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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
„Fast alle Tiere mögen mich nicht″
Zwischenüberschrift:
Mit Tierarzt Thomas Scheibe auf Rundtour durch den Osnabrücker Zoo
Artikel:
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Originaltext:
Löwin Shaba braucht eine Spritze? Die Augen der Tapire müssen kontrolliert werden? Der Verband von Pinguin-Dame Thea muss erneuert werden? Zootierarzt Thomas Scheibe kümmert sich darum. Sein morgendlicher Rundgang ist vielfältig, stressig und ohne die Hilfe der Tierpfleger nicht zu schaffen.
Osnabrück. Morgens, 8.30 Uhr. Tierarzt Thomas Scheibe steht in seiner Praxis im Verwaltungsgebäude des Osnabrücker Zoos und wählt die Nummer vom ersten Revier des Tages. Löwin Shaba hat eine Wunde am Ohr und soll zur Sicherheit eine Spritze bekommen. Ich melde mich vorher immer an, damit die Pfleger Bescheid wissen″, erklärt Scheibe. In seiner Praxis führt er nur kleinere Operationen durch, wie
Kastrationen bei Katzen. Bei größeren OPs und Untersuchungen von gefährlichen Tieren wie Schimpansen oder Löwen bleiben die Patienten im Stall. Einen Tierarzthelfer hat Scheibe nicht, aber viele und sehr gute Tierpfleger″.
Spritze für die Löwin
Mit im Gepäck beim Besuch der Löwin: Eine aufgezogene Spritze mit Antibiotikum und ein Blasrohr mit Treibhilfe, das er nur mit speziellem Zertifikat abfeuern darf. Nicht zu vernachlässigen ist die durchaus nützliche Ersatzpatrone: Der Löwe ist oftmals so genervt, dass er die Spritze direkt wieder herauszieht″, erzählt Scheibe. Deswegen reist er immer gleich mit zwei Spritzen an.
Die sechs Löwen sind schon in ihren Gehegen im Inneren des Areals. In seinen neun Jahren im Osnabrücker Zoo war Thomas Scheibe schon unzählige Male bei ihnen. Trotzdem ist es für ihn immer wieder etwas Besonderes, ihnen direkt gegenüberzustehen. Allein die Größe der Köpfe ist für Unerfahrene faszinierend. Wenn die Löwen einen grimmig anschauen, fühlt man sich schon wie die nächste Mahlzeit Frühstück gab es für die sechs noch nicht. Löwin Shaba ist für den Eingriff in ein eigenes Gehege verfrachtet worden. Direkt nebenan: Löwe Nakuru, der beim Anblick von Thomas Scheibe schon um sein Weibchen fürchtet. Als Nakuru das Blasrohr entdeckt, wird es laut. Immer wieder baut er sich am Gitter auf und faucht in Scheibes Richtung. Der Tierarzt hat derweil Probleme, Shaba ins Visier zu nehmen die Löwin versteckt sich in der hintersten Ecke. Doch der erste Schuss sitzt. Kaum getroffen, wird auch Shaba unruhig und springt in einem Satz an das Gitter. Doch Thomas Scheibe weiß: Ist die Spritze erst einmal im Körper, geht es meist ganz schnell.″ Und tatsächlich, keine 20 Sekunden später hockt Shaba ruhig auf ihrer Empore. Nur ihr Blick verrät sie. Mit verzogener Miene schaut sie dem Tierarzt beim Verlassen des Geheges hinterher.
Nächster Halt auf seiner Rundtour ist die afrikanische Erlebniswelt Takamanda. Dort möchte er sich die Affen-Dame Lady anschauen. Die Wunde an ihrer Schulter ist zwar eigentlich verheilt, aber Kontrolle muss sein. Da der Tierarzt seinen spontanen Besuch vorher nicht angemeldet hat, toben sich die Schimpansen schon draußen im Gehege aus. Um doch noch einen Blick auf Lady werfen zu können, muss der Sicherheitsbereich passiert werden. Die Sicherheitsbestimmungen nimmt Thomas Scheibe sehr ernst: Wenn da etwas mit den Affen nicht stimmt, gehe ich da auch nicht rein. Und wer eine Grippe hat, sollte auch draußen bleiben.″
