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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Acht Millionen Tote waren noch nicht genug
Zwischenüberschrift:
August 1916: Durchhalteparolen, Angst vor Ernte-Sabotage, Tagung der Ziegen-Züchter
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Vor 100 Jahren zogen die Zeitungen eine Zwischenbilanz des Ersten Weltkriegs. Zwei Jahre schon dauerte der Krieg, acht Millionen Tote hatte er bis dahin gekostet. Gerade tobte an der Westfront die Schlacht an der Somme, die mit einer weiteren Million an Gefallenen zu Buche schlagen sollte.
Osnabrück. Die Massenabschlachtungen″, wie spätere Historiker urteilten, lassen in der Osnabrücker Zeitungslandschaft allerdings keinerlei Zweifel an den Kriegszielen und an der Sinnhaftigkeit weiteren Kämpfens aufkommen. Sowohl die stets staatstreue Osnabrücker Zeitung″ als auch das protestantisch-bürgerliche Osnabrücker Tageblatt″ und die katholische Osnabrücker Volkszeitung″ drucken Aufrufe des Kaisers an die kämpfende Truppe und an sein Volk in voller Länge ab und kommentieren sie bejahend.
Wilhelm II. wörtlich: Das zweite Jahr des Weltkrieges ist vollendet. Es war, wie das erste, für Deutschlands Waffen ein Ruhmesjahr! An allen Fronten habt Ihr dem Feinde neue, schwere Schläge versetzt. […] Noch liegt Schweres vor uns. Zwar regt sich nach den furchtbaren Stürmen zweier Kriegsjahre die Sehnsucht nach dem Sonnenschein des Friedens in jedem menschlichen Herzen. Aber der Krieg dauert fort, weil die Losung der feindlichen Machthaber auch heute noch Deutschlands Vernichtung ist. Auf unsere Feinde allein fällt die Schuld des weiteren Blutvergießens.″
Die Osnabrücker Zeitung″ (OZ) schreibt dazu: In der unlöslichen Einheit zwischen Kaiser und Volk, die zu gleicher Zeit eine Einigkeit im Selbstvertrauen und Gottvertrauen ist, haben wir von der Zukunft nichts zu fürchten und von der Vergangenheit nichts zu bereuen. Könnte heute das Rad der Weltgeschichte um zwei Jahre zurückgedreht werden, so müssten die höchsten und letzten Entscheidungen unserer leitenden Männer dieselben sein, wie sie in jenen schicksalsschweren Tagen gewesen sind.″
Die OZ lässt allerdings auch einen Dr. Hermann Friedemann mit einer etwas nachdenklicheren Stellungnahme zu Wort kommen. Der berichtet von einer Friedensinitiative im neutralen Dänemark, die den 1. August als traurigsten Gedenktag der Menschheit″ bezeichnet. Friedemann: Diese Nichtkriegführenden dürfen so urteilen, wir, die unmittelbar Beteiligten, können es nicht. Auch wir sind, inmitten des Kampfes, erschüttert von der ungeheuerlichen Tragödie unseres Erdteils, dem Tode von sieben bis acht Millionen Menschen, dem grenzenlosen Verbrauch an ersetzbarem und unersetzbarem Gut und, was mehr als dies alles ist: der Verwüstung der geistigen Gemeinschaft, in deren Bewusstsein wir glaubten, uns Europäer nennen zu dürfen. Aber, wir stehen im Kampf. Es gibt nur eins, das schlimmer ist als der Krieg selbst: die Niederlage.″
