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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Umwelt baut Brücken: Schüler schreiben Artikel für die NOZ
 
Ist Chromleder gefährlich?
 
Lack und Leder
 
Augen auf beim Lederkauf
Zwischenüberschrift:
Sonderseite
 
Chemikalie steht in der Kritik
 
Chromgerbung 1858 in Deutschland erfunden – Technologie hat sich durchgesetzt
 
Was es mit den Schnäppchen im Urlaub auf sich hat – Worauf man beim Shopping achten sollte
Artikel:
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Originaltext:
 
Izmir. Täglich ziehen sich Millionen Menschen eine geschmeidige Lederjacke über, sie setzen sich in einen weichen Ledersessel oder schnüren sich die eleganten Lederschuhe. Wie das Leder jedoch hergestellt wird, weiß kaum einer der Konsumenten. Fast 90 Prozent des weltweiten Leders entsteht durch die Chromgerbung. Diese steht in der Kritik. Es heißt, Chromleder enthalte krebserregende Stoffe, und die Umwelt werde bei dem Verfahren stark gefährdet.
Arife Candas Adigüzel, Professorin für Leder- und Textiltechnik, hält die Zweifel an der Chromgerbung für unbegründet: Alle sagen Chromleder ist giftig, aber wo ist das Gift?″, fragt die Mitarbeiterin der Ege-Universität in Izmir kritisch.
Das beim Gerben eingesetzte dreiwertige Chrom ist gesundheitlich völlig unbedenklich, denn es wird fest im Kollagen des Leders gebunden, so die Expertin. Nur überschüssige Chromreste können in giftiges und krebserregendes sechswertiges Chrom umgewandelt werden. Es wendet nicht jeder die neuesten Techniken richtig an, mit denen diese Prozesse verhindert werden können″ , sagt Adigüzel und gibt zu, dass es Probleme gibt. Für den Verbraucher lässt sich mit bloßem Auge nicht erkennen, ob das Lederprodukt schadstofffrei ist. Als Kunde kann man nichts tun, außer den Kontrollen von Staat und Politik zu vertrauen″, sagt Adigüzel. Der 2013 eingeführte Grenzwert von drei Milligramm Chrom (VI) pro Kilogramm Leder in der EU führt dazu, dass Produkte sowohl im Produktionsland als auch hier in Deutschland getestet werden müssen, um dem Konsumenten Sicherheit zu gewähren. Weist ein Produkt einen zu hohen Chromgehalt auf, geht es zurück an den Hersteller, und dieser muss für die Entsorgung aufkommen″, so die Professorin. Bei rechtmäßig gegerbtem Leder besteht somit keine Gefahr für den Kunden. Auch wenn Chromleder zu keiner gravierenden gesundheitlichen Gefährdung führt, können Folgen für die Umwelt nicht ausgeschlossen werden. Chrom kann durch den Klärschlamm aus Gerbabwässern ins Grundwasser gelangen und somit die Umgebung verseuchen. Lederfabriken betonen zwar, dass Chrom recycelt werden kann, jedoch wird dies nur von sehr wenigen praktiziert. Das Chrom wird häufig nicht wiedergewonnen, obwohl es technisch möglich wäre. Stattdessen wird es gepresst und deponiert″, erklärt Adigüzel. Für Fabriken ist es billiger, Chrom neu zu kaufen, anstatt aufwendige und kostspielige Recyclingmethoden anzuwenden.
Immer häufiger wird nach Alternativen gesucht. Es gibt auch chromfreies Leder, dieses soll umweltschonend und schadstofffrei sein. Der entscheidende Nachteil der pflanzlich oder synthetisch gegerbten Leder ist der Qualitätsunterschied. Sie können qualitativ nicht mit dem weichen, dehnbaren und besonders hitzebeständigen Chromleder konkurrieren. Bei der Herstellung entstehen zudem andere Schadstoffe, wie Formaldehyd.

