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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Aus dem Leben eines Hundertjährigen
Zwischenüberschrift:
Der Hafen hat in seiner langen Geschichte nicht nur gewöhnliche Frachtschiffe gesehen
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Am 3. April 1916 landete der Schleppkahn " Minden 52" 475 Tonnen Hafer und Mais für das Heeresproviantdepot an. Dieser Tag gilt als offizieller Eröffnungstermin für den Osnabrücker Hafen. In seiner hundertjährigen Geschichte hat dieser viel erlebt. Auch ungewöhnliche Schiffsankünfte.
Osnabrück. Um 1930 hatten drei holländische Plattbodenschiffe an der Abschlussmauer festgemacht. Ob der Fotograf Rudolf Lichtenberg den Betrachtern das Rätsel aufgeben wollte, wie die Schiffe mit ihren hohen Masten unter den Kanalbrücken hergekommen sind?
Die Kundigen werden natürlich sofort gewusst haben, dass sich bei diesen Flachbodenschiffen auch als " Tjalk" bekannt die Masten legen lassen. Die Schiffe waren hauptsächlich für Zuidersee und Wattenmeer konstruiert, dafür brauchten sie Masten und Segel. Und die großen Seitenschwerter, die zur Stabilisierung bei fehlendem Kiel nötig waren. Auf unserem Foto schaut eines der gerundeten Holzschwerter knapp über die Ladeluke hinweg. Aber zu ihrem Fahrtrevier gehörten auch Binnenwasserstraßen mit niedrigen Brücken, die sich nicht alle öffnen ließen. Deshalb mussten Masten und Takelage gelegt werden können. Wenn es im Hafen ans Öffnen der Ladeluken und das Löschen der Ladung ging, waren die Masten im Wege. Deshalb mussten sie wieder aufgerichtet werden. Das ist vermutlich die " Story" hinter diesem Bild.
Das uns aber noch mehr erzählt: Großfamilien mit Kindern (barfuß!) fuhren damals mit, die Männer trugen vielfach Holzschuhe, die Frauen in Kittelschürzen hängten die Wäsche zum Trocknen in die Takelage. Auf der Kaianlage rechts versehen zwei Portal-Drehkräne ihre Dienste und entladen Schüttgut (vorne) und Sackware (hinten) wahrscheinlich direkt in die bereitgestellten Bahnwaggons.
Zur Infrastruktur des Hafens gehörte von Beginn an die Hafenbahn. Denn der Umschlag von Schiff auf Bahn spielte eine viel größere Rolle als der von Schiff auf Fuhrwerk oder später Lkw. Die Hafenbahn verkehrte schon ab November 1915. Über den Gleisabzweig westlich des Hasetors war sie mit der Fernbahn verbunden.
Zu den ersten Hafenanliegern gehörte die Osnabrücker Lagerhausgesellschaft, an der die Stadt beteiligt war. Ihre Verwaltung und die sich anschließenden Schuppen prägten ebenso wie die Trafostation am rechten Bildrand über viele Jahrzehnte das Bild des nordöstlichen Hafenufers. Heute belegt der Logistiker Hellmann das gesamte Areal. Am linken Ufer sind im Hintergrund die Entladekräne zu erkennen, die für die Georgsmarienhütte den wichtigsten Einsatzstoff entgegennehmen damals Erz, heute Schrott.
Am linken Bildrand liegt das Fahrgastschiff " Bravo" vertäut. Der Ausflugsverkehr mit Schlenkern auf dem Mittellandkanal bis Bevergern (heute ein Stadtteil von Hörstel) oder Bad Essen spielte schon immer eine gewisse Rolle. In den 1930er-Jahren war es die " Forelle", in den 1990ern die " Klaus Störtebecker" und heutzutage die " Lyra", die den Osnabrückern einen wasserseitigen Blick auf Hafenanlagen und heimatliche Landschaft ermöglichen.
Ein noch ungewöhnlicheres " Fahrgastschiff" wurde am 16. Juni 1962 mit Osnabrücker Hafenwasser getauft: ein zwölf Meter langes und schwimmfähiges Modell des legendären Passagierschiffes " Bremen IV", das 1929 das " Blaue Band" für die schnellste Atlantiküberquerung verliehen bekam. Zwei Osnabrücker, Günter Buse und Günter Bos, hatten das Modellschiff von 1946 bis 1962 in einer Werkstatt an der Knollstraße gebaut. Zur Taufe drängten sich Tausende Menschen an den Ufern, auf Lagerhausdächern und sogar auf Kränen, um die Jungfernfahrt des " Bremchens" miterleben zu können. Wenig später sponserte der Norddeutsche Lloyd dem Schiff aus der Knollstraßen-Werft und seinen Erbauern eine Promotionstour in die USA. Die Modell-" Bremen" passierte die Freiheitsstatue vor New York gerade so stolz, wie es ihr großes Vorbild regelmäßig im Liniendienst getan hatte. Seit 1999 liegt die kleine " Bremen" sicher im Technik-Museum Speyer vor Anker.

Bildtext:

Der osnabrücker Hafen in den 1930er-Jahren. Am Hafenkopf haben holländische Plattbodenschiffe festgemacht, auch als " Tjalks" bekannt.

Foto: Archiv Museum Industriekultur/ Rudolf Lichtenberg

Die Spedition Hellmann hat die früheren Getreidespeicher und Lagerschuppen auf dem rechten Ufer zu Verwaltungsgebäuden umgebaut, vorne das " Digital Community Center"- Gebäude (DCC), dahinter der " Speicher III". Foto: Joachim Dierks

Auch eher selten: 1975 lief ein abgestrippter norwegischer Kutter im Schlepptau eines Frachtmotorschiffs in den Hafen ein. Ein Osnabrücker baute ihn sich anschließend im Hafen zu einem Motorsegler um. Foto: Joachim Dierks

Zwölf Meter lang, zwölf Tonnen schwer: Ein Modell des Passagierdampfers " Bremen IV" sorgte 1962 bei der Jungfernfahrt für Furore. Foto: Archiv/ Hartwig Fender
Autor:
Joachim Dierks


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