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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Caritas-Gründung gegen das Leid des Krieges
Zwischenüberschrift:
Mai 1916: Saatkrähen als Festschmaus, Haller Willem überlastet, rauchende Schüler bestraft
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Der Erste Weltkrieg wütet seit fast zwei Jahren und mutet auch der Zivil bevölkerung viele Einschränkungen zu. Dem Verbot von Tanzveranstaltungen fällt auch das traditionelle Maisingen am Lyrastein zum Opfer. Eine Wanderung durch die erwachende Natur ist allerdings nicht verboten.
Osnabrück. Der Redakteur des Osnabrücker Tageblatts″ wird lyrisch: Wie ein Ruck geht es durch unsere Seele. Die goldenen Tage des Wanderns unter frisch auf gebrochenen Buchenkronen sind gekommen. Alle erfaßt jetzt die Wanderlust. Hinaus geht′s durch Felder und Fluren, hinein in den neu erwachten deutschen Maienwald. Möge dieser Kriegsfrühling zum Segen für unser liebes Vaterland ausschlagen!
Die Zahl der Ausflügler am 1. Mai geht in die Tausende. Nicht zuletzt ist es die herr liche Kirschenblüte des freundlichen Dorfes Hagen″, die große Anziehungskraft ausübt. Die Brackweder Bahn vermag wie üblich″ die Menschenmengen kaum zu befördern. 20 und mehr Personen werden in den Abteilen zusammengepresst. Der Zeitungsredakteur äußert Unverständnis, dass die Bahnverwaltung an Sonn- und Feiertagen nicht wenigstens ein Sonderzugpaar einsetzt.
Am 23. Mai wird eine Frau in Wellingholzhausen vom Blitz erschlagen. Frau Kleine-König aus Schlochtern, deren Mann im Felde steht″, geht mit einem zwölfjährigen Mädchen auf einem Feldweg, als das Gewitter sie überrascht. Ein Blitzstrahl fuhr hernieder″ und tötet die Frau auf der Stelle, während das Kind nur betäubt wird.
Die angespannte Versorgungslage bringt immer wieder Tipps für Ernährungs alternativen hervor. Das Er legen von Saatkrähen ist erwünscht, damit sie die Saaten in Ruhe lassen. Zusätzlich werden sie auch als Fleischnahrung propagiert. Dazu soll man das Federkleid einschließlich der Haut komplett abziehen. Dann stelle sich ein Geschmack ähnlich wie Taubenbraten ein, während die Vögel bei Zubereitung mit der Haut wegen der Fettdrüsen einen etwas abstoßenden Geschmack″ entwickelten. Zu empfehlen sei, nur Brust und Schenkel zu verwerten. Der Marktpreis liegt bei 40 bis 50 Pfennig pro Vogel.
Zuckersparen ist angesagt. In Hausfrauenkreisen sei noch immer die irrige Meinung verbreitet, dass zum Einmachen von Obst unbedingt Zucker vonnöten sei. Dem ist aber nicht so, denn in vielen Gegenden unseres Vaterlandes ist es überhaupt nicht üblich, Obst mit Zucker einzukochen. Die Haltbarkeit leidet darunter keineswegs″, schreibt das Tageblatt″. Rhabarber zum Beispiel schneidet man in Würfel und gibt ihn ohne Zucker oder sonstige Zutaten einfach in abgekochtes Wasser in gut verkorkte Flaschen. Beim Gebrauch kocht man ihn mit einer Prise Natron auf und setzt dann Zucker nach Geschmack hinzu. Hierdurch wird beinahe die Hälfte des kostbar gewordenen Produkts gespart.
Eine Warnung an alle Hühnerhalter: Hühnerdiebe gehen um. Sie haben im Wüstenviertel an mehreren Stellen die Ställe aufgebrochen und Hühner gestohlen.
Der Osnabrücker Hausfrauenbund und die Landfrauen treffen sich in Hasbergen, um den Hausfrauenverein für Hasbergen und Umgegend″ ins Leben zu rufen. Mehr als 100 Frauen aus Stadt und Land besichtigen die Geflügelzuchtanstalt des Hofbesitzers Gösmann und den Hof Meyer zu Strohen. Die Hofbesitzer vermitteln insbesondere den Frauen aus der Stadt ein Bild von der ernsten Arbeit und der Tüchtigkeit unserer Landwirtschaft″. Die eigentliche Versammlung ist beim Gastwirt Wulf. Hoflieferant Petersilie hält einen Vortrag über die Bedeutung der Geflügelzucht für die Volksernährung. Allen Rednern ist sehr an einem Zusammengehen von Stadt und Land gelegen. Sie fordern bessere Fachkenntnisse bei den Landfrauen und größeres Verständnis und größere Wertschätzung bei den Stadtfrauen, damit sie als gemeinsame Mitkämpfer hinter der Front″ aus Stadt und Land sich die Hand reichen. Im neu gegründeten Hausfrauenverein nimmt Frau Ökonomierat Hüggelmeyer vom Hüggelhof den Vorsitz. In den Vorstand gewählt werden weiterhin Frau Peistrup (Hörne), Frau Meyer zu Strohen, Frau Pleister (Hasbergen) und Frau Kleine Nordhaus (Hörne).
Verstöße gegen den Jugendschutz-Erlass des Generalkommandos werden streng bestraft. Fortbildungsschüler, die geraucht haben, erhalten je 15 Mark, junge Leute von auswärts, die ein Kaffeehaus besucht haben, je 30 Mark und der Wirt, welcher sie geduldet hat, 100 Mark Geldstrafe auferlegt. Berufung gibt es nicht.
Am 23. und 24. Mai tagt die deutsche Caritas in der Stadthalle am Kollegienwall. Bischof Berning ruft zur Gründung eines Caritasverbandes für die Diözese Osnabrück und die norddeutschen Missionen mit diesen Worten auf: Kriegszeit ist Leidenszeit! Wohl noch nie, solange die Welt steht, sind so viel Tränen getrocknet, noch jemals haben so viel Witwen und Waisen, Verwundete und Krüppel zum Himmel geklagt, als jetzt. In der Zeit des Völkerhasses feiert die christliche Nächstenliebe ihre herrlichsten, schönsten Triumphe. Die Liebe folgt den blutigen Spuren des Krieges. [. . .] Gibt es wohl auch für uns eine herrlichere Aufgabe in dieser schrecklichen Zeit als die Mission des heiligen Mitleids? Regierungspräsident Bötticher bekundet das lebhafte Interesse der Königlichen Regierung an der Tagung. Im Dienste der notleidenden Brüder müssten alle Konfessionen einmütig zusammenstehen. Oberbürgermeister Dr. Rißmüller begrüßt im Namen der Stadt die Versammlung, die sich, während draußen die Waffen klirren″, zu Werken der Liebe und christlichen Barmherzigkeit zusammengefunden habe. Bereits hätten Staat und Gemeinde reiche Kräfte und Mittel in den Dienst der Sache gestellt, aber hier reiche die behördliche Arbeit nicht aus. Domkapitular Regens Lohmeyer soll an der Spitze des neu gegründeten Diözesanverbandes stehen.

Bildtext:

Der Mai ist auch im Kriegsjahr 1916 gekommen. Allerdings blickt der Alte vor dem Lyrastein recht sorgenvoll in die Zukunft. Die Ansichtskarte des Verlags Joh. Eberhard, Osnabrück, entstammt der Sammlung Helmut Riecken.
Autor:
Joachim Dierks


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