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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Keine Räume – kein Unterricht für Flüchtlinge
 
Wie Bürokratie Ehrenamtliche ausbremst
 
Welches Flüchtlingskind kommt in welche Osnabrücker Schule?
Zwischenüberschrift:
70 Freiwillige möchten Flüchtlingen Deutsch beibringen – Stadt tut sich schwer, geeignete Räume bereitzustellen
 
Viele haben am kommenden Donnerstag ihren ersten Schultag in Deutschland
Artikel:
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Originaltext:
Osnabrück Eine Gruppe von 70 Ehrenamtlichen möchte Flüchtlingen in der ehemaligen Landwehrkaserne in Osnabrück Deutsch beibringen. Mit Sprachkursen direkt an der Unterkunft der 258 männlichen Flüchtlinge wollen die Freiwilligen zu Hausfrieden und Integration beitragen. Bisher unterrichteten sie im Füchtlingshaus am Natruper Holz. Durch die rückläufigen Flüchtlingszahlen sind dort jedoch Kapazitäten frei geworden. Ein ehemaliges Unteroffizierskasino im Besitz der Esos Energieservice GmbH, einer Tochter der Stadtwerke, käme infrage. Doch ein zeitintensiver Nutzungsänderungsvertrag durch den Eigentümer ist nötig. Die Stadt will die Initiative unterstützen und stellt Räume in Aussicht. Doch diese liegen am anderen Ende der Stadt. Die Freiwilligen fühlen sich ausgebremst.

Eine Gruppe von 70 Ehrenamtlichen möchte Flüchtlingen auf dem Gelände der früheren Landwehrkaserne in Osnabrück gerne Deutsch beibringen. Doch es hapert an geeigneten Räumen. Ist der Amtsschimmel schuld?

Osnabrück. Im April legte eine Gruppe von 70 Ehrenamtlichen dem Osnabrücker Fachdienst Bürgerengagement und Seniorenbüro ein Unterrichtskonzept für die Flüchtlinge in der ehemaligen Landwehrkaserne vor. Bei den Freiwilligen handelt es sich zum großen Teil um pensionierte Lehrer, aber auch Hausfrauen und Studenten sind darunter. Im Moment bringen die Ehrenamtlichen den Flüchtlingen in der Erstaufnahmestelle am Natruper Holz zusammen mit Hauptamtlichen der Diakonie Deutsch bei.

Durch die rückläufigen Flüchtlingszahlen sind jedoch Kapazitäten frei geworden. Nun wollen die Ehrenamtlichen gerne den 258 Geflüchteten helfen, die zurzeit in einer Gemeinschaftsunterkunft auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne an der Landwehrstraße im Stadtteil Atter untergebracht sind. In den Einraumapartments der Unterkunft wohnen allein reisende männliche Flüchtlinge, die vorwiegend aus Sudan, Eritrea, Syrien, Pakistan und Afghanistan stammen.

Die Flüchtlinge leben da wie in einer großen WG und können den ganzen Tag nichts machen. Unterschiedliche Religionen und Bildungsniveaus treffen aufeinander, da herrscht ein hohes Konfliktpotenzial. Was ihnen fehlt, ist der Deutschunterricht″, sagt Rainer Hafke, der die Initiative der ehrenamtlichen Lehrer vertritt. Mit Sprachkursen direkt auf dem Gelände der Unterkunft könnte man zum Hausfrieden beitragen, ist er überzeugt, und gleichzeitig wären die Lehrer auch als Vermittler und Vertrauenspersonen vor Ort, um Streits zu schlichten oder Ratschläge zu geben. Ideal wäre das frühere Unteroffizierskasino, das sowieso leer steht″, sagt der 56-Jährige, ein studierter Betriebswirt, der sich seit 2015 ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert. Denn nur mit einem Schulungsraum, der sich in unmittelbarer Nähe zur Unterkunft befindet, könne die Akzeptanz der Flüchtlinge gesichert werden.

Das ehemalige Unteroffizierskasino gehört der Esos Energieservice GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Stadtwerke. Die Ehrenamtlichen fragten bei beiden Unternehmen an, ob das Gebäude als Schulungsraum zur Verfügung gestellt werden könne. Ihnen sei dann mitgeteilt worden, dass der Eigentümer einen Nutzungsänderungsantrag stellen müsse. Praktische Fragen wie der Versicherungsschutz müssten in diesem Zusammenhang geklärt werden.

