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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Lange Wartezeiten torpedieren Jobchancen
Zwischenüberschrift:
Bei der Ausländerbehörde Osnabrück ist der nächste reguläre Termin erst Ende September frei
Artikel:
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Originaltext:
Wer derzeit etwas bei der Osnabrücker Ausländerbehörde erledigen möchte, muss sich rund zwölf Wochen gedulden: Der nächste freie Termin ist Ende September.

Osnabrück. Für Asylbewerber, die kurzfristig eine Arbeitserlaubnis brauchen, ist das ein unerträglicher Zustand, die Stadt verweist auf frei werdende Termine und neues Personal.

Eine Osnabrücker Rentnerin betreut einen Asylbewerber, der gerne arbeiten möchte. Da sein Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist, benötigt er für jeden Job eine Arbeitserlaubnis. Diese wird bei der örtlichen Ausländerbehörde beantragt, die daraufhin die Agentur für Arbeit einschaltet, welche die eigentliche Prüfung übernimmt. Die Arbeitsagentur benötigt für die Prüfung vier Wochen. Wenn wir uns bei der Ausländerbehörde weitere zehn bis zwölf Wochen auf die Weiterleitung des Antrags gedulden müssen, ist das ein Problem. So lange kann kein Arbeitgeber auf einen neuen Mitarbeiter warten″, sagt die Frau. Ihren Namen möchte sie nicht nennen, weil sie nicht das Risiko eingehen wolle, das Asylverfahren ihres Bekannten wegen der Beschwerde zu gefährden.

Das Ärgerliche aus Sicht der Frau: Bis April haben Mitarbeiterinnen der Behörde Asylbewerber im Stadthaus auch spontan ohne vorherige Terminabsprache betreut. Die Situation sei jedoch für alle Beteiligten unzumutbar gewesen, sagt Stadtsprecher Sven Jürgensen: Die Menschen mussten teilweise den ganzen Tag in Wartezonen ausharren, die für einen solchen Andrang nicht geschaffen waren. Die Luft war schlecht und die Stimmung auch, das war für die Wartenden und die Mitarbeiterinnen sehr stressig.″ Wegen der positiven Erfahrungen des Bürgeramtes habe daher auch die Ausländerbehörde im Frühjahr die vorherige Terminvergabe via Internet oder Automat vor Ort eingeführt.

Die Frau bestätigt, dass die Bedingungen nicht optimal gewesen seien, dennoch wünscht sie sich einen Raum für die spontane Beratung zurück: Man musste zwar den halben Tag lang warten, hatte aber Gewissheit, in dringenden Fällen schnell betreut zu werden. Hier läuft schließlich die Zeit weg, da auch die Arbeitgeber planen müssen.″ Zudem ärgere sie die Steuergeldverschwendung: Theoretisch könnte der Asylbewerber morgen arbeiten, Stellen sind genug vorhanden. Wegen der fehlenden Erlaubnis ist das aber nicht möglich, daher bekommt er weiterhin Sozialhilfe.″ Auch die Mitarbeiter des Sozialamtes hätten sich mehrfach über die lange Bearbeitungsdauer beklagt.

Ein Vergleich zeigt, dass die Terminvergabe beim Bürgeramt reibungsloser verläuft als bei der Ausländerbehörde. Wer einen neuen Personalausweis beantragen möchte, kann einen Termin binnen drei Tagen buchen. Bei der Ausländerbehörde ist der nächste Termin erst am 30. September frei (Stand: 28. Juni). Dennoch zieht Jürgensen auch für die Ausländerbehörde ein positives Zwischenfazit: Die Bedingungen waren vorher schlecht. Es herrschte keine akzeptable Arbeitsatmosphäre. Jetzt ist die Situation besser.″ Und der Stadtsprecher versichert, dass immer wieder Termine frei würden, etwa wegen Stornierungen oder einer veränderten Personalsituation: Ich empfehle den Menschen, dass sie sich jeden Morgen ins System einloggen. Es kommen immer wieder Termine dazu.″ (Weiterlesen: Wie gut läuft die Terminvergabe im Bürgeramt?)

Das Problem für die ältere Frau: Sie hat genauso wie der Asylbewerber keinen Internetzugang. Und jeden Tag zum Stadthaus zu fahren, wo die Terminvergabe am Automaten möglich ist, sei auch keine Option.

Für die derzeit starke Nachfrage ist laut Jürgensen unter anderem eine Anschreibaktion″ der Behörde vor dem Start der Terminvergabe verantwortlich: Wir haben die betroffenen Personen darauf hingewiesen, dass ihr Aufenthaltstitel demnächst abläuft und dass sie künftig die Terminvergabe zur Vereinbarung eines Wunschtermins nutzen können.″ Der Stadtsprecher geht davon aus, dass sich die Situation in den kommenden Wochen entspannen werde, weil zwei zusätzliche Stellen geschaffen worden seien: Die Bewerber sind ausgewählt. Sie werden demnächst ihren Dienst antreten.″ Für die Rentnerin ist das ein schwacher Trost: Ohne Erlaubnis darf er nicht einmal Prospekte austragen. Dass manch ein Asylbewerber unruhig wird, weil er den ganzen Tag Däumchen drehen muss, kann ich verstehen.″

Nach Angaben der Stadt lebten zum Stichtag 31. März 20 831 Ausländer in Osnabrück. Das sind rund 20 Prozent mehr als Ende 2014 (17 525); bei den meisten zugezogenen Ausländern handelt es sich um Asylbewerber.

Alles zum Thema Migration und Flüchtlinge lesen Sie auf unserem Themenportal unter www.noz.de/ fluechtlinge
Bildtext:
Im Stadthaus ist auch die Ausländerbehörde untergebracht.
Foto:
Archiv/ Egmont Seiler

Kommentar
Arbeit hat Vorrang

Seit Ende 2014 ist die Zahl der Ausländer in Osnabrück um 20 Prozent gestiegen. Bei den meisten Zugezogenen handelt es sich um Flüchtlinge, die in ihren ersten Monaten in Deutschland einen besonders großen Bedarf an Beratung haben. Niemand kann allerdings von einer Kommune erwarten, dass sie den vom Bund verordneten Flüchtlingszuzug von heute auf morgen meistert.

Auch die Entscheidung der Stadt, die spontane Beratung zugunsten einer Terminabsprache aufzugeben, ist nachvollziehbar. Überfüllte Wartezonen und überlastete Mitarbeiter braucht niemand.

Dennoch hat sich auch die Stadt nicht mit Ruhm bekleckert: Es darf nicht sein, dass Asylbewerber, die arbeiten möchten, die sich integrieren und selbst versorgen wollen, monatelang auf einen Termin warten müssen. Das demotiviert nicht nur, sondern kostet den Steuerzahler auch in Form von Sozialhilfe Geld.

Ob zwei neue Mitarbeiter die Wartezeit auf ein erträgliches Maß senken können, bleibt abzuwarten. Sinnvoll könnte in jedem Fall eine Priorisierung der Anliegen sein: Wer Arbeit in Aussicht hat, bekommt Vorrang. Technisch sollte das machbar sein. Schließlich müssen Kunden der Behörde schon jetzt bei der Terminvergabe angeben, weshalb sie Beratung wünschen.
Autor:
Johannes Zenker


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