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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Überschrift:
Der Satz mit x: Das war wohl nix
Zwischenüberschrift:
Große Streitthemen des Rates in den vergangenen fünf Jahren – Dritte Gesamtschule für Osnabrück
Artikel:
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Originaltext:
Die Landesregierung möchte Niedersachsen flächendeckend mit Gesamtschulen beglücken. Osnabrücks rot-grüne Kommunalpolitiker griffen den Ball auf und spielten ihn offensiv im letzten Kommunalwahlkampf. Zum Torerfolg hat es nicht gereicht. Eine dritte Gesamtschule gibt es nicht.
Osnabrück. Als im Jahr 2011 die Osnabrücker Parteien zum Wahlkampf bliesen, war die Forderung nach einer dritten Gesamtschule und damit der zweiten integrierten Gesamtschule eine zentrale Strophe im Wahlkampfschlager von SPD und Grünen. Vier Jahre später war die Musik vorbei, das Halali des Frontalangriffs auf das dreigliedrige Schulsystem durch die Wucht der leeren Kassen bis zur Unhörbarkeit erstickt.
Und jetzt, wo es um die nächste Wahl geht? Das Thema dritte Gesamtschule spielt keine Rolle mehr. Damit wird es endgültig zum Klassiker der nicht umgesetzten Wahlversprechen angezettelt durch Bundes- und Landespolitik, aufgenommen von den lokalen Matadoren, gescheitert an der Realität des kommunalen Alltags. Während CDU und FDP die integrierende Form des schulformübergreifenden Unterrichtens ohnehin für einen bildungspolitischen Irrweg halten, sehen Sozialdemokraten und Grüne hierin den leuchtenden Pfad in eine Zukunft unter dem Banner Gleiche Bildungschancen für alle″. In diesem Sinne begann die Zählgemeinschaft nach der Wahl 2011 zunächst mit gebremsten Schaum, ab etwa Anfang 2013 dann aber mit viel Verve an der Gründung einer dritten Gesamtschule zu arbeiten. Die Verwaltung wurde beauftragt, entsprechende Konzepte zu vorzulegen. Es wurde nachgebohrt und gedrängt, es wurden die Bürger ins Feld geführt, die auf Ergebnisse warteten, und dergleichen mehr.
Nun schießen aber preußische Beamte bekanntermaßen nicht so schnell, wie Osnabrücker Politiker es gerne hätten. Der damaligen Schuldezernentin Rita-Maria Rzyski schwebte ein gesamtstädtisches Konzept vor, das die Sekundarstufe I umfassen und als Spezialfall auch noch die Hauptschule Innenstadt und die Möser-Realschule in eine neu zu gründende Schule überführen sollte. So etwas dauert. Die Ratsmehrheit beauftragte die Schulverwaltung Anfang 2014, die Kennzahlen für die Einrichtung einer dritten Gesamtschule als Grundlage für eine Ratsentscheidung zu erarbeiten. Das Ergebnis kam Ende 2015. Zuvor hatte es in Osnabrücks Schullandschaft ordentlich rumort. Verschiedene Standorte waren in die Diskussion gekommen: das Schulzentrum Sonnenhügel, das Graf-Stauffenberg-Gymnasium mit der Bertha-von-Suttner-Realschule sowie das Gymnasium In der Wüste″ mit der Erich-Maria-Remarque-Realschule. Lehrer, Schüler und Eltern an den drei Standorten schlossen zügig die lockeren Reihen und machten Front gegen die Einführung einer IGS und vor allem für den Erhalt ihrer bestehenden Schulen. Der Widerstand machte gleichzeitig deutlich, was die Eltern- und Lehrerschaft von einer vermeintlich ideologisch gefärbten Umwidmung bewährter Schulen hält: nichts.
Der Neubau einer dritten Gesamtschule hätte da sicherlich weit weniger Proteste ausgelöst, ist aber weder finanziell noch schulentwicklungspolitisch sinnvoll. Dieser Unwillen drückte sich auch in einem Votum des Stadtelternrates aus, der einer integrierten Gesamtschule den Laufpass gab, bevor diese auch nur ansatzweise das Licht der Welt erblicken konnte.
Zeitgleich ließen sich auch erste kritische Stimmen aus den Reihen der politischen IGS-Befürworter namentlich den Grünen vernehmen. Die standen zwar weiterhin inhaltlich hinter dem IGS-Konzept, mussten aber letztendlich der Gefahr des finanziellen Kollapses der Stadt ins Auge blicken. Denn zwischenzeitlich hatte die Rzyski-Truppe in der Verwaltung Kosten in Höhe von 6, 4 Millionen Euro für eine IGS errechnet, wohlgemerkt für eine IGS light, weil sie am Standort Sonnenhügel nur die Klassen fünf bis zehn abdecken sollte. Zeitgleich sollte das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium bestehen bleiben. Für die ebenfalls im Rzyski-Konzept aufgeführte Bildung der sogenannten Neuen Schule aus Hauptschule Innenstadt und Möser-Realschule wären noch einmal je nach Variante zwischen 7, 6 und 10, 02 Millionen Euro fällig gewesen. Für die damalige Osnabrücker und heute in Hannover schaffende Schuldezernentin eine unbedingte Notwendigkeit, da nur so beide noch in der Hasestadt existierenden Hauptschulen zur gleichen Zeit aufgelöst und in eine neue Schulform überführt werden könnten.
Angesichts dieser Zahlen erfasste die Zählgemeinschaft der große Schwindel. Grünen-Chef Michael Hagedorn war der Erste, der das Spiel verloren gab und in einer Ratssitzung einräumte, dass bei der derzeitigen städtischen Kassenlage eine Umsetzung des Rzyski-Konzepts nicht zu leisten sei. Und so wurde aus einem sicher zu verwandelnden Elfmeter ein Fehlschuss.