Nachdem die Freiwilligen mehrmals bei den Stadtwerken angefragt hätten und laut Hafke immer wieder vertröstet worden seien, wandten sie sich schließlich Ende Juni in einer E-Mail an Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, weil sie hofften, dass sich dieser in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke für ihre Initiative einsetzen würde. Vom Büro des Oberbürgermeisters erhielten sie lediglich die für sie unbefriedigende Antwort, dass die Beantragung einer Nutzungsänderung erfahrungsgemäß ein durchaus umfangreicher und zeitintensiver Prozess″ sei. Man prüfe aber eine Überlassung von Räumen in der leer stehenden Käthe-Kollwitz-Schule an der Hanns-Braun-Straße 2 in Schölerberg. Eine belastbare Aussage″ darüber könne aber nicht getroffen werden.

Auf Anfrage unserer Redaktion teilte das Presseamt der Stadt Osnabrück mit, der Oberbürgermeister habe die Esos gebeten, die formalen Voraussetzungen für eine Umnutzung des ehemaligen Kasinos zu prüfen. Die Stadt möchte alles tun, damit die Flüchtlinge, die hier sind, schnell Deutsch lernen″, betont Pressesprecher Sven Jürgensen. Die Stadt prüfe gleichzeitig, welche anderen Gebäude nutzbar wären. Die leer stehende Käthe-Kollwitz-Schule, die erst Ende 2015 für die Umnutzung als Notunterkunft renoviert worden war, stehe grundsätzlich″ für Deutschkurse zur Verfügung.

Vorgang wird geprüft″

Nach der Sommerpause″ seien auch die Unterkünfte in der ehemaligen Kaserne am Limberg im Stadtteil Dodesheide für die Initiative nutzbar, wie die Stadt in Aussicht stellt. Ob diese Gebäude am Ende jedoch sinnvoll sind, müssten die Ehrenamtlichen prüfen″, hieß es von der Pressestelle. Inwieweit die Esos schon geprüft hat, ob eine Umnutzung des Offizierskasinos in Atter möglich sei oder ob ein Umnutzungsantrag erwogen wird, ist unklar. Geschäftsführer Ingo Hannemann war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Von der Pressestelle heißt es nur, dass die Vorgänge noch mal geprüft″ werden.

Die Käthe-Kollwitz-Schule ist als Notunterkunft für 150 bis 300 Menschen geplant. In der Kaserne am Limberg können zurzeit etwa 40 Personen unterkommen. Von der Landwehrkaserne bis zur ehemaligen Schule sind es laut Fahrplanauskunft gut 50 Minuten Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Zur ehemaligen Kaserne am Limberg braucht man sogar eine Stunde.

Rainer Hafke und die von ihm vertretenen Ehrenamtlichen können mit den von der Stadt in Aussicht gestellten Räumen nichts anfangen. Die liegen am Ende der Stadt, da würde doch kein Flüchtling hinkommen, außerdem müssten sie die Buskosten auch noch selbst bezahlen″, sagt Hafke aufgebracht. Die Flüchtlinge brauchen einen kurzen Weg zur Schule. Wir müssen es ihnen so einfach wie möglich machen.″ Die Ehrenamtlichen hätten die Erfahrung gemacht, dass am Anfang zu ihren Deutschkursen im Flüchtlingshaus fast niemand kam, man habe die Flüchtlinge quasi an der Hand hinführen müssen.

Bildtext:
Das Flüchtlingswohnheim auf dem Gelände der ehemaligen Landwehrkaserne im Stadtteil Atter.
Foto:
Archiv/ Wilfried Hinrich

Osnabrück. Am kommenden Donnerstag fängt in Niedersachsen der Unterricht im neuen Schuljahr an, und für viele Flüchtlingskinder startet damit eine völlig neue Schullaufbahn, die sie in einer fremden Sprache in einem fremden Land an einer fremden Schule beginnen.

