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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Bodenständig und schnörkellos
Zwischenüberschrift:
Ein „planloser″ Rundgang durch Osnabrücks Stadtteile – Heute: Eversburg
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Grau, verwaist und ein bisschen unhöflich. Wäre der Rundgang durch Eversburg nach 100 Metern abgebrochen worden, wäre ein falsches Bild vom Stadtteil zurückgeblieben.
Osnabrück. Hallo, wir sind von der Neuen Osna …″ – „ Keine Lust! Autsch! Dazu noch die unheilverkündenden Gewitterwolken: Der Start ist holprig.
Eversburg spannt sich nordwestlich der Innenstadt keilförmig zwischen Atter straße und Wersener Straße auf. Großzügig schließt eine Bäckerei-Mitarbeiterin im Gespräch auch den Rubbenbruchsee mit ein. Es stehen keine Kunden vom Westerberg oder aus Atter am Tresen, um zu protestieren. Die könnten den See ebenso für sich beanspruchen. Die Verkäuferin geht sogar noch weiter: Eversburg habe ja auch den Flugplatz Atterheide. Auf die Rückfrage, ob der seinen Namen nicht vielleicht seiner Lage verdanke, rudert sie schmunzelnd zurück.

Restmüll abgeladen
Doch ebenso wie andere an diesem Nachmittag will die Frau lieber unbekannt bleiben. Ein Foto von mir? Lieber nicht.″ Oder: Meinen Namen müssen Sie aber nicht dazuschreiben.″ Sätze, die häufiger zu hören sind.
Das ist zu respektieren und verständlich: Mit nassgeschwitztem T-Shirt und in orangefarbener Latzhose sieht sich nicht jeder gerne öffentlich abgebildet. Aber dafür hat Uwe Selzner vom Eversburger Grünabfallsammelplatz viel zu erzählen. Bei den Osnabrücker Servicebetrieben ist Selzner ein sogenannter Springer″. Er arbeitet tageweise an unterschiedlichen Plätzen den in Eversburg findet er schlimm. Der Platz sei nicht eingezäunt. Ihn ärgert, dass die Leute deshalb nachts auch säckeweise Restmüll und sogar Fenster abladen. Müll, der nicht in den Grünabfallcontainer darf: Das soll ja Humus werden.″
Selzner ist vor Jahren aus Eversburg weggezogen, Sarah Roling hingegen ist erst kürzlich zurückgekehrt. Mit ihrem Hund Tommy sitzt sie auf einer Stufe vor der Haustür. Die 26-Jährige ist in Elternzeit, um sich um ihren Sohn Livius zu kümmern. Zurückgekommen ist sie auch wegen der Arbeit. Sie ist Altenpflegerin im Seniorenzentrum. Der Weg dorthin sei kurz. Das schätzt sie. Ob es in Eversburg besondere Anlaufstellen gibt, Kneipen oder Kioske zum Beispiel? So viel, was so etwas angeht, ist hier ja nicht.″
Tatsächlich: Wer im Nieselregen die nahezu verwaiste Kirchstraße entlangläuft am Friedhof vorbei –, könnte sich etwas einsam in Eversburg vorkommen. Aber andererseits: Menschen in der Wüste oder im Schinkel fluten bei drohendem Gewitter, werktags und zur Mittagszeit auch nicht die Bürgersteige.
Ganz anders im Supermarkt von Viktor Jersch: Dutzende Kunden schieben ihre Wagen durch die Gänge. In den Regalen stehen Flaschen, Plastikdosen und Konserven die Beschriftung: zuerst auf Russisch, weiter unten auf Deutsch. Die Verpackungen wirken fremd. Das sind für uns
gewöhnliche Sachen″, sagt der gebürtige Russe, der früher Vermessungsingenieur war.

Geschmack bleibt gleich
Jersch führt den Laden seit 1998. Die Kunden kämen aus Eversburg, Haste und Atter. In dem russischen Supermarkt suchen sie die Aromen ihrer Heimat: Die Menschen lebten jetzt zwar in Deutschland, aber ihr Geschmack ändere sich nicht, so Jersch. Sie schätzten die Produkte aus Russland, Polen und Bulgarien. Der Inhaber will ihre Wünsche erfüllen. Mit dem Finger zeigt er auf das Kühlregal: Wir haben hier mehr als 150 Sorten Wurst.″
Lange vor dem Supermarkt ist Manfred Schulenberg ins Viertel gekommen. Er scheint Eversburg genauso gut zu kennen wie seinen riesigen Garten. Seit 1966 lebt er hier. Nachdem er die Harke auf den Rasen gelegt hat, erzählt er im Gartenstuhl auf der Terrasse vom Eversburg, wie es früher war und wie es geworden ist. Aus dem Nieselregen ist inzwischen ein Schauer geworden, die Sitzgruppe ist überdacht.

Neue Baugebiete
Es gibt Stadtteile in Osnabrück, bei denen rümpfen die Leute die Nase Eversburg gehört auch dazu″, sagt er. Das sei sein Gefühl. Für ihn ist Eversburg ein Stadtteil im Umbruch″. Das liege an den neuen Baugebieten und den verschiedenen Menschen, die sich nach und nach im Stadtteil niederließen. Seine Kinder seien inzwischen aus Osnabrück weggezogen, sagt Schulenberg. Berufsbedingt.″ Er habe ihnen gesagt: Ihr braucht nicht euren Eltern zuliebe hierbleiben.″
Säße auch Altenpflegerin Roling auf der Terrasse, hätte Schulenberg noch einen Tipp für sie: Weiter die Straße runter liegt das beste Fischlokal in Osnabrück.″ Montags hat es Ruhetag.
Einen anderen Vorzug von Eversburg nennen an diesem Nachmittag gleich mehrere Gesprächspartner: Man sei zügig auf der Autobahn. Das will nicht so recht passen. Denn keiner von ihnen wirkte so, als wolle er schnell fort von hier. Und der Regen hat auch aufgehört.

Bildtext:

Leben wieder in Eversburg: Tommy und Frauchen Sarah Roling sind wieder hergezogen.Fotos: Michael Gründel

Der Grünabfallsammelplatz in Eversburg ist manchmal Anlass für Ärger.

150 Sorten Wurst hat Viktor Jersch in seinem Supermarkt im Kühlregal.

Bei der Gartenarbeit: Manfred Schulenberg lebt seit 1966 in Eversburg.
Autor:
Sven Mechelhoff


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