Bildtext:

Die integrierte Gesamtschule in Eversburg wird in Osnabrück wohl auf absehbare Zeit ein Unikat bleiben. Foto: David Ebener

Kommentar:

Albtraum Bildungspolitik

Kann man das Scheitern einer dritten Gesamtschule der Kommunalpolitik anlasten? Oder haben gar die Gesamtschulgegner deren Einführung verhindert? Weder noch.

Gescheitert ist die zweite Osnabrücker IGS schlicht und einfach am Geld. Hätte der Kämmerer mehr davon in der Börse, hätte Rot-Grün das Projekt leichter Hand auf den Weg bringen können. So aber bleibt die IGS ein Traum, und zwar so lange, bis die Bildungspolitiker in Hannover erkennen, dass ihre Träume in den Kommunen zu Albträumen werden, wenn sie nicht die entsprechenden Finanzmittel bereitstellen.

Die Stadt Osnabrück jedenfalls ist ohne direkte Hilfe aus Hannover nicht in der Lage, ein Zusatzprojekt wie eine IGS zu stemmen. Hat sie doch mit den laufenden Kosten schon ein Riesenproblem.

Marode Schulgebäude und Turnhallen kämpfen um den ersten Platz auf einer Prioritätenliste, die angesichts des Zustands all dieser Immobilien schon ein Witz in sich selber ist, denn eigentlich müssten die Handwerker überall zur gleichen Zeit Hand anlegen.

Und dann ist da noch die Rückkehr zu G 9, die nach Schätzungen der ehemaligen Schuldezernentin Rita-Maria Rzyski alleine vier Millionen Euro für notwendige Umbauten verschlingen könnte.

Insgesamt ist also so schon ein Vermögen vonnöten, um die dringlichsten Dinge zu erledigen. Wie soll die Stadt dann noch neue Schulen finanzieren? Eine weitere IGS wird folglich noch lange auf sich warten lassen, wenn Rot-Grün sich nicht dem Vorwurf aussetzen will, aus ideologischen Gründen bestehende Schulformen zu vernachlässigen. Das käme sicherlich auch bei der eigenen Klientel nicht gut an.

Fazit: Nicht die Osna brücker Kommunalpolitiker sind an der IGS gescheitert, sondern die Landespolitik. Sechs, setzen!
Autor:
Dietmar Kröger


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