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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Keine Bürgerbefragung zum Neumarkt
Zwischenüberschrift:
Rat lehnt Florysiak-Antrag ab – „Die 160 000 Euro besser sparen″
Artikel:
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Originaltext:
Es wird keine Bürgerbefragung zum Verkehr auf dem Neumarkt geben. Die Ratsmehrheit stimmte gegen einen entsprechenden Antrag von Michael Florysiak (DMD).
Osnabrück. SPD, Grüne, UWG, Piraten und die FDP sind sich nicht nur in der Verkehrsfrage einig, sondern auch beim Thema Bürgerbefragung: Die Kommunalwahl am 11. September biete den Wählern die Chance, über den Neumarkt zu entscheiden. Eine zusätzliche Abstimmung sei nicht nötig, die Kosten von 160 000 Euro könne sich die Stadt sparen.
Der frühere Grünen-Ratsherr Michael Florysiak, Gründer der Demokratischen Mitte Deutschlands (DMD), nannte es skandalös″, wie die Neumarkt-Debatte im Rat geführt worden sei: mit Polemik, Beschimpfungen und immer unter der Maßgabe Parteipolitik geht vor Sachpolitik″. Hören Sie auf, die Bürger zu gängeln und ungefragt zu erziehen″, sagte Florysiak.
Die Frage, die die Bürger mit Ja oder Nein beantworten sollten, formulierte Florysiak so: Sollen die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, um den Neumarkt ohne konkretes Konzept zur Umleitung des motorisierten Individualverkehrs und ohne Änderung des Busnetzes der Stadtwerke Osnabrück zu einer vom motorisierten Individualverkehr befreiten Verkehrszone umzuwandeln?
Schützenhilfe erhielt der Einzelkämpfer von der CDU-Fraktion, die dem Antrag zustimmte. Anette Meyer zu Strohen gab zu bedenken, dass es sich um eine Entscheidung von großer Dimension″ handele, die Folgen für den Gesamtverkehr in der Stadt habe. Geben wir doch den Osnabrückern die Chance, über ihren Neumarkt abzustimmen.″
CDU-Fraktionschef Fritz Brickwedde (CDU) erinnerte daran, dass die CDU schon im Mai 2015 eine Bürgerbefragung beantragt hatte. Er trat dem Eindruck entgegen, es gebe eine Zweidrittelmehrheit im Rat für eine Sperrung. Brickwedde: Das Verhältnis ist 60 zu 40. Im Rat haben wir 20 Mitglieder, die gegen eine Sperrung stimmen. Es ist also keine kleine Gruppe.″ Die CDU teile ihre Meinung mit der Osnabrücker Wirtschaft, mit den Handwerks- und Handelsverbänden, betonte Brickwedde. Der Bürger werde im September über den Neumarkt abstimmen ob in einer Bürgerbefragung oder im Rahmen der Kommunalwahl. Und wir machen dazu einen fairen Wettbewerb.″
Heiko Panzer (SPD) hält die Abstimmung parallel zur Kommunalwahl für unnötig. Die Parteien hätten sich eindeutig dazu positioniert: Alle, die sich den Neumarkt nicht als Dauerstauzone vorstellen wollen, können bei der Kommunalwahl entsprechend abstimmen.″ Außerdem wäre eine Bürgerbefragung in der vorgeschlagenen Form von der Satzung nicht gedeckt, die dafür eigens geändert werden müsste.
Auch Jens Meier und Thomas Klein (Grüne) verwiesen auf rechtliche Hindernisse. Die Rahmensatzung, die vor der Bürgerbefragung zur Westumgehung 2013 eingeführt wurde, schließt Abstimmungen über Themen aus, die Teil eines öffentlichen Beteiligungsverfahrens sind. Das treffe auf den Neumarkt zu.
Wulf-Siegmar Mierke (UWG/ Piraten) sieht keinen Sinn darin″, 160 000 Euro für eine Abstimmung auszugeben, die ohnehin stattfinde. Florysiaks Antrag sei nichts weiter als der Versuch, auf Stimmenfang zu gehen.
Auch FDP-Fraktionschef Thomas Thiele warf Florysiak taktisches Spiel vor: Es ist sehr durchsichtig, was Sie da vorhaben.″ Der CDU hielt er vor, Erfahrungen aus der 18-monatigen Neumarkt-Sperrung auszublenden. Eine Probephase hat es schon gegeben. Was wollen Sie eigentlich noch mehr?″, fragte Thiele.
Frank Henning, SPD-Fraktionschef, bekräftigte die Argumente für eine Sperrung, hob die städtebauliche Aufwertung und den Gewinn an Lebensqualität hervor und präzisierte die Angaben Brickweddes über das Meinungsbild im Rat: Exakt 60, 2 Prozent des Rates sind für eine Sperrung, 39, 8 Prozent dagegen.″

Bildtext:

Der Neumarkt - mit Autos oder ohne? Ein zentrales Thema im Kommunalwahlkampf, aber kein Thema für eine Bürgerbefragung, sagt die Ratsmehrheit.

Foto: Jörn Martens

Kommentar:

Für den eigenen Vorteil

Die Bürger sollen über den Neumarkt entscheiden: Ja, das klingt gut. Das klingt nach Bürgernähe, nach direkter Demokratie, nach Demut der Politiker und nach all dem, was seit einigen Monaten in keiner Talkshow fehlen darf: Wir müssen die Menschen ernst nehmen.″ Wer so redet, kann sich des Applauses aus dem Publikum sicher sein. Und trotzdem: Die repräsentative Demokratie ist die bessere Form der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung. Auch beim Thema Neumarkt.

Eine Bürgerbefragung zwingt zur größtmöglichen Vereinfachung. Ein komplexes Problem muss auf eine Frage reduziert werden, die mit Ja oder Nein zu beantworten ist: Aufofreier Neumarkt ja oder nein? Eine Meinung hat fast jeder dazu, aber hat sich auch fast jeder mit allen Verkehrsdaten und Prognosen, mit Mobilitätskonzepten oder Schadstoffwerten auseinandergesetzt? Es ist doch eher so, dass jeder aus seiner eigenen Betroffenheit entscheidet. Nach dem Motto: Im Zweifel für den eigenen Vorteil. Die Bürgerbefragung zur Westumgehung war in dieser Hinsicht ein Beispiel, und zwar ein negatives.

In der repräsentativen Demokratie ist Mitsprache gewollt, Mitentscheidung nicht. Aus gutem Grund. Die gewählten Ratsmitglieder müssen das Gesamtinteresse der Stadt im Blick haben und unter Abwägung der Interessen Betroffener zum Wohle der ganzen Stadt wirken.
Autor:
W. Hinrichs


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