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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Zu Unrecht verurteilt?
Zwischenüberschrift:
Leserbriefe
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Zum Artikel Zu viel Nitrat im Grundwasser″ und dem Kommentar Skandalös″ von Jean-Charles Fays (Ausgabe vom 3. Mai).

Die Landwirte werden zu Unrecht pauschal verurteilt. Das Foto ist schon typisch und vielsagend. Der hohe Düngemitteleinsatz der Landwirte steht am Pranger. Ist das wirklich korrekt? Sind die Nitratwerte nur dort hoch, wo Landwirte mit hohen Tierzahlen wirtschaften? Oder auch in den Regionen, wo extensiv gewirtschaftet wird? Da sollte man genauer hinschauen und dann auf uns selbst.

Wie war es noch vor nicht allzu langer Zeit? Die Industrie produzierte Abwasser. Da bewegten sich jeden Tag 200000 Osnabrücker oder Bramscher zur Toilette, und was sie dort abgeliefert haben, landete direkt in der Hase. Bei Überschwemmungen auf den Hasewiesen zwischen Osnabrück und Bramsche beziehungsweise unterhalb. Jetzt gehen die Reste besonders der Medikamente –, da sie in den Kläranlagen nicht herausgefiltert werden, in den Alfsee. In den Sechzigerjahren kamen Kläranlagen, der flüssige Teil geht seitdem mit immer besseren Werten, aber mit erheblichen Nährstoffanteilen einschließlich Medikamenten weiter in die Hase. Der Klärschlamm landete früher auf dem Acker der Bauern oder auf Deponien. Teils mit verheerender Wirkung. Die Kupferbelastungen sind bis heute vorhanden. Mittlerweile haben die Bauern eingesehen, dass sie dort vor einen falschen Karren gespannt worden sind, und der Klärschlamm wird anderweitig entsorgt. In Achmer gibt es noch eine alte Deponie, was ist, wenn die untersucht würde? [...] Beispiel Alfsee oder Dümmer. Tausende Wasservögel sind am Tag unterwegs und fressen sich auf den Flächen der Bauern den Bauch voll. Abends landen sie auf dem Alfsee und laden in der Nacht die von der Verdauung übrig gebliebenen Reste (Gülle) ab. Am Dümmer ist es noch extremer. Die dort landenden mehreren Tausend Kraniche verunreinigen die Flächen dermaßen, dass man sich nur mit langen Gummistiefeln langsam bewegen kann. Bei einem Gewitter landet der Kot binnen weniger Stunden über die Hunte direkt im Dümmer. Wen wundert es da, dass der überdüngt ist, ein gewaltiges Grünwachstum entwickelt und durch die absterbenden Pflanzen verschlammt? Die Belastung stammt übrigens nur aus dem Bereich östlich der Hunte. Alles, was auf der Westseite (Damme) auf die Flächen kommt, wird über den Randgraben an der Westseite um den Dümmer herumgeleitet und landet erst unterhalb des Dümmers in der Hunte.

Die Berichterstattung sollte ein wenig fundierter und ausgewogener sein. Man sollte immer bedenken, dass von dem Dünger, den der Bauer ausbringt, der weitaus größte Teil über die Ernte wieder entnommen wird. Das ist nicht vergleichbar mit den Mengen, die von Kranichen oder Wildgänsen hinterlassen werden.

Die größten Mengen an Nitrat sind seit 1950 durch den Grünlandumbruch mobilisiert worden. Die Wasserwerke sollten die Werte kennen. Wie waren die Nitratwerte, als die Werke gebaut wurden, und wie hoch waren sie sieben Jahre später, als das Grünland verschwunden war? Darüber wird leider nichts berichtet.″

Hermann Bischof

Bramsche

Seit Jahren greift die NOZ in schöner Regelmäßigkeit das Problem der Überdüngung auf und berichtet darüber, in diesem Jahr am 14. Januar (, Noch keine Trendwende bei Gülle′), am 15. Februar (, Bauern düngen Wattenmeer mit′) und jetzt am 3. Mai wieder. Doch es ändert sich nicht wirklich etwas! Grundwasser, Oberflächengewässer des Binnenlandes sowie Nord- und Ostsee werden permanent mit überflüssigen Nährstoffen belastet, Ammoniak gelangt über die Luft in alle möglichen Lebensräume, was vor allem besonders sensible Ökosysteme wie Hochmoore schädigt, aber auch auf die , Normallandschaft′ einen negativen Einfluss hat: Die Biologische Vielfalt Deutschlands schwindet mehr und mehr, was sich besonders drastisch am Artenbestand der Agrarlandschaft zeigt.

