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NUSO-Archiv - Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
Umweltgeschichtliches Zeitungsarchiv für Osnabrück
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Erscheinungsdatum:
aus Zeitung:
Überschrift:
Biogas steht vor dem Aus
Zwischenüberschrift:
Kaum jemand investiert noch in Anlagen – Klagen über Einschnitte durch die Politik
Artikel:
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Originaltext:
Teuer, unbeliebt, politisch abserviert: Die Biogasbranche ringt ums Überleben. Der Bioenergiemarkt kam 2015 völlig zum Erliegen. Experten halten die Technologie aber für unerlässlich.
Düsseldorf. Hendrick Becker ist Geschäftsführer der Planet Biogas Group, eines der größten Biogasanlagenbauer Deutschlands. Als Vizepräsident des Biogasverbands vertritt er zudem die Interessen der ganzen Branche. Seine politische Überzeugungskraft ist inzwischen stärker gefordert denn je. Die deutsche Biogasindustrie liegt danieder. " Der Markt ist tot", schimpft Becker.
Von Januar bis Ende November 2015 wurden nach Angaben der Bundesnetzagentur gerade einmal Bioenergieanlagen mit einer Leistung von 8, 8 Megawatt in Deutschland neu installiert. Für das Gesamtjahr 2015 dürften es kaum mehr als zehn Megawatt sein das entspricht nur der Leistung von zwei sehr großen Windrädern. Das käme einem Markteinbruch von mehr als 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gleich.
Kaum jemand investiert noch in Biogasanlagen. Fachkräfte suchen das Weite. Die Branche fühlt sich ihrer Existenzgrundlage beraubt und wandert ins Ausland ab. Der Schuldige für die Misere ist schnell gefunden: die Politik. " Wir haben das Geschäft indirekt verboten bekommen", klagt Hendrik Becker. Bei der letzten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2014 wurden die Förderungen für Bioenergie massiv gekappt. Einst subventionierte der Staat Strom aus Biogas mit bis zu 25 Cent pro Kilowattstunde, garantiert auf 20 Jahre. Heute sind es teils weniger als 12 Cent. Zudem wurden Boni gekürzt oder ganz gestrichen.
Das Ziel der Bundesregierung von jährlich 100 Megawatt an neu installierter Biogasleistung wird inzwischen weit verfehlt 2015 um gut 90 Prozent. Seit dem Jahr 2011 gingen 19 000 Arbeitsplätze verloren. Dutzende Firmen schlitterten in die Pleite.
Ulrich Ramsaier ist Geschäftsführer der Naturenergie Glemstal. Der 46-Jährige betreibt drei Biogasanlagen im Umkreis von Stuttgart. Für Ramsaier ist Biogas " ein Multitalent". Denn damit lassen sich sowohl Strom, Wärme als auch Sprit fürs Auto gewinnen.
Bioenergie ist allerdings kostspielig. Zu kostspielig, befand die Bundesregierung. " Wenn man nach 20 Jahren Förderung erlebt, dass eine Technologie teurer geworden ist", sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Anfang des Jahres, dann liege der Verdacht nahe, " dass das nicht die Technologieform sein kann, die in einem größeren Umfang gebraucht wird". Gabriel will die EEG-Subventionierung auf die billigsten grünen Energien konzentrieren: Solar- und Windkraft.
Ramsaier will die Einschnitte im EEG nicht kampflos hinnehmen. Gemeinsam mit 140 Biogasanlagenbetreibern klagt er vor dem Bundesverfassungsgericht. Es geht um viel. 2020 laufen nach und nach die Förderungen aus.
Ohne einen weiteren staatlichen Geldregen sind die Bestandsanlagen aber " nicht überlebensfähig", sagt Dirk Briese, Chef der Marktforschungsfirma Trendresearch. Die Ausgangslage ist schlecht. Biogas hat ein miserables Image. Der Vorwurf: Biogas raube Flächen, die eigentlich für die Nahrungsmittelproduktion gebraucht würden. Hendrik Becker widerspricht. Vereinzelt sei es zwar zu Exzessen gekommen, aber bundesweit treffe das keinesfalls zu.

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Bildtext:
Multitalent oder Auslaufmodell? Die Biogasbranche kämpft nach dem Boom der letzten Jahre ums Überleben.
Foto:
dpa

Kommentar
Für Klarheit sorgen

Noch vor einigen Jahren wurde Biogas zu einem Eckpfeiler der Energiewende erklärt. Von der Politik gefördert, wuchs die Zahl der Anlagen zu Beginn des Jahrtausends stetig an. Dass der Biogas-Boom nicht anhielt, liegt an den Nachteilen bei der Erzeugung. Um ihren Gewinn zu vergrößern, haben Bauern vermehrt auf den Anbau von Mais gesetzt, der in den Anlagen als Rohstoff dient. Monokulturen, Freisetzung von Emissionen, Belastungen des Grundwassers dies sind nur einige negative Folgen, die sich durch die Ausweitung des Maisanbaus ergeben haben.

Es liegt an der Politik, die Vor- und Nachteile der Biogas-Produktion abzuwägen. Doch bisher wird herumgeeiert, klare Signale werden nicht gesendet an Anlagebetreiber, Landwirte und Industrie. Der Entschluss der Regierung, sich beim neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz zunächst um die Bereiche Windkraft und Solarstrom zu kümmern, hat die Unsicherheit nur noch verstärkt. Es bedarf einer klaren Entscheidung, ob Deutschland auch in Zukunft auf Biogas setzt. Die derzeitige Situation ist weder Fisch noch Fleisch und unbefriedigend für alle Beteiligten.
Autor:
Franz Hubik, Christian Lang


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