Eindringlich warnt die OZ vor Sabotage an Erntegut, wie sie bereits an zahlreichen Scheunenbränden ablesbar sei: Im Solde unserer Feinde stehende Personen dürften in den meisten Fällen Hand angelegt haben. Die werden nichts unversucht lassen, um durch Anschläge bezahlter Kräfte unsere Vorräte zu schmälern.″ Eine Gefahr gehe auch von Kriegsgefangenen im Arbeitsdienst in der Landwirtschaft aus. Höchstes Misstrauen und schärfste Überwachung sind in dieser Zeit gegen jeden einzelnen Kriegsgefangenen am Platze. Ganz besonders muss ein wachsames Auge auf herumstreichendes Gesindel gehalten werden.″ Weiterhin wird empfohlen, das auf den Feldern in Diemen (Garben) konzentrierte Getreide auf Abstand zu lagern, damit einzelne angezündete Diemen das Feuer nicht auf die Nachbarschaft übertragen. Gefahr bestehe auch durch Flieger-Brandbomben, die die Ernte auf den Feldern und in den Scheunen in Brand setzen könnten. Dass diese Kampfesweise – „ sie ist echt englisch″ in der Tat durchführbar sei, hätten bulgarische Heeresberichte über Vorgänge nahe der griechischen Grenze bewiesen.
Die OZ empfiehlt das gründliche Durchkauen der Nahrung, nach dem amerikanischen Ernährungsreformer Horace Fletcher auch Fletschern″ genannt. Dadurch würden die Nährstoffe besser ausgewertet und insgesamt kleinere Mengen benötigt. Die OZ schreibt: Als früher über die Bedeutung des Durchkauens beim Essen hingewiesen wurde, lachte man vielfach. Heute ist die Lage anders, wo die Nahrung knapp ist. Wenn man sich an richtiges Kauen gewöhnen will, sollte man zählen! Wer eine Mundfüllung fünfzigmal kaue, spare ein Drittel der Speisen und fördere die gesunde Verdauung.
Hoflieferant Heinrich Schorn begeht sein 40-jähriges Berufsjubiläum als Gastwirt. Gleichzeitig betreibt er seit 25 Jahren die angesehenen Bahnhofsgaststätten. Zuvor leitete er in Köln erste und größte Betriebe″, so die Gürzenich-Restauration und die im Opernhause. Er ist Hauptbegründer der Westdeutschen Speisewagen-Gesellschaft und des Bahnhofswirtevereins für den Direktionsbezirk Münster. In Osnabrück ist er als Begründer der Stadthallen-Restauration und des Weinhauses Rheingold in der Schlagvorder Straße hervorgetreten, war zeitweise Pächter des Hotels Kaiserhof an der Herrenteichstraße und des Gutes Nette und gilt als Hauptbegründer der Freien Wirte-Innung. Bereits viermal ist er mit dem Hoflieferanten-Titel ausgezeichnet worden.
Der Ziegenzuchtverband für den Landkreis Osnabrück hat bei der Gastwirtschaft Wilhelmsturm in Schinkel eine Ziegenschau und Bockkörung, verbunden mit einer Prämiierung und Ausstellung der Aufzuchtlämmer, abgehalten. Dem Verband gehören die Ziegenzuchtvereine in Georgsmarienhütte, Hasbergen, Hollage, Hellern, Rulle, Lechtingen, Vehrte, Belm, Bissendorf, Schledehausen und Voxtrup an. An den genannten Orten stehen die dem Verband gehörenden Zuchtböcke, die jährlich zwischen den Orten gewechselt werden. Angetrieben waren 35 Lämmer, neun ältere Böcke und zehn junge Böcke, sämtlich Rassetiere, Saanenziegen (milchstarke Rasse ursprünglich aus den Saanetal im Berner Oberland) und deren Kreuzungen. Die Zutrift zur Ausstellung wäre sicherlich eine noch viel größere gewesen, wenn es nicht gerade die Zeit der Ernte wäre″, merkt die Zeitung an.
Frau S. Huxoll, Jahnstraße 2a, preist ihre Näh- und Zuschneidekurse an. Als ständiges Mitglied der Modenakademie″ erteilt sie gründlich und gewissenhaft modern praktischen und anerkannt erfolgreichsten Unterricht in der Damenschneiderei. Meine Methode lehrt, selbst für die unnormalste Figur sicher passende Garderobe anzufertigen.″

Bildtext:

Das Verlagshaus Kisling am Neumarkt gab die staatstreue, später eher nationalliberale Osnabrücker Zeitung″ in direkter Nachfolge der von Justus Möser begründeten Allgemeinen Osnabrückischen Anzeigen″ heraus.
Foto: Rudolf Lichtenberg jr., aus: Rolf Spilker, Lichtenberg Bilder einer Stadt 1900 1940, Bramsche, 1996
Autor:
Joachim Dierks


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