Viele Politiker und Verbandsvertreter der Landwirtschaft spielen diese Problematik zwar immer wieder herunter, aber das Stockholmer Resilience Center hat schon vor etlichen Jahren dargelegt, dass die planetarischen Grenzen beim Verlust der Biologischen Vielfalt viel eher erreicht sein werden als beim Klimawandel.

Unser Land ist zwar durch die EU-Regelwerke zu NATURA 2000 und durch seine Unterschrift unter das Biodiversitätsabkommen zum Erhalt der Biologischen Vielfalt verpflichtet, knickt aber vor der Agrarwirtschaft mit der dahinterstehenden Industrie immer wieder ein. Wie lange soll das noch so weitergehen?

Prof. Dr. Herbert Zucchi

Osnabrück

Als , skandalös′ bezeichnet Jean-Charles Fays in seinem Kommentar die Situation des Grundwassers im Landkreis. Er belegt es eindrucksvoll im Artikel und Kommentar. Die Übernutzung der Ressource Wasser besteht schon seit vielen Jahren. Die Gülle, die auf den Feldern vergossen wird, transportiert über die gelösten Salze einen hohen Anteil an Nitraten. In diesen Mengen kann es von den Pflanzen auf den Feldern nicht aufgenommen werden. Deshalb gelangen die Nitrate in das Grundwasser.

Der Grenzwert der Europäischen Union, 50 Milligramm Nitrate pro Liter, wird nach Auffassung des Leiters der Wasserbehörde im Landkreis, Detlef Wilcke, im größten Teil des Landkreises überschritten. Wichtig ist allerdings wahrzunehmen, dass selbst dieser Grenzwert spätestens seit 2010 als viel zu hoch angesehen wird, wenn gesundheitliche Folgen wie zum Beispiel Blutprobleme und Nierenschäden nicht begünstigt werden sollen.

Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) hat gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Wasserversorger im Einzugsgebiet der Elbe (AWE), der Arbeitsgemeinschaft Trinkwasser der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR) und der Arbeitsmeinschaft Trinkwassersperren e.V. (ATT) 2010 ein Memorandum herausgegeben, in dem der Zielwert für die Beschaffenheit von Fließgewässer von 25 mg/ l als Grenzwert angegeben wird.

Dies drückt die Brisanz des Themas Nitrate im Grundwasser aus. Gebraucht wird ein konsequenter Gewässerschutz, für den der Gesetzgeber und die zuständigen Behörden wesentliche Verantwortlichkeiten und Aufgaben übernehmen müssen.

Es kann doch wohl nicht dabei bleiben, dass der Sprecher des Landkreises, Burkhard Riepenhoff, es bei der Feststellung belässt, eine systematische Kontrolle der Gülleausbringung sehe die Wasserschutzverordnung nicht vor, um Umweltsünder in der Landwirtschaft nicht zu sanktionieren.

Es gibt allerdings auch einen grundsätzlichen Strickfehler in der Landwirtschaft, besonders in Niedersachsen. Die Massentierhaltung in dem Ausmaß wie im Osnabrücker Land, aber auch im Oldenburger Land [...] belastet zu stark die Wasserressourcen.

Der Dümmersee ist ein Ausdruck dieses Problems, wenn er in der heißen Jahreszeit im Sommer davon bedroht ist, wegen Sauerstoffmangels umzukippen. Wir sind mit dem hohen Nitratgehalt in Gewässern und Grundwasserressourcen erst bei der Spitze der Problematik hinsichtlich Wasser angekommen. [...]″

Klaus Müller-Reimann

Osnabrück
Bildtext:
Notwendig, ein Übel oder ein notwendiges Übel? An der Gülle-Ausbringung und deren Folgen für das Grundwasser scheiden sich die Geister.
Foto:
Michael Gründel
Autor:
Hermann Bischof, Prof. Dr. Herbert Zucchi, Klaus Müller-Reimann


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