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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Mittwochs war „Puffer-Tag″
Zwischenüberschrift:
Feinkost Remme machte von 1927 bis 2010 Feinschmecker in der Lotter Straße glücklich
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Durch die linke Tür geht′s zur Feinkost, durch die rechte zu den frischen Fischen. Diese Aufteilung des Ladengeschäfts Remme an der Lotter Straße ist vielen Osnabrückern noch vertraut. 83 Jahre lang gingen hier leckere Sachen über die Theke, bis die Inhaberfamilie Welp 2010 aufgab.
Osnabrück. Mit leichter Wehmut blickt Theo Welp, Schwiegersohn der Gründerin Auguste Remme, auf die Zeiten zurück, als der Laden noch brummte. Das könnte heute noch so sein, wenn nicht die Stadt die Lotter Straße einzelhandelsfeindlich umgebaut hätte″, ist der 74-Jährige überzeugt. Seiner Meinung nach war die bis 2008 geltende Regelung mit dem wechselseitigen eingeschränkten Halteverbot vormittags durfte man auf der linken Straßenseite halten, nachmittags auf der rechten eine brauchbare Lösung, die den schnellen Einkauf per Pkw zuließ.
Kritik am Straßenausbau
Dann kamen zwei Jahre Baustelle, da sei schon manchen Läden die Puste ausgegangen. Und schließlich die neue Aufteilung der Straßenbreite mit teils unnötig breitem Gehsteig, fehlendem Radweg und fehlender Haltemöglichkeit für anliefernde Lkw. Nicht einmal der fließende Verkehr habe Vorteile. Bei Gegenverkehr könne kein Radfahrer zwischen Arndt straße und Depot überholt werden, dann begrenze ein einzelner Radfahrer das Tempo der Autoschlange auf 15 Kilometer pro Stunde.
Die Lotter Straße war mal die drittstärkste im Einzelhandelsumsatz, nach Großer Straße und Krahnstraße, noch vor der Johannisstraße″, sagt Welp. Der Mitgründer und zeitweilige Vorsitzende der Interessengemeinschaft Lotter Straße beklagt, dass der Branchen-Mix nicht mehr stimme: Bald haben wir hier nur noch Versicherungsvertreter, Makler, Rechtsanwälte und Zahnärzte, also Dienstleister, die keine regelmäßigen Warenanlieferungen benötigen.″ Für Anbieter des täglichen Bedarfs werde es immer schwieriger.
Derartige Sorgen brachten Auguste Schlüter nicht um den Schlaf, als sie sich 1927 mit einem Kolonialwarenhandel selbstständig machte. Die Start-up-Unternehmerin, wie man sie heute nennen würde, war erst 21 Jahre alt und unverheiratet. Im Lebensmittelhandel hatte sie gelernt, kannte sich also mit der Ware und mit dem Verkaufen aus. Der Wurstwaren-Hersteller Friedrich Bedford an der Buerschen Straße war nicht nur Lieferant, sondern auch ihr väterlicher Freund. Er gewährte ihr ein zinsloses Existenzgründungsdarlehen von 5000 Mark. Damit richtete Auguste Schlüter sich einen kleinen Laden im Hause der Drogerie Meyer zu Hüningen in der Lotter Straße 113 ein.
Eigene Fischabteilung
1932 bot sich die Gelegenheit, zwei Häuser weiter das Wohnhaus Nr. 115 zu erwerben. Auguste Remme, wie sie mittlerweile nach der Heirat des Polizisten Friedrich Remme hieß, griff zu. Sie ließ das Wohnhaus mit Hochparterre umbauen, schüttete den Keller zu und schuf eine großzügige Ladenfläche zu ebener Erde. Aus hygienischen Gründen und wegen der doch sehr unterschiedlichen Gerüche trennte sie die Frischfisch-Abteilung mit einer Glaswand gegen die Feinkost-Abteilung ab. Beide Bereiche erhielten ihre eigene Zugangstür.
Nach dem Krieg gab Friedrich Remme den Polizistenberuf auf und stieg voll und ganz ins Geschäft der Ehefrau ein. Er managte die Fische, Auguste die Feinkost. Tochter Karin hatte kaum eine andere Wahl, sie wuchs von Kindsbeinen an in den Betrieb hinein.
Später lernte sie den Industriekaufmann Theo Welp kennen. Der stammte aus der Bäckerei Welp in Haste. Er hatte sich bewusst gegen eine Karriere in der Backstube und im Laden entschieden und war glücklich in seinem Beruf bei Klöckner, wo er der Bahn Weichen verkaufte. Doch die Liebe war stärker. So wurde auch er, genau wie sein Schwiegervater, in den Laden hineingezogen und ging bald voll in ihm auf.
2007 lief die Fischabteilung nicht mehr so gut. Zusammen mit Tochter Christina, die ab 2001 in dritter Generation den Betrieb weiterführte, entschieden die Welps sich stattdessen für eine Weinabteilung, die schließlich zum Bistro Ca′n Tina″ ausgeweitet wurde.
Besonders das Mittagsgeschäft lohnte sich. Mittwochs war unser Puffertag′, da habe ich von morgens sieben bis mittags um eins in meiner kleinen Küche gestanden und bis zu 500 Portionen Kartoffelpuffer gebraten″, erinnert sich Theo Welp, und von unseren selbst zubereiteten Sahneheringen schwärmen die Leute heute noch.″
Aber dann kam der Umbau der Lotter Straße mit all seinen Beschwernissen und, am wichtigsten, einer wenig verheißungsvollen Perspektive für die Zukunft. Nach 83 Jahren gab die Familie Welp 2010 den Betrieb auf.

Bildtext:

Das Feinkostgeschäft Remme nach erfolgtem Umbau 1935. Die Feinkost-Abteilung und die Frischfisch-Abteilung erreichte man durch separate Eingangstüren. Foto: Archiv Familie Welp

Heute ein Laufsteg″: Unter diesem Namen verkauft Jürgen Erdmann im ehemaligen Feinkostladen an der Lotter Straße Damenmode. Foto: Joachim Dierks

Gut sortiert war das Feinkostgeschäft Remme, als der Laden noch richtig brummte.

Für Muscheln in der Fischabteilung standen Kunden 1948 an. Fotos: Archiv Familie Welp
Autor:
Joachim Dierks
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