Diesmal hat er Pech, Schimpansin Lady hockt zu weit entfernt auf einem Baum die Schulter kann er nicht untersuchen. Doch kaum entdecken die Tiere den Arzt, ist die Anspannung fast greifbar. Ein älterer Affe stolziert auf und ab, Lady lässt Scheibe nicht aus den Augen. Dieser ist sich seiner unbeliebten Rolle bei den Tieren bewusst: Fast alle Tiere mögen mich nicht. Und wen die Affen nicht mögen, der wird auch gern mal mit Kot beworfen oder angespuckt. Das ist wohl mein Schicksal hier im Zoo.″
Keine zehn Minuten später parkt der Tierarzt sein Elektromobil bei den Tapiren. Weil es in den vergangenen Tagen so heiß war, machten sich einige Augenfliegen an den Tieren zu schaffen. Eine Bindehautentzündung war die Folge. Elise und Mauri hat es besonders erwischt. Beim Betreten des Geheges merkt man ihnen aber nichts an. Neugierig beschnuppern sie mit ihrem Rüssel alles, was ihnen in die Quere kommt. Dabei wackelt der Rüssel aufgeregt hin und her. Etwas schwerfällig wirken die Tiere, aber das ist bei ihrer Gattung normal. Immer der Nase nach geht es auch, als Tierpfleger Christopher Wellmann einen Eimer mit Äpfeln bereithält. Thomas Scheibe erklärt: So komme ich an die Augen heran. Christopher besticht die Tiere mit Äpfeln, und ich kann meine Salbe verschmieren.″ Thomas Scheibe nutzt die Möglichkeit, sich die Jüngste im Rudel anzuschauen alle nennen sie nur die Lütte″. In ihren sechs Lebenswochen ist Amanda gut gewachsen, bescheinigt auch Pfleger Wellmann. Ein kurzes Streicheln reicht, und Amanda liegt auf dem Rücken und wartet auf die nächste Streicheleinheit am Bauch. Das ist das Besondere bei Tapiren. Wenn man anfängt, sie zu streicheln, kann man sie allein dadurch zum Hinlegen bringen″, sagt der Tierarzt.
Bei den Tapiren ist Thomas Scheibe auf die Hilfe der Pfleger angewiesen. Ohne sie macht der Tierarzt nichts, und ohne sie würde er die meisten Krankheiten nicht entdecken. Die Pfleger kennen die Tiere so gut, da fällt jede kleinste Veränderung auf. Isst ein Tier nicht richtig oder kappt sich von der Gruppe ab? Das würde ich ohne die Hilfe der Pfleger nie herausfinden.″ Nur wer die Tiere gut kennt und jeden Tag mit ihnen zu tun hat, sieht kleine Unstimmigkeiten. Von selbst würden die wenigsten Zootiere ihre Beschwerden zur Schau stellen. Das ist Überlebensstrategie. Wer in der freien Wildbahn Schwäche zeigt, hat schon verloren″, erklärt der Tierarzt. Thomas Scheibe bewundert die Arbeit der Pfleger gerade deswegen, weil ihm selbst die Diagnose durch bloßes Hinschauen anfangs schwerfiel. Auch heute kommt es noch zu schwierigen Fällen. Wenn der ganze Bestand in einem Gehege die gleichen Symptome aufweist, beginnt die Suche nach der Ursache.
Auf Pfleger angewiesen
