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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Inhalt:
Überschrift:
„Ich hatte Angst , war machtlos″
 
Unesco Schulen über Atomunglück
 
Verstrahlt beim Arzt?
 
Leerer Schulhof nach Tschernobyl
 
Ein Paradies in Emden
Zwischenüberschrift:
Japanerinnen über Fukushima
 
Warum Röntgenstrahlen nicht schaden
 
Katastrophe veränderte das Schulleben
 
Weißrussische Fünftklässler besuchen zur Erholung Deutschland
Artikel:
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Originaltext:
Distanz schafft Vergessenheit, ob es die Jahre sind, die vergehen, oder die räumliche Entfernung, die dazwischenliegt: Doch für zwei Japanerinnen, die zurzeit an der Uni Osnabrück studieren, ist der Tag des Reaktorunglücks noch sehr präsent.
Osnabrück. Ich hatte Angst″, erinnert sich Yumeno an die Tage nach dem Reaktorunglück in Fukushima. Auch ihre Freundin Ayami kann sich noch genau an diese Tage im März 2011 erinnern, als die Erde bebte. Sie und ihre Familie hatten Glück im Unglück: Das Haus ihrer Eltern ist von dem schweren Erdbeben nur leicht beschädigt worden das Atomkraftwerk in Fukushima relativ weit weg. Die Strahlung hat für sie keine akuten gesundheitlichen Folgen gehabt. Trotzdem fragt auch sie sich natürlich, ob sich nach 20 bis 30 Jahren auch bei ihr Folgen der Strahlenbelastung zeigen werden.
Hinzu kam damals das bedrückende Gefühl der Machtlosigkeit. Wir hätten gerne den Menschen im Zentrum des Erdbebengebiets geholfen″, sagt Ayami. Doch die nicht vorhandene Schutzkleidung und die eingebrochene Infrastruktur machte das unmöglich. Auch heute leiden noch Tausende Japaner unter dem Super-GAU.
Doch während hier Demonstranten laut Atomkraft? Nein danke! schreien, werde in Japan eher leise demonstriert. Denn viele seien von den Atomkraftwerken abhängig: So arbeiten alleine in Yumenos Heimat Hamaoka 70 bis 80 Prozent der Bewohner in der Atomenergie-Branche.
Atomausstieg: schwierig
Das macht den Atomausstieg schwierig. Nur in großen Städten, wie etwa Tokio, gibt es Demonstrationen gegen Atomkraft. Zudem sprechen sich Schauspieler, Regisseure und Sänger gegen diese Form der Energiegewinnung aus. Es gibt auch Kurse an den Universitäten, die verhindern, dass Fukushima und die Menschen in Vergessenheit geraten″, sagt Yumeno. Die meisten Japaner sähen Atomkraft inzwischen kritisch.
Die Regierung unter Abe jedoch reflektiert diese Meinung nicht. Aber die Angst bleibt: Kein Gebit in Japan ist wirklich vor einer weiteren Katastrophe dieses Ausmaßes sicher″, ist Ayami überzeugt. Umso größer ist das Unverständnis der beiden Austauschstudentinnen für die Aktivierung weiterer Atomkraftwerke. Sie glauben, dass auch die Politiker zu weit von den Menschen entfernt sind, um die Gefahr zu sehen. Denn am Ende seien es die einfachen Bürger, die den meisten Schaden davontragen: Über Zehntausend mussten ihre Häuser und damit verbundene Erinnerungen von einem auf den anderen Tag zurücklassen. Für Ayami eine schreckliche Vorstellung, die so nah am Unglücksort wohnt, eine schreckliche Vorstellung. Neben den persönlichen Schicksalsschlägen hat die Katastrophe weitere Auswirkungen: Produkte made in Fukushima″ bleiben in den Regalen der Supermärkte liegen, und auch die historisch schöne Stadt O-uchi Jyuku, 105 Kilometer entfernt vom Unglücksort, lockt immer w eniger Besucher an und das, obwohl der Ort als sicher gilt. Dies sind nur einige Folgen der Katastrophe. In der Schule hatte Ayami von Tschernobyl erfahren. Heute ist sie selbst betroffen. Sie hätte das gerne vermieden. Nach zwei Reaktorkatastrophen fragt man sich, was den Ausstieg so schwierig macht ?
Bildtext:
Nur wenige demonstrieren in Japan offen, wie diese junge Frau auf dem Bild. Zu viel hängt momentan in Japan von der Atomenergie ab.
Foto:
dpa

Osnabrück. 30 Jahre ist die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl nun her und auch Fukushima″ hat in diesem Jahr sein trauriges Jubiläum. Die UNESCO-Schulen Niedersachsens haben das zum Anlass genommen, sich genauer mit dem Thema Atomenergie zu befassen. Dabei gab es neben einigen Ausrufezeichen vor allem Fragezeichen: Wie leben Japaner mit dem Unglück? Was können wir im Gefahrenfall tun? Wie erlebten die Schüler vor 30 Jahren die Katastrophe? Wie kann den Menschen vor Ort geholfen werden? Hier einige Kostproben der Arbeit.

Osnabrück. Das Unglück in Tschernobyl hat gezeigt, dass Strahlung Schaden im Körper anrichtet. Menschen starben an den Folgen von radioaktiver Belastung. Heutzutage wird in Krankenhäusern jedoch täglich mit radioaktiver Strahlung gearbeitet. Ist das gefährlich?
Lutz Blümel, Radiologe im Marienhospital Osnabrück, erklärt: Es gibt einen Unterschied zwischen der Strahlung, die in Tschernobyl freigesetzt wurde, und der, die in der Nuklearmedizin eingesetzt wird: die Halbwertszeit dieser Strahlung.″
Der Name Halbwertszeit″ lässt es schon erahnen: Gemeint ist damit die Zeit, die benötigt wird, um die Hälfte der radioaktiven Strahlung abzubauen. Die Halbwertszeiten in der Nuklearmedizin betragen meistens nur wenige Minuten bis Stunden, und beim Röntgen, zum Beispiel der Lunge, kommen nur für etwa vier Millisekunden Röntgenstrahlen zum Einsatz. Außerdem sind Menschen ohnehin täglich der natürlichen Strahlung ausgesetzt″, so der Mediziner. Die Strahlenbelastung, die beim Röntgen und in der Nuklearmedizin auftrete, liege nur unwesentlich darüber, zumindest wenn man den jährlichen Durchschnitt berechne. Der Körper kann mit dieser Strahlendosis meist umgehen, denn er besitzt Reparaturmechanismen. Trotzdem müsse man natürlich aufpassen. Der Radiologe wägt ab, bevor er seine Patienten röntgt. Der Nutzen, der aus der Untersuchungsmethode resultiert, ist sehr hoch. Nur wenn dieser Nutzen das Risiko deutlich übersteigt, greift die Medizin auf solche Methoden zurück.″

Oldenburg. Unsicherheit und Ratlosigkeit in den Monaten nach der Katastrophe haben sich tief in die Köpfe der Menschen eingeprägt. Auch in Schulen war in dieser Zeit einiges anders als sonst.
Es wurden einige Sicherheitsmaßnahmen getroffen″, erzählt Elisabeth Blaser, Englischlehrerin an der Cäcilienschule Oldenburg, aber wir hatten hauptsächlich private Sorgen.″ Sie erinnert sich daran, dass die Schüler während der Pausen bis zu den Sommerferien nicht mehr auf den Schulhof durften, außerdem wurde kurzzeitig der Sportunterricht im Freien ausgesetzt. Um nicht in den womöglich verstrahlten Regen zu geraten, warteten viele Schüler nach der Schule noch, bis das Wetter wieder besser wurde. Da war immer die Frage: Woher kommt der Wind?′″, erinnert sich Ursel Brüning, Deutsch-, Theater- und Russischlehrerin.
Im Unterricht besprochen wurde das Thema vor allem von den Physiklehrern. Es sollte sich keine sinnlose Panik unter Schülern verbreiten. Allerdings waren auch die Lehrer selbst besorgt.
Michael Kohn, Deutsch- und Englischlehrer an der Cäcilienschule weiß noch, dass auch im Lehrerzimmer dem Kollegium von Biologie- und Chemielehrern zu verschiedenen Lebensmitteln wie H-Milch geraten und wiederum von anderen Lebensmitteln abgeraten wurde. Das Thema war also den ganzen Tag über präsent, und dass nicht nur beim Essen.
Ein Ereignis, das besonders in Erinnerung blieb, war die Messung der Radioaktivität des Staubs, der Luft und des Regens an den Fenstern der Cäcilienschule mit einem Geigerzähler durch einen damaligen Physiklehrer, Wolfang Reinfeld.
Aus dieser Atmosphäre der Angst ist schließlich auch etwas Positives erwachsen: Nicht nur, wie sich Ursel Brüning erinnert, wurde das Thema fortan unter Lehrern und Schülern differenzierter gesehen es hat sich an der Cäcilienschule Oldenburg seitdem auch eine sehr aktive Umweltgruppe gebildet die Energie AG.
Bildtext:
Nach der Katastrophe durften die Schüler bis zu den Sommerferien nicht mehr auf den Schulhof.
Foto:
Ines Tellechea

Emden. Karla Visser breitet ein buntes Erinnerungsalbum vor sich aus. Das haben mir Kinder von der Schule in Dory geschenkt″, sagt sie. Dory, das ist ein kleiner Ort, südöstlich von Tschernobyl. Jahrelang war er Ziel einer Hilfsaktion von Emdern. Dabei sollte besonders Kindern geholfen werden, denn für sie ist radioaktive Strahlung besonders schädlich. Mit bei den Helfern ist auch Karla Visser und ihr Mann Werner.
Die Kinder aus Weißrussland waren genauso unbekümmert wie ihre deutschen Freunde″, erinnert sich Karla Visser an die erste Begegnung zwischen deutschen und weißrussischen Kindern. Doch beim gemeinsamen Kicken und Toben habe man schnell gemerkt, dass die Kinder aus dem verstrahlten Gebiet früh müde und erschöpft waren: Folgen der Reaktorkatastrophe.
Der Urlaub in Ostfriesland, die jodhaltige Luft und die gute Ernährung ermöglichte den Fünftklässlern aus Weißrussland nachweisbar eine Erholung″, erzählt Karla Visser. Die kleinen Gäste freuten sich über die vielen neuen Erfahrungen und schafften es trotz der Sprachbarriere immer wieder, ihre Begeisterung mit Händen und Füßen auszudrücken.
Der Euphorie über den ersten geglückten Austausch wurde jedoch ein kleiner Dämpfer versetzt: Irgendwann stellte sich heraus, dass nur den guten Schülern als Belohnung die Erholungsfahrt nach Ostfriesland ermöglicht wurde.
Das stieß bei Karla Visser und ihren Helfern auf Widerwillen: Wir wollten die ganze fünfte Klasse komplett″, ist sie noch heute aufgebracht, und so kam es dann auch. Bis 2006 besuchten mehr als 166 Kinder und zehn Lehrer Emden. Und elf Jahre lang hieß es auch für das Ehepaar Visser: Die Kinder aus Tschernobyl kommen.″
Alljährlich wurden in den ersten zwei Wochen der Freizeiten die Kinder von Gastfamilien mit offenen Armen empfangen, die schon bald zu ihren deutschen Omas und Opas″ und Mamas und Papas″ wurden. Zusammen erkundeten sie Emden und lernten unter anderem schwimmen, bevor die Fahrt nach einigen Jahren noch um einen zweiwöchigen Aufenthalt auf Borkum erweitert wurde: Dort badeten die Gäste nach Herzenslust, tobten am Strand und bauten Türme aus Sand. Jede freie Minute verbrachten wir an der frischen Luft″, erinnert sich Karla Visser. Obwohl der letzte Austausch Jahre zurückliegt, denkt sie gerne an die Zeit zurück.
Beim Durchblättern des Erinnerungsalbums fallen ihr viele kleine Geschichten ein, wobei ihr ein Augenblick ganz besonders in Erinnerung geblieben ist: Als ein kleiner Junge aus Weißrussland das erste Mal den Gipfel einer Düne erreichte, erblickte er den weiten Strand von Borkum mit den zahlreichen bunten Strandkörben und den vielen Möwen, die über das offene Meer glitten. Er atmete die frische Luft, die der kräftige Wind ihm ins Gesicht wehte, und jubelte: Das ist das Paradies!
Bildtext:
Weißrussische Kinder besuchen Emden.
Foto:
Karla Visser

Was tun im Ernstfall

In den Niederlanden, nahe dem Lingener Atomkraftwerk, wurden nun Jod-Tabletten an Jugendliche verteilt. Die Unesco Schul-Reporterinnen Carlotta Klausing und Laura Comes von der Gesamtschule Schinkel fragten den Mediziner Professor Böcking warum.
Sollten wir nicht alle Jod-Tabletten im Haus haben, nun, da niederländische Jugendliche diese bekommen haben?
Unbedingt. Jeder Haushalt in Deutschland, aber auch jeder Kindergarten und jede Schule sollte sie vorrätig haben.
Warum? Ist die Gefahr so akut?
Nein. Es handelt sich um eine Vorsorgemaßnahme. Die menschliche Schilddrüse ist darauf spezialisiert, Jod aus dem Blutkreislauf herauszufischen. Das Problem: Bei einer Reaktorkatastrophe wird radioaktives Jod freigesetzt. Wenn dieses schließlich von der Schilddrüse aufgenommen wird, hat das drastische Folgen. In Ländern wie Weißrussland, die keine Jod-Profilaxe gemacht haben, ist die Schilddrüsenkrebsrate nach Tschernobyl bei Kindern und Jugendlichen um das 100-Fache angestiegen. In Polen, wo man Jod-Tabletten genommen hatte: null.
Warum reicht es nicht, die Tabletten zu verteilen, wenn die Katastrophe eingetreten ist?
Die Tabletten müssen genau drei Stunden eingenommen werden, bevor die Wolke kommt. Wenn Sie sie danach einnehmen, nimmt die Wirkung schnell ab. Das Stichwort heißt Vorverteilung. Alles andere kommt zu spät. Denn nur mit dieser Vorlaufzeit kann die Schilddrüse so viel Jod aufnehmen, dass sie kein radiaktives Jod aufnimmt.
In Deutschland verteilt der Staat momentan noch keine Jod-Tabletten. Könnten wir trotzdem welche bekommen?
Die Tabletten sind in jeder Apotheke rezeptfrei erhältlich. Sie haben kein Verfallsdatum.
Autor:
Louisa Vetterick, apa, Vicky Stöckel, Aylin Cinibulak, Jonas Lüttke, Alexandra Wolff, Sonka Daniel, Hilke Spannhoff


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