Wie viele Flüchtlingskinder genau in Osnabrück am 4. August ihren ersten Schultag haben, kann Gaby Grosser von der Stadtverwaltung nicht sagen. Wir schulen ja permanent ein, wenn ein Kind hier ankommt, geht es vier Wochen später zur Schule.″ In den letzten Wochen vor den Sommerferien allerdings seien keine Flüchtlingskinder mehr eingeschult worden, weil sich das für diese nicht mehr gelohnt hätte. Dafür wird mit Wiederbeginn des Unterrichts in der kommenden Woche eine verhältnismäßig hohe Zahl an Kindern von Flüchtlingen ihren ersten Schultag in Deutschland haben.

Als Vertreterin der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern aus Zuwandererfamilien (RAZ) gehört das Thema Bildung und Flüchtlingskinder″ zu Gaby Grossers Tagesgeschäft. Und in den vergangenen Monaten ist dieses Tagesgeschäft deutlich entspannter geworden. Dass der Flüchtlingsstrom deutlich abgenommen hat, bekommen wir hier auch genauso mit.″ Da Tausende in Deutschland anerkannte Flüchtlinge einen Anspruch auf Familiennachzug haben, rechnet Grosser allerdings damit, dass sich diese Situation in absehbarer Zeit wieder ändern dürfte.

Für Flüchtlingskinder, die in die Grundschule eingeschult werden, gilt laut Gaby Grosser dasselbe wie für alle anderen Kinder: Sie werden je nach Wohnort und Einzugsbereich der passenden Grundschule zugeordnet, eine Möglichkeit zur freien Schulwahl gibt es nicht. Zunächst kommen alle Eltern mit ihren Kindern zur Erstberatung in die RAZ. Hier prüft die Stadt bei den älteren Kindern, ob es einen freien Platz in einer der Sprachlernklassen an den städtischen Schulen gibt. Dort haben die Schüler dann über 20 Wochenstunden Deutschunterricht.

Die Zuweisung von Kindern ab der Jahrgangsstufe 5 wird dann nicht mehr wie in der Grundschule zwangsläufig wohnortnah getroffen. Aus ihrer Sicht sei es kein Problem, ein Kind aus Nahne nach Eversburg zu schicken, sagt Grosser. Es fahren ja Busse, und in Osnabrück ist doch alles sehr überschaubar. Außerdem helfen die Schüler und Familien einander sehr.″ Bei der Zuweisung spiele natürlich auch das Leistungspotenzial der Kinder eine Rolle, wobei es laut Gaby Grosser oft schwerfällt, das einzuschätzen. Viele haben natürlich keine Zeugnisse dabei, dann muss man im Gespräch mit den Eltern ermitteln, wie die bisherige Schullaufbahn war.″ Bei solchen Gesprächen, das betont Grosser, würde man natürlich die Hilfe von Dolmetschern in Anspruch nehmen.

Stadt als Bittsteller

Wer nicht in eine Sprachlernklasse kommt, erhält trotzdem eine schulische Unterstützung beim Spracherwerb. Deutsch als Zweitsprache″, abgekürzt DAZ″, heißt das, was der Normalbürger wohl als Deutschunterricht für Ausländer″ bezeichnen würde. Der Bedarf an DAZ-Lehrern ist hoch, Ende des vergangenen Jahres, als der Flüchtlingszustrom enorm war, fehlten auch an Osnabrücker Schulen viele Kräfte. Die organisiert im Übrigen nicht die Stadt, sondern das Kultusministerium. Die Kommune ist zwar Träger der Schulen, Personalfragen sind aber in erster Linie Schul- und Landessache. Die Stadt tritt im Wesentlichen als Vermittler in Erscheinung und nicht selten auch als Bittsteller beim Kultusministerium. Wenn es nach Gaby Grosser ginge, wäre das anders. Läge es in ihrer Verantwortung, würden beispielsweise Gymnasien immer Anspruch auf einen Schulsozialarbeiter haben. Wenn man will, dass Migranten die höchsten Bildungsabschlüsse machen, dann müssen sie auch so gut wie möglich unterstützt werden.″

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Bildtext:
Am kommenden Donnerstag beginnt die Schule auch für viele Flüchtlingskinder, die in den vergangenen Wochen nach Osnabrück gekommen sind.
Foto:
imago/ imagebroker
Autor:
Claudia Scholz, stk


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