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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Sportvereine als "traurige Vorreiter"
Zwischenüberschrift:
Historiker Wahlig untersucht Verhalten Osnabrücker Clubs in der NS-Zeit
Artikel:
Kleinbild
Originaltext:
Die Osnabrücker Sportvereine haben bei der Aufarbeitung ihres Verhaltens im Nationalsozialismus Nachholbedarf. " Hier hat der Sport noch viel Arbeit vor sich", resümiert Henry Wahlig.
Osnabrück. Der promovierte Historiker und Leiter des Kulturprogramms im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund hat gemeinsam mit Lorenz Peiffer ein Buch mit dem Titel " Jüdische Fußballvereine in Deutschland" veröffentlicht. Unter anderem hat er sich dafür auch mit dem Verhalten der Osnabrücker Vereine im Nationalsozialismus befasst.
Sportvereine haben heute bei der Integration von Flüchtlingen auch in Osnabrück eine große Bedeutung. In der Nazizeit kam vielen Vereinen allerdings eher eine ausschließende Rolle zu. Insbesondere die bürgerlichen Vereine in Osnabrück seien im diskriminierenden Umgang mit Juden " traurige Vorreiter" gewesen, sagt der Historiker. Als Beispiel führt er den Osnabrücker Turnverein (OTV) an, der unter dem Vorsitz von Fritz Frömbling schon 1924 systematisch Juden ausgeschlossen habe. Diese offene Hinwendung zum Nationalsozialismus sei " einzigartig in Osnabrück" und wahrscheinlich auch " einzigartig" in Deutschland gewesen.
Ziel der Nazis war es, die bis 1933 vorherrschende Sportkultur in Osnabrück zu zerschlagen, in der politische, religiöse und soziale Klassen ihre eigenen Sportvereine hatten. Die bürgerliche Sportbewegung blieb als die einzig geduldete übrig. Dort war es allen erlaubt, Sport zu treiben, die der Meinung der Nazis nach als Deutsch galten. Alle anderen wurden radikal verfolgt. So entstand unter anderem eine separate jüdische Sportkultur mit eigenen Vereinen und einer enormen Anzahl an Mitgliedern, die auch nach der Machtergreifung Hitlers weiterhin Sport trieben, bevor sie später verboten wurden.
Andere Sportler hatten die Möglichkeit, in einen " bürgerlichen Verein zu wechseln, wenn man offiziell seiner Gesinnung abgeschworen hat", erklärt Wahlig. Wie viele Sportler diesen Weg wählten, ist aus seiner Sicht noch ein interessantes Forschungsfeld, dem bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Der Historiker verweist darauf, dass die Vereine von den Nazis nicht zur Loyalität " gezwungen" worden waren, sondern freiwillig auf die Ideologie eingegangen seien. Viele hießen SA- und SS-Uniformen auf ihren Plätzen willkommen und bewiesen so Loyalität. Außerdem wurde in jedem Verein ein Führer bestimmt, der von oben Befehle erteilte. Es folgte die Einführung des sogenannten Arierparagrafen. Letztlich nahmen die Vereine Wehrsportan gebote in ihr Programm auf, die dazu dienten, das Konzept der " Heranziehung kerngesunder Körper" zu verwirklichen.
Laut Wahlig setzten die Nazis in Osnabrück auf Ebene des Vereins früh das um, was sich Jahre später in der Gesellschaft etablierte: " Juden, Homosexuelle, Kommunisten und andere Minderheiten wurden ausgestoßen. Übrig blieben nur die sogenannten Arier."
Vor dem Hintergrund der Geschichte müsse umso mehr betont werden, welche wichtige Rolle dem Sport heute bei der Integration zukommt. " Äußerlichkeiten wie Hautfarbe, Religion oder ethnische Herkunft spielen ja eigentlich keine Rolle. Bejubelt wird der, der am besten ist", sagt Wahlig. Der Blick in die NS-Zeit lehre jedoch, dass " der Sport aber auch genau in die andere Richtung wirken kann". Wahlig fordert von den Osnabrücker Vereinen eine bessere Aufarbeitung des dunklen geschichtlichen Kapitels. Der VfL Osnabrück habe in letzter Zeit unter seinem Präsidenten Hermann Queckenstedt wichtige Schritte in die richtige Richtung getan, aber besonders vom OSC dem heutigen Nachfolger des OTV wünscht er sich " überhaupt mal eine Stellungnahme und erste Schritte in dieser Richtung". Allgemein seien die meisten Opfer der NS-Zeit in den Sportvereinen bis heute " namenlos". Ehemalige Funktionäre würden noch immer verehrt.
Peiffer,
Lorenz/
Wahlig, Henry (2015): Jüdische Fußballvereine im
national-
sozialistischen Deutschland. Eine Spuren-
suche. Göttingen: Die Werkstatt Verlag, 576 Seiten, 44, 90 Euro.

Bildtext:

Historiker und Buchautor Henry Wahlig.

Foto: Deutsches Fußballmuseum

Eine zeitgenössische Aufnahme zeigt Sportlerinnen des Jüdischen Sportvereins, aufgenommen auf dem vereinseigenen Tennisplatz im Katharinnenviertel.

Foto: Lea Levy
Autor:
Marie Stapel


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