems, sondern auch der Lösung sind.
 
Osnabrück. Die Anlieger möchten sie am liebsten vertreiben. Was sind das für Leute, die sich auf dem Raiffeisenplatz treffen? Wir haben mit einigen gesprochen.
Wir sind Drogenabhängige″, sagt Orhan (37) ohne Umschweife. Einige von ihnen seien obdachlos, viele hätten ein Alkoholproblem. Mit einem Zigarillo und einem Tetrapack Wein steht er in der Grünanlage. Für ihn ist der Raiffeisenplatz ein Ort, um mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen.
Orhan räumt ein, dass auf dem Platz regelmäßig Dealer auftauchen. Und dass es unter den Anwesenden auch Schweine″ gebe, Menschen, die sich nicht benehmen könnten. Viele von uns achten darauf, dass das hier sauber ist″, fügt er hinzu. Und das habe sich auch schon verbessert, seit die Stadt Mülleimer aufstellt. Ein großes Problem sei aber, dass die Leute vom Raiffeisenplatz nirgendwo willkommen seien und oft mit Hausverbot belegt würden. In den Geschäften und Lokalen ringsum dürften sie nicht zur Toilette gehen. Deshalb sollte eine öffentliche Toilette aufgestellt werden.
Wir sind Menschen, die Probleme haben, und hier sind Menschen, die uns verstehen″, vermerkt Jessica (25), die sich als depressiv bezeichnet. Die Leute, die sich auf dem Raiffeisenplatz treffen, hätten keine Lust auf ein kriminelles Leben″. In der Gruppe helfe man sich gegenseitig. Das Café Connection und die Aidshilfe böten zwar Spritzen und Kondome an, aber da gebe es nur bestimmte Öffnungszeiten. Auf dem Platz sei immer jemand, aber das werde bei den Anliegern nicht gern gesehen: Wir sind nirgends willkommen.″
Wir sind für die keine Menschen″, lautet die Erklärung von Veit (39), der schon einmal in einer Ausnüchterungszelle der Polizei übernachten musste, obwohl er gar nicht betrunken gewesen sei, wie er beteuert. Die meisten, die sich auf dem Platz aufhalten, hätten einen Beruf gelernt, und die Mehrheit habe eine eigene Wohnung. Der Treff in der Grünanlage sei ein bisschen wie eine Familie″. Am Raiffeisenplatz würden keine Passanten belästigt oder bedrängt, meint er.
Autor:
R. Lahmann-Lammert


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