Auch bei den Pinguinen ist Thomas Scheibe auf die Hilfe von Tierpflegerin Kirstin Bischoff angewiesen. Drei kleine Felsen hüpfen die beiden in das Gehege der Vögel hinab. Pinguin-Dame Thea hat eine kleine Wunde an der Fußsohle, die beim Gehen Schmerzen verursacht. Thomas Scheibe ist da, um den Verband zu wechseln. Das geht nur, wenn der Pinguin stillhält. Kirstin Bischoff kennt den richtigen Griff mit ihren Lederhandschuhen macht es auch nichts, wenn Thea sie mit ihrem harten Schnabel zu fassen kriegt. Mit normalen Arbeitshandschuhen würde das nicht gehen″, sagt Bischoff. Kaum macht sich der Tierarzt am Fuß zu schaffen, flattert der Pinguin wild mit den Flügeln und tritt aus. Zwischen jedem Handgriff gibt es eine kurze Absprache zwischen Pflegerin und Arzt: Einmal austrampeln lassen″, sagt Bischoff. Ganz nebenbei erkundigt sich Thomas Scheibe über die anderen Pinguine. Sonst alles okay?″, fragt er. Alles gut″, antwortet Bischoff. Zum Ende der Behandlung kommt der Spezialschuh zur Entlastung der Wunde zum Einsatz. Mit dem Schuh ging die Heilung echt schnell voran″, erklärt Bischoff
Der Einsatz von Thomas Scheibe bei Pinguin-Dame Thea ist sein letzter an diesem Tag. Jetzt heißt es: Einpacken, alles sauber machen und ab an den Schreibtisch. Den Rest des Tages ist der Tierarzt damit beschäftigt, Protokolle zu schreiben und Anfragen zu bearbeiten. Man erwartet natürlich nicht direkt, dass ein Zootierarzt die Hälfte des Tages am Schreibtisch sitzt″, sagt Thomas Scheibe. Aber auch das gehört zu meinem Beruf.″ Eine vergleichsweise neue Facette ist auch die ausführliche Prophylaxe bei älteren Tieren. Vitaminunterstützung und Aufbaupräparate gehören zum Alltag. Das ist wie mit alten Menschen. Durch die gute Pflege leben die Tiere immer länger″, erklärt er .
Der Osnabrücker Zoo ist nicht der einzige Einsatzort von Thomas Scheibe. Immer wieder hilft das Zoo-Team der Feuerwehr bei der Einstufung von gefundenen Reptilien. Giftig oder nicht giftig ist dann die Frage. Auch bei Tieren, die die Straße blockieren, ist der Tierarzt gefragt. Der berühmte Autobahnbulle″, wie Scheibe solche Einsätze nennt. Bei der Aufnahme von Fundtieren ist die Kapazität vom Zoo räumlich begrenzt. Ein wenig ärgert es ihn, dass es gerade vor der Urlaubszeit zu so vielen Funden kommt. Von seinem Beruf als Zootierarzt spricht er nur in guten Tönen. So stressig es manchmal ist, so vielfältig ist es auch.″ Bei über 3600 Tieren im Zoo hat der Arzt zwar eine große Auswahl, ein Lieblingstier hat er trotzdem nicht. Mir sind die am liebsten, die schnell wieder gesund werden.″

Bildtext:

Mit seinem Elektromobil fährt der Tierarzt über das Gelände des Zoos. So erreicht er schnell einen tierischen Patienten nach dem anderen.

Fotos: Jörn Martens

Bei den Pinguinen ist Thomas Scheibe auf die Hilfe von Tierpflegerin Kirstin Bischoff angewiesen. Pinguin-Dame Thea hat eine kleine Wunde an der Fußsohle, die beim Gehen Schmerzen verursacht. Der Arzt muss den Verband wechseln. Beliebt ist der Arzt bei den Tieren nicht, denn sie wissen, wenn er kommt, dann kann es auch mal eine Spritze geben, die pikt.

Bei den Pinguinen ist Thomas Scheibe auf die Hilfe von Tierpflegerin Kirstin Bischoff angewiesen. Pinguin-Dame Thea hat eine kleine Wunde an der Fußsohle, die beim Gehen Schmerzen verursacht. Der Arzt muss den Verband wechseln. Beliebt ist der Arzt bei den Tieren nicht, denn sie wissen, wenn er kommt, dann kann es auch mal eine Spritze geben, die pikt.
Autor:
Bent Freiwald


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