Bildtext:

Leder aus einer türkischen Fabrik.Foto: Frederik Waltz
 
Ob in der Schule oder auf Laufstegen: Lederjacken sind schon lange kein Markenzeichen von Bikern mehr, sondern seit Langem ein Must-have im Kleiderschrank. Da stört es auch niemanden, wenn das Leder nicht echt ist. Hauptsache der Look stimmt: Jung, rebellisch und bloß nicht langweilig.
Izmir. Echtleder gilt nach wie vor als exklusiv und edel. Wirft man jedoch einen Blick auf die Etiketten, fällt immer wieder auf, dass günstige Lederjacken in Indien oder Pakistan hergestellt werden. Einige Marken werben sogar mit nachhaltiger Produktion und pflanzlichen Gerbmethoden. Dafür erscheint der Preis von etwa 180 Euro allerdings niedrig.
Ein Grund dafür sind vor allem die extremen Lohnunterschiede. In Deutschland erhält ein Gerber, je nach Ausbildung, einen Lohn von mindestens elf €Euro pro Stunde, während ein Arbeiter in Indien umgerechnet 90 Cent am Tag verdient. Zudem gibt es in Deutschland im internationalen Vergleich sehr hohe Umweltstandards. Nicht umsonst hat sich die Lederindustrie innerhalb des vergangenen Jahrhunderts verlagert. Sie ist aus Deutschland fast verschwunden. Von 2700 lederproduzierenden Betrieben in Deutschland im Jahr 1920 sind heute nur noch knapp 15 übrig geblieben. Diese haben sich auf exklusive Nischenprodukte konzentriert und stellen hauptsächlich hochpreisige Ware her.
Die hohe Qualität der deutschen Produkte, vor allem die Haltbarkeit, wird trotz Konkurrenz aus dem Ausland, die häufig auf billige Massenware setzt, noch immer von vielen Kunden geschätzt. Dabei war Deutschland einmal führend in der Lederbranche. 1858 wurde hier die Chromgerbung entwickelt, welche einen Boom in der Lederindustrie mit sich brachte. Die mit Chromsalzen gegerbte Tierhaut war nicht nur weicher, robuster und geschmeidiger, sondern auch schneller zu verarbeiten als pflanzlich gegerbtes Leder. Die hier entwickelte Technologie war die fortschrittlichste weltweit und wurde nach und nach von Betrieben in anderen Ländern kopiert, so auch in der Türkei.
Noch heute sind in türkischen Betrieben deutsche Maschinen zu finden. Auch am Lehrstuhl für Ledertechnologie der EGE Izmir Universität wird deutsche Technologie für Qualitätstests am Leder verwendet. Die türkische Lederindustrie ist mittlerweile so gut entwickelt, dass sowohl die Qualität als auch die Produktionsbedingungen kaum mehr einer Billigproduktion entsprechen. Die Arbeiter bekommen den staatlich festgelegten Mindestlohn von umgerechnet 400 Euro€ monatlich. Sie sind krankenversichert, erhalten Schutzkleidung und Sicherheitsschulungen. Das türkische Unternehmen Sevimli Deri″ ist eine Gerberei in der Nähe der Stadt Izmir. Die Fabrik liegt an der Westküste der Türkei und stellt dadurch eine Schnittstelle zum europäischen und asiatischen Markt dar. Dies ist ein entscheidender Faktor für die Wahl des Standorts. Sevimli Deri″ importiert etwa 70 Prozent der Rohhäute, vorwiegend aus Ländern des Mittelmeerraumes. Diese werden gegerbt und je nach Kundenauftrag gefärbt beziehungsweise lackiert. Das fertige Leder wird entweder in Nähereien in der Türkei weiterverarbeitet oder in die Modemetropolen It aliens oder Spaniens exportiert.

Bildtext:

Das Leder kann auch lackiert werden. Foto: Frederik Waltz

Ein Arbeiter holt die nassen Häute aus einer Wanne. Das Gerben mit Chrom wurde in Deutschland erfunden. Foto: Frederik Waltz

Kommentar:

Aus Schlachtabfall wird Lifestyle
Die Lederindustrie verwertet das Nebenprodukt der Fleischindustrie, die Tierhaut. Daraus gewinnt sie ein hochwertiges Luxusprodukt. Die Menge an geschlachteten Nutztieren entspricht in etwa dem Angebot an Tierhäuten für die Lederherstellung.
Die Nachfrage der schnelllebigen Modebranche bestimmt somit den Preis.
65 Prozent des weltweiten Leders stammen vom Rind, zu 24 Prozent handelt es sich um Schafs- und Ziegenhäute. Selten wird dagegen Schweinehaut zu Leder verarbeitet. Deren Struktur in Kombination mit dem hohen Fettgehalt ergibt eine schlechte Lederqualität. Aus den Schweineschwarten kann besser Gelatine gewonnen werden. Darüber hinaus gibt es auch selteneres Leder, zum Beispiel vom Pferd, Büffel, Elch, Schlange usw. Nur für besonders seltene und teure Exotenleder wie auch für edle Pelze werden tatsächlich gezielt Tiere gezüchtet und getötet.
Von Elena Fedler
 
Izmir. Im historischen Basarviertel Kemeralti in Izmir, der drittgrößten Stadt der Türkei, lockt so mancher Händler Touristen mit vermeintlich hochwertigen Lederprodukten. Echtes Leder″, versichert ein Verkäufer eines kleinen Souvenirgeschäfts, der gerade eine junge Touristin vom Kauf einer Handtasche im Leder-Look überzeugen will. Um die Echtheit zu beweisen, zückt der Mann ein Feuerzeug und hält die Flamme für den Bruchteil einer Sekunde unter die Handtasche. Sie fängt nicht an zu schwelen, die junge Frau ist beeindruckt. Hat sie wohl eine Handtasche aus Echt leder zum Schnäppchenpreis ergattert?
Der Feuertest ist reine Touristen-Abzocke″, sagt Halil Eroglu, Manager eines Fabrikverkaufes mit dem Namen Baggio Rossini″. Er verkauft tagtäglich Jacken und Handtaschen aus echtem Leder an Touristen, die nach einem Tagesausflug beim Fabrikverkauf zum Einkaufen haltmachen. Doch was unterscheidet die Lederwaren vom Basar von denen aus dem Fabrikverkauf bei Baggio Rossini″? Immerhin preisen die Basarverkäufer ihre Waren als Echtleder″ an, und die Preise für Handtaschen, Portemonnaies und Jacken sind erschwinglich. Das obligatorische Handeln auf dem Basar kann dann je nach Geschick die Preise noch weiter sinken lassen. Ein Blick auf das Etikett könnte die Echtheit der Lederwaren infrage stellen, denn es fehlen jegliche Angaben dazu. Dann kommt der Feuertest zum Einsatz, der Touristen oftmals als Garantie für die Echtheit ausreicht. Halil Eroglu, der gebürtig aus Bayern kommt und türkische Wurzeln hat, ist überzeugt davon, dass das nur Tricks sind, um Kunden über den Tisch zu ziehen. Nichts fängt sofort an zu brennen, egal ob Kunst- oder Echtleder. Einfach mal genau hinschauen″, rät Eroglu. Denn um sicherzustellen, ob es sich beim Kauf von Lederwaren wirklich um echtes Leder handelt, sollte man sich beispielsweise die Kanten und Löcher genauer ansehen. Wenn mehrere gepresste Schichten oder geschäumte Füllmaterialien erkennbar sind, sei das ein Beweis für ein Lederimitat.
Beim Fabrikverkauf läutet ein Showroom den Verkauf ein. Models präsentieren auf einem Laufsteg die Lederkleidung von Rossini. Die Preisschilder der Kleidungsstücke schrecken jedoch etwas ab. 1020″ steht auf dem Etikett einer blauen Damenjacke aus Lammleder. 1020 türkische Lira oder Euro?″, wird Halil Eroglu von einer jungen Touristin gefragt, der die Jacke offensichtlich gefällt. Auf dem Preisschild ist keine Währung angegeben, denn die Kunden werden durch eine geschickte Verkaufspsychologie in die Irre geführt. Ihr zahlt heute nur ein Viertel des Preises″, sagt der Verkaufsleiter Eroglu der Reisegruppe gleich zu Beginn der Modenschau. Was sie nicht wissen: Die Zahl, die auf dem Etikett einer jeden Jacke oder Handtasche steht, ist kein festgelegter Preis, sondern vielmehr ein interner Code, an dem sich die Mitarbeiter des Verkaufs orientieren und den Preis jeweils abhängig von der Reisegruppe in die jeweilige Währung umrechnen können.
Außerdem gibt es beim Preis immer Spielraum, doch das in der Türkei übliche Verhandeln beherrschen die wenigsten Touristen. Eroglu kommt einer interessierten Urlauberin preislich noch etwas entgegen, sodass die Jacke etwa 200 Euro kosten würde. Das Angebot klingt verlockend, denn anstatt 1020″ wären nur 200 Euro fällig. Ist das nun Abzocke? Letztendlich bezahlen die Urlauber für eine feine Lederjacke einen fairen Preis. Für Qualität zahlt man eben seinen Preis, auch im Urlaub in der Türkei. Für vergleichbare Ware müsste in Deutschland tiefer in die Tasche gegriffen werden.

Bildtext:

Alles echt: Lederverkäufer Halil Eroglu ist überzeugt von seinen Lederjacken. Foto: Ricardo Dück
Autor:
Caren Holzenkamp
 
Marie Schonebeck
 
Frederik Waltz
 
Sophia Hüttner
 
Hannah Graf
 
Frederik Mollenschott
 
Ricardo Dück
 
Mert-Yasin Odabasi


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