User Online: 3 | Timeout: 13:09Uhr ⟳ | Ihre Anmerkungen | NUSO-Archiv | Info | Auswahl | Ende | AAA  Mobil →
NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Datensätze des Ergebnis
Suche: Auswahl zeigen
Treffer:1
Sortierungen:
Anfang der Liste Ende der Liste
1. 
(Korrektur)Anmerkung zu einem Zeitungsartikel per email Dieses Objekt in Ihre Merkliste aufnehmen (Cookies erlauben!)
Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Ran an den Speck
Zwischenüberschrift:
April 1916: Verbilligte Lebensmittel, erste Schiffsankunft im Stadthafen, Ehrenbegräbnis für russischen General
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Im 21. Kriegsmonat ist noch lange kein Ende der Kampfhandlungen abzusehen. An der Heimatfront″ gibt sich die Stadt alle Mühe, knappe Nahrungsmittel gerecht und zu erschwinglichen Preisen zu verteilen.
Osnabrück. Eine Maßnahme ist der Speckverkauf direkt ab Schlachthof. Jeder Bürger kann bis zu vier Pfund geräucherten fetten oder mageren oder gesalzenen Speck kaufen, vorausgesetzt, sein Jahreseinkommen beträgt nicht mehr als 3000 Mark. Die Abgabe erfolgt donnerstags von 9 bis 12 Uhr für Bewohner des 1. Stadtviertels und von 15 bis 18 Uhr für das 2. Stadtviertel und Schinkel. Um die Abgabe zu beschleunigen, müssen alle Käufer vorher an der Zahlbude des Viehmarkts eine Speck-Karte erwerben. Der Verkauf wird sehr gut angenommen, berichtet das Osnabrücker Tageblatt″. An einem Nachmittag wurden über 1100 Personen bedient. Das Verkaufspersonal sei ununterbrochen am Zerschneiden, Verwiegen und Abrechnen gewesen. Als um 6 Uhr immer noch eine lange Schlange anstand, sei die Öffnungszeit ganz unbürokratisch um eine halbe Stunde verlängert worden. An die zwölf Zentner Speck wurden verkauft.
Das Amtsgericht hat immer häufiger mit Fällen zu tun, wo kostbares Brotgetreide verbotenerweise an Tiere verfüttert wurde. Ein Landwirt aus dem Kreise Melle hat seinen Schweinen Roggenschrot gegeben. Er sei in einer Notlage gewesen, da er anderes Futter nicht gehabt habe. Urteil: 200 Mark Geldstrafe.
Die Regierung plant indessen die Verwendung von Heidemehl zu Futterzwecken. Das durch Darren, Drusch und Vermahlung gewonnene Heidemehl eignet sich weniger als Schweinefutter, mehr für Rinder und Schafe. Das Kriegsministerium erklärt sich bereit, den Landwirten Kriegsgefangene für Ernte und Verarbeitung zu stellen. Die Maßnahme ist aber umstritten, weil Fachleute sagen, der Proteingehalt sei gleich null, das Heidemehl besitze keinen Nährwert und könne höchstens als Füllmittel für den Magen dienen.
Ein wichtiger Tag, der es wert ist, in den Annalen der Stadt vermerkt zu werden, ist mit Rücksicht auf die Zeitlage in aller Stille vergangen, schreibt das Tageblatt″: Das erste Kanalschiff ist am Montag, 3. April, 12 Uhr mittags, von Bremen über Minden kommend, im neuen Stadthafen eingelaufen, wo die Ladung mit dem fahrbaren Portal-Drehkran gelöscht wurde. Zum ersten Male hat damit die Schiffahrt ihren Einzug in die ehrwürdige ehemalige Hansestadt Osnabrück gehalten, und die städtische Hafenanlage ist zum ersten Male ihrem eigentlichen Zwecke entsprechend in Benutzung genommen worden. So ist denn der Anfang gemacht in der Ausnutzung eines Verkehrsmittels, das für Handel, Industrie und Gewerbe unserer Stadt von einschneidender Bedeutung werden soll″, vermerkt die Zeitung.
Der Kahn habe eine Tragfähigkeit von 620 Tonnen, das entspreche einem Güterzug mit 62 Waggons. Man gewinnt damit ein Bild von den gewaltigen Gütermengen, die nur ein einzelner Schleppkahn zu transportieren vermag.″ Auch die Ankunft des zweiten Schiffes am 7. April ist noch eine Meldung wert: In unserem Stadt hafen ist gestern das zweite Schiff eingetroffen. Der Schleppkahn Bremen 55, Schiffer Hartmann, Eigentümer Bremer Schiffahrtsgesellschaft, 451 Tonnen Ladefähigkeit, wurde durch den fiskalischen Schleppdampfer eingebracht. Er hat dann um 5 Uhr nachmittags den am Montag eingetroffenen ersten Schleppkahn, dessen Ladung inzwischen gelöscht ist, wieder aus dem Hafen herausgebracht.″
Am 10. April wird ein in Kriegsgefangenschaft in Osnabrück verstorbener russischer General er litt an Zuckerkrankheit unter dem von der russischen Kirche vorgeschriebenen Zeremoniell″ beigesetzt. Die Überführung vom Garnisonlazarett an der Hakenstraße nach dem Ehrenfriedhof vor dem Johannistor erfolgt unter großen militärischen Ehren.
Ein russisch-orthodoxer Pope, der eigens aus dem Kriegsgefangenenlager Soltau herübergekommen ist, leitet die eindreiviertel Stunden währende Trauerfeier auf dem Ehrenfriedhof, wo der Sarg in eine gemauerte Gruft hinabgesenkt wird. Eine Kompagnie unserer 78er feuerte drei Ehrensalven über das Grab. Wenn die Zeremonien demnächst in in- und ausländischen illustrierten Zeitschriften zu sehen sein werden, wird uns das nicht zum Nachteil gereichen. Unsere Militärbehörde hätte auch einem deutschen General kaum größere Ehren bezeigen können, wie sie solche dem feindlichen Offizier im Tode erwies. Ebenso muss die Haltung des nach Tausenden zählenden Publikums, das zu beiden Seiten der Straße Spalier bildete, in jeder Hinsicht als würdig und mustergültig bezeichnet werden″, schreibt das Tageblatt″.
Die zeitlichen Schwankungen des Osterfestes sind wiederholt Gegenstand öffentlicher Erörterungen. Aber trotz eifrigster Bemühungen astronomischer und anderer wissenschaftlicher Kreise ist es bisher nicht gelungen, dem Osterfest einen vom Mondlauf unabhängigen festen Zeitpunkt, der auf den ersten Aprilsonntag fallen sollte, zu geben″, lesen wir im Tageblatt″. 1913 fiel der Ostersonntag auf den 23. März, also sehr früh, 1916 auf den 23. April, also sehr spät. Die äußersten Grenzen, zwischen denen das Osterfest hin und her schwankt, sind der 22. März und der 25. April, mithin fast fünf Wochen. So geht es natürlich auch mit den anderen beweglichen Festen wie Pfingsten oder Christi Himmelfahrt. Ostern aber ist die Schwankung besonders störend wegen des Schuljahreswechsels, der Lehrlingseinstellung und dem allgemeinen Umzugstermin″, klagt das Tageblatt″.
Sonniges Frühlingswetter hat die junge Vegetation einen ordentlichen Schuss vorwärts gebracht. An den Kastanienbäumen haben schon die Blätterbüschel teilweise ihre Hülle gesprengt. Auf den Straßen vor der Stadt wurden gestern von Knaben bereits die ersten Maikräuter angeboten und die Damenwelt hat schon vielfach die Sommerkleidung hervorgeholt″, schreibt die Zeitung. Und weiter: Leider machte sich aber auch gleich wieder die alte Unsitte bemerkbar, dass ganze Büschel von Zweigen mit Kätzchen usw. zu den Toren hereingeschleppt wurden. Besonders sind es die Damen, die nun einmal von dieser Versündigung an der Natur nicht ablassen zu können scheinen, trotz aller Bitten und Verbote, die ergangen sind.″
Autor:
Joachim Dierks


Anfang der Liste